GOLF TIME 2/2022
EDITORIAL
GOLF IST RELIGION Wer Scottie Schefflers Gefühlsausbrüche während des 86. Masters im Augusta National Golf Club miterlebt hat, glaubt gerne, dass eine höhere Macht mit im Spiel war.
igentlich macht er einen coolen, lockeren, abgebrühten Eindruck: der erst 25-jährige Scottie Scheff ler, seit 27. März 2022 der beste Golfer der Welt und jüngst auch Masters-Sieger. Nach der zweiten Runde im Augusta National Golf Club, als er mit fünf Schlägen Vorsprung das Feld klar anführte, meinte der Texaner: „Wenn ich das Turnier gewinne, ist es okay, sollte ich aber mit zehn Schlägen Rückstand verlieren, ist es auch gut.“ Wer so spricht, könnte man meinen, steht über den Dingen. Aber wer Scottie am Finaltag, also dem Sonntagmorgen vor Ostern er lebte, bekam einen ganz anderen zu Gesicht. Er fühlte sich elend, hatte Bauchkrämpfe und konnte seine Tränen nicht zurückhalten. „Ich habe wie ein Baby geweint. Ich habe verzweifelt meiner Frau gestanden, dass ich für diese Aufgabe noch nicht bereit bin.“ Ein Nervenbündel, wie es im Buche steht. Die Botschaft des Senkrechtstarters: „The Lord hat mir das Talent gut Golf zu spielen gegeben, und ich versuche, das Beste daraus zu machen.“ Scheff lers Frau Meredith versuchte ihn zu beruhigen. Sie sagte: „Wir können nicht unser Leben kontrollieren, das liegt in der Hand Gottes.“ Und Scheff ler E
25 JAHRE GOLF TIME
Er fühlte sich elend, hatte Bauchkrämpfe und konnte seine Tränen nicht zurückhalten. „Ich habe wie ein Baby geweint, ich habe verzweifelt meiner Frau gestanden, dass ich für diese Aufgabe noch
bestätigte nach seinem ersten Major-Sieg: „Mein Glaube lenkt alle Bereiche meines Lebens, nicht nur mein Golfspiel.“ Tatsächlich liegt es nahe zu glauben, dass eine höhere Macht uns lenkt. Uns alle lenkt. Und gerade unter den besten Golfern der Welt ist der Glaube an Gott, der ihr Schicksal steuert,
nicht bereit bin“, so Masters-Sieger Scottie Scheffler
nicht ungewöhnlich. Schließlich können alle von den fast hundert Spielern beim 86. Masters-Turnier siegen, aber nur einer bekommt den Zuschlag, auch wirklich zu gewinnen. Auf der finalen Runde wirkte der Hüne von Golfer total entspannt, erst nach seinem Sieg wischte er sich bei der Green-Jacket-Überreichung wieder Tränen aus den Augen. Tränen der Erleichterung. Schön, wenn der Glaube Berge versetzen kann. Wie im Falle des sensationellen Weltranglistenersten (Cover-Story „Göttliches Masters“, ab Seite 24).
OSKAR BRUNNTHALER Chefredakteur
GOLF TIME | 2-2022
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