GOLF TIME 3/2025
GOLFREGELN
„ZEIG MIR, WO DAS STEHT!“ MYTHEN DER GOLFREGELN Regelexperte Dr. Torben Wissuwa über beliebte Fehlent scheidungen auf dem Golfplatz infolge von Halbwissen oder schlicht Unwissenheit.
ANDERE HANDHABE SEIT DEM REGELUPDATE IM JAHR 2019 Gerne genommen sind auch immer alte Regeln, wie zum Beispiel, dass ein Schläger im Wasserhindernis nicht aufgesetzt werden darf. Hier haben einige die Modernisierung der Regeln im Jahr 2019 nicht mitbekommen: Das Wasserhindernis ist seitdem eine Penalty Area und dort darf man im Grunde dasselbe mit dem Ball machen wie im Gelände. Nur mit dem Unterschied, dass man die Penalty Area ausschließlich mit Schlag oder Strafschlag nach Regel R17 wieder verlassen kann. Und dabei kommt es auf die Farbe der Penalty Area an, welches Verfahren zulässig ist: Gelb oder Rot. Bei einer gelben Penalty Area darf der Spieler Schlag- und Distanzverlust in Anspruch nehmen. Also mit Strafschlag vom letzten Ort noch einmal spielen oder das Verfahren „auf der Linie zurück“ wählen. Und somit auf der Linie Loch–Ball einen Ball zu droppen, der dann im so geschaffenen Erleichterungsbe reich bis zu einer Schlägerlänge weit wegrollen darf. Bei einer roten Penalty Area, und nur dort, kommt als Möglich keit noch hinzu, den Ball innerhalb von zwei Schlägerlängen vom Punkt zu droppen, an dem der Ball zuletzt die Grenze der Penalty Area gekreuzt hat. Falsch ist auch die Meinung, dass, wenn der Spieler einen Ran geball aus Höflichkeit zurück auf die Range chippt, dies Üben auf dem Platz sei. Ist es nicht, wie uns ein Blick auf Regel R5.2 zeigt. Schließlich kommen wir zum Dauerbrenner nächstgelege ner Punkt der vollständigen Erleichterung: Das ist genau der Punkt, der am dichtesten zu dem Umstand liegt, von dem der Spieler straflose Erleichterung nach Regel R16 in Anspruch neh men möchte. Und an dem er nicht mehr in Balllage, Stand oder Raum des beabsichtigten Schwungs beeinträchtigt ist. Die Briten sagen dazu gerne „Nearest, not nicest“. Es könnte also passieren, dass man straflos in kniehohen Dornen droppen müsste, um beispielsweise von einem Weg herunterzukommen. Oft kommentiert das der Zähler mit Regelhalbwissen und ist auch schnell dabei, Strafschläge notieren zu wollen. Hierbei ist vor allem eines wichtig: Dass der Zähler sich zwar als Wort einge bürgert hat, aber er nicht zählen muss, sondern aufschreiben und bestätigen, was der Spieler angegeben hat. Der englische „Marker“ wurde hier nicht gut übersetzt. Ein Zähler ist kein Referee, seine Aufgabe ist nur das Bestätigen des Scores des Spielers. Dafür muss man zwar mitzählen, Strafschläge erhält der Spieler jedoch nur durch sich selbst oder die Spielleitung, nicht vom Zähler. Ich wünsche Ihnen weiterhin ein „schönes Spiel“ – wir sehen uns auf dem Platz! GT
Missliche Lage: Bryson DeChambeau im Unterholz
E
s gibt unzählige Mythen rund um die Golfregeln, man ches davon ist gelebtes Brauchtum, manches blanker Unsinn, bisweilen lustig, meistens jedoch bitterernst gemeint. Oft glänzt hierbei Halbwissen durch Sätze wie „ich habe gehört, dass …“, was nur noch übertroffen wird von „ich spiele seit 40 Jahren Golf, ich weiß das!“ Auf dem Abschlag, wenn der Ball in Folge eines Probeschwungs vom Tee fällt, geht es los. Einer aus der Gruppe sagt immer „Eins!“ und möchte gern den ersten Schlag notieren. Doch was ist eigent lich ein Schlag? Die Definition in den Golfregeln ist da nicht miss zuverstehen: Ein Schlag ist die Vorwärtsbewegung des Schlägers in der Absicht, den Ball zu treffen. Es kommt neben der Schläger bewegung also vor allem auf die Absicht des Spielers an, er muss den Ball treffen wollen. Will er das nicht, ist es kein Schlag und kann auch nicht gezählt werden. Insbesondere nicht auf dem Ab schlag, wo der Ball noch gar nicht im Spiel ist. Nach dem Abschlag wäre es ein in Ruhe bewegter Ball durch den Spieler (R9.4), ver bunden damit, den Ball zurückzulegen und einen Strafschlag zu notieren. Hier gehen die Golfregeln klar von der Ehrlichkeit des Spielers aus und unterstreichen damit den wahren Geist des Spiels: Vor allem Fairness. Und zwar immer, nicht nur bei Turnieren. Wenn dann der Ball vom Abschlag nicht den beabsichtigten Weg genommen hat, ist man schnell beim „Mulligan“. Straflos gibt es den nicht, trotz vielfach anderer Handhabung. Aber man darf nach Regel R18.1 jederzeit – mit Schlag- und Distanzverlust – einen neuen Ball ins Spiel bringen. Ohne dass man etwas dazu sagt, ist der Ball nun im Spiel, also kein provisorischer Ball. Den finden wir in Regel R18.3 und auch, dass er nur für einen verlore nen Ball oder einen Ball im Aus gedacht ist. Nicht zum Beispiel für einen gefundenen ursprünglichen Ball, der unspielbar ist. Das ist eine andere Situation und nach einer anderen Regel (R19) zu lösen.
DR. TORBEN WISSUWA Jahrgang 1975, seit 2020 Spielleiter und Referee des DGV, seit 2015 des GV Niedersach sen-Bremen. Sein R&A Examen (Level 3) hat er 2022 bestanden und ist Mitbetreiber des Golfregel-Forums „golf-rules.com“.
GOLF TIME | 3-2025
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