GOLF TIME 1/2021

4 ie Antwort scheint jetzt ziemlich offen- sichtlich „Nein“ zu wir zunehmend besorgt. DeChambeaus Lockdown- Muskelaufbau und die aufge- pimpte Schwunggeschwindig- keit brachten eine Reihe von Golfbeobachtern verständ- licherweise ins Schwitzen. Bei der Charles Schwab Challenge im Juni lachte er den vielen Doglegs des Colo- nial Country Club direkt ins Gesicht. „Ich möchte sie obso- let machen“, gab er zu. Bei der Rocket Mortgage Classic im Juli inkludierte sein 3-Schläge- Vorsprung-Sieg einen 232- Yarder aus dem Rough auf das Grün – mit einem 8er-Eisen! „Es tut mir leid, Mr. Ross, ich wollte nicht die ganze Zeit über diese Bunker schlagen“, lachte er, nachdem er den von Donald Ross designten Detroit GC der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. Und bei den U.S. Open im September kam die ultimative Bestätigung: DeChambeau gewann sein erstes Major, D sein, aber für ein paar Wochen vor dem Masters – als Bryson DeChambeau damit drohte, neue Wege in Augusta auf dem Weg zu einem Rekordge- winn zu beschreiten – wurden

COVER | AUSBLICK 2021

HAT BRYSON DECHAMBEAU DAS ZEUG ZU DOMINIEREN?

Die Neuerfindung von DeChambeau stach mitten ins Herz der Distanzdebatte. Ist dies wirklich der Weg, wie sich das Golfspiel entwickeln soll? Die Puristen beklagten sich, als DeChambeau Augusta mit seiner Power zerreißen wollte, bis ein 63-jähriger Deutscher mit einem viel langsameren Schwung uns alle daran er- innerte, dass es mehr als eine Möglichkeit gibt, das Spiel zu spielen (auch wenn das Green Jacket dennoch an einen Bomber ging). Bryson DeChambeau mag für viele dieser Puristen der Trottel sein, aber er ist einfach die nächste Stufe der Entwick- lung des PGA Tour-Spielers. Seit Tiger Ende der 90er-Jahre ist kein Spieler mehr so anders angekommen als alle, die man zuvor gesehen hatte. Sein Ansatz hat das Spiel komplett verändert, Brysons Blaupause ist nur die nächste Stufe – und das alles innerhalb der Regeln. Gut oder schlecht für das Spiel? Das hängt wahrschein- lich von ihrer Altersgruppe ab. Glücklicherweise scheint jetzt aber klar zu sein, dass DeChambeau trotz aller ihm zur Verfügung stehenden Waffen nicht jedes Mal gewin- nen wird, wenn er am Abschlag steht. „Würden wir einen Long Drive Wettbewerb bestreiten, gewänne Bryson jedes Mal“, sagte Ian Poulter. „Aber das tun wir nicht. Wir spielen ein ganz anderes Spiel als das.“

obwohl er nur 23 von 56 Fair- ways traf, der niedrigste Wert aller U.S. Open-Champions, wobei seine durchschnittliche Entfernung vom Abschlag (325 Yards) die weiteste von allen vergangener Champions war.

5 WIE ENDET DAS HEISSE THEMA DISTANZ?

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träumen können. Die einfachste Lösung wäre, ein anderes Regel- werk für Profis einzuführen, aber selbst das wird wahrscheinlich nicht allen gefallen, nicht zuletzt den Traditionalisten, die glauben, dass der USP des Golfsports darin besteht, dass Amateure dieselbe Ausrüstung verwenden und nach denselben Regeln spielen. Der aktuelle Distance Insights-Report von USGA und R&A sollte bald mehr enthüllen. Jedoch wird es aufgrund von Unentschlossenheit wohl Jahre und nicht Monate dauern, bis Ver- änderungen genehmigt werden.

Moment ist alles noch Gerede und keine Aktion sichtbar. Letztes Jahr forderte Martin Slumbers vom R&A die wichtigs- ten Stakeholder des Spiels auf, zusammenzukommen und „das Richtige zu tun“ – aber hier liegt das größte Problem. Schläger- und Ballhersteller zögern weiter- hin, Veränderungen zu akzep- tieren, wenn dies bedeutet, ihre Ausrüstung nicht auf noch mehr Weite bringen zu dürfen, wäh- rend die professionellen Touren argumentieren, dass die Fans da- für bezahlen, dass Spieler Drives schlagen, von denen sie nur

ugusta National behaup- tet, an einem „Scheide- weg“ angekommen

zu sein, während die beiden Leitungsgremien bereits ihre Absicht bekundet haben, die Fortschritte in der Schläger- und Balltechnologie einzudämmen, um zu verhindern, dass Plätze als überholt gelten. Dies könnte zu einer weiteren Regeländerung für Ausrüstung führen oder dazu, dass möglicherweise lokale Regeln für bestimmte Plätze und Wettbewerbe wie das Masters eingeführt werden, um Bryson & Co. einzubremsen. Aber im

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