GOLF TIME 5/2019

BUSINESS | CLUBS

andere Golfanlage für das Flatfeegolfen gewählt wurde. WELCHE KONSEQUENZEN HAT DIESE ENTWICKLUNG FÜR GOLFANLAGEN? Strukturschwache Regionen verstehen Aus- weis-Kartenhandel als Chance, um Liquidität zu generieren. Um wieviel Liquidität handelt es sich dabei? Unter der Annahme, dass im Durchschnitt jede der 730 Golfanlagen (9 bis 27 Löcher oder mehr) in Deutschland 550 DGV-Ausweise ausgibt, sollten 423.321 Aus- weise im Umlauf sein. Es sind jedoch 642.240 Ausweise im Umlauf, darunter auch doppelte für z. B. Zweitmitgliedschaften. Ziehen wir von der Annahme die ausgege- benen ab, dann beträgt die Differenz 218.919 Ausweise. Würden diese für jeweils z. B. 50 Euro an einen Kartenhändler verkauft, dann würde sich ein Umsatzvolumen von insgesamt 10.945.950 Euro ergeben. Dividiert durch 730 Golfanlagen, ergäbe das einen Umsatz pro Golfanlage von 14.994 Euro. Das ist eine Annahme und die tatsächlichen Zah- len weichen mit Sicherheit ab. Die eine Golf- anlage wird mit ihrem Kontingent 40.000 Euro generieren, die andere wird sich amAus- weishandel nicht beteiligen. ImVerkauf liegen die Ausweise bei rund 140 Euro p. a., multi- pliziert mit rund 218.919 Euro wäre das ein Umsatz von rund 30.648.660 Euro pro Jahr. Derartige Umsatzzahlen wecken Begehrlich- keiten, schüren aber auch Neid. Der Appell an die Solidarität im Golfmarkt wird immer wieder laut, jedoch ist auch das Golfanlagengeschäft ein lokales. Und spätes- tens seit beim DGV-Verbandstag vor ein paar Jahren Subsidiarität beschlossen wurde, sollte jedem klar sein: „All Business is local!“ WAS SIND DIE ALTERNATIVEN ZUM KARTENHANDEL? » Lokale Angebote schaffen, die dem Bedürf- nis der Kunden entsprechen » Wenig-Spieler-Angebote » Angebote für über 80-Jährige » Angebote für Golfer, die ein gewisses Alter überschritten haben und mindesten z. B. 15 Jahre Beiträge gezahlt haben » DGV-Ausweis inklusive eines begrenzten Kontingents an Runden » nicht nur Jahresmtgliedschaften anbieten. WAS SPRICHT GEGEN EINE FERNMITGLIEDSCHAFT? » Die Spielfrequenz bei Greenfee-Gästen ist wesentlich geringer » Spielen nur dann, wenn Zeit für 9 oder 18 Löcher geplant ist » Spielen nur, wenn die Witterungsbedingun- gen optimal sind

Die Attraktivität leidet unter dem Zeitauf- wand für den Sport. Das Problem oder besser die Frage ist: Ob der Golfer es sich gestattet, sein Selbstmanagement in Bezug auf sein Freizeitverhalten dahingehend zu ändern, dass er regelmäßig ein Zeitfenster findet, um seinem Spiel nachzugehen. Das macht jemand, wenn er darin für sich einen Nutzen erkennt. Erkennt er den Nutzen nicht, passiert das, was viel zu häufig mit neuen Golfern passiert: sie beenden ihre Golf- laufbahn nach zwei bis vier Jahren. Dem kann nur entgegen gewirkt werden, wenn die Men- schen sich „abgeholt“ fühlen. Also auch das Gefühl haben, erwünscht zu sein. Ein über- ladener Turnierkalender führt zu Frustra- tionen bei Neugolfern, da diese die Möglich- keit, „ihre“ Golfanlage mit Privatrunden zu bespielen, dramatisch eingeschränkt sehen. Kommt es erst einmal so weit, dass der Golfer anfängt zu rechnen, wieviel ihn eine Runde im Jahresschnitt kostet, sind die Wenig- spieler bereits gedanklich beim Ausstieg aus dem Sport. Damit sind diese Kunden auf Dauer verloren und, fast noch schlimmer aus Sicht der Golfanlage, nun „Anti-Marken- botschafter“ für die gesamte Sportart ge- worden. Dieser Multiplikationseffekt führt in Folge zu geringerer Nachfrage und befeuert die rund 50.000 Austritte p. a. aus dem Kreis der registrierten Golfer. In den vergangenen 13 Jahren hat Golfdeutschland demnach mehr Golfer aus dem System der registrier- ten Golfer verloren als neue hinzugekom- men sind. Und das trotz stark gefallener Pro-Kopf-Umsätze für Mitgliedschaften, bzw. Spielrechtflatrates. ALSO, AM PREIS LIEGT ES NICHT Es bleibt an den Golfanlagenbetreibern, ob es gelingt, eine Wirtschaftlichkeit herzustellen. Starke Unterschiede in den Möglichkeiten sind in der Lage der jeweiligen Golfanlage und in einem sich wandelndenWettbewerbsumfeld begründet. Den Golfanlagenbetreibern geht es ebenso wie es Darwin im Sinne der Darwin’schen Evolutionstheorie beschrieben hat: „Survival of the Fittest“, also das Über- leben der am besten angepassten Individuen. Ob die Liquiditätsspritze über den Ausweis- handel die beste Lösung ist oder ein an die Kundenbedürfnisse angepasstes Produkt- und Dienstleistungsportfolio – die Frage beant- worten am Ende des Tages die Golfkunden. GT

» Golfer kommt nicht nur für ein paar Löcher vorbei, wie es ein Flatfee-Golfer tun würde. WAS SPRICHT FÜR EINE FLATFEE? » bessere Integrationsperspektive in das Ge- schehen auf der Anlage und bei Turnieren » flexiblere Herangehensweise an das Spiel, da nicht nur bei gutem Wetter gespielt wird » geringere Kosten pro Runde, da häufiger und auch nur für ein paar Löcher gespielt wird » mentales Bekenntnis zu dem (neuen) Sport » Anpassung/Veränderung des Freizeitver- haltens ist wahrscheinlicher. PROBLEME BEI DER UMSETZUNG DER AUSWEISKENNZEICHNUNG AN DER GOLF-REZEPTION Verständnis ist bei den Golfer-Kunden gering bis gar nicht vorhanden, wenn eine Gruppe zu unterschiedlichen Greenfeezahlungen an der Golf-Rezeption aufgefordert wird, sofern die Golfanlage die Greenfeepreise nach der Regionalität des Golfers unterscheidet. Dieses Verhalten signalisiert unter Umständen Un- freundlichkeit und erweckt den Eindruckman- gelnder Gastgeberqualitäten. Diskriminierung

VERTEILUNG DER AUSWEISE Ausweise ohne Spielrecht 218.819

37 %

66 %

Ausweise mit Spielrecht 423.321

hat sich nicht als Lösung für Probleme eta- bliert, sondern als Ursache für verschiedenste weitere Probleme. Immer dann, wenn Men- schen nicht wertgeschätzt werden oder ihnen die Aufmerksamkeit versagt wird, entstehen Probleme. Mit Sicherheit keine Kunden. Die Lösung ist die Attraktivität des An- gebots „Golfanlage“ und damit ist nicht die Preisgestaltung gemeint. Attraktivität über den Preis hat sehr kurze Beine. Verändert sich der Preis, wandert der preissensible – nur dem Preis gegenüber loyale – Kunde ab. Das spricht auch gegen das Modell des preislich deutlich reduzierten Schnupperjahres auf einer Golfanlage. Fehler ist die Denke, dass Golf attraktiv wird, weil es günstig ist. Die Attraktivität des Golfsports nimmt bei Nicht- Golfern nicht zu, wenn es wenig kostet.

ADRIAAN ALEXANDER STRATEN berät mit seinen Netzwerken Golfpilot.de und Golfbrand.de seit 1989 Golfanlagen

55

GOLF TIME | 5-2019

www.golftime.de

Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online