GOLF TIME 5/2022

COVER | STEPHAN JÄGER

und ich habe im kurzen Spiel ein wenig Mo mentum bekommen und das lange Spiel war – wie erwähnt – die letzten Monate ohnehin sensationell. Insofern habe ich es die letzten Wochen ganz gut hinbekommen und bin su per happy darüber. Es war bislang auch privat ein sehr turbulentes Jahr für Dich mit dem Tod Deines Vaters. Auf der anderen Seite wirst Du selbst in Kürze erstmals Vater. Wie hast bzw. erlebst Du diese einschneidenden Ereignisse? Ja, es war wirklich ein Rollercoaster-Jahr in jeglicher Hinsicht. Von den tiefsten Tiefen zu den höchsten Höhen. Mein Vater ist im März verstorben und in der Woche darauf haben wir herausgefunden, dass meine Frau schwanger ist. Das war von den Emotionen her schon ziemlich krass. Es war auf jeden Fall zu früh, dass uns mein Papa verlassen hat, aber es ist ein wenig wie der „Circle of Life“ und das Baby gibt uns viel positive Energie, dieses negative Erlebnis zu über winden. Wir freuen uns riesig auf den Nach wuchs. Meiner Mama geht es den Umstän den entsprechend auch sehr gut und sie kommt im Januar für ein paar Wochen zu uns in die USA. Es ist ein wenig wie beim Golf, es gibt Ups und Downs. Ich komme im Großen und Ganzen mit der Trauer gut zu recht. Klar, ich denke jeden Tag an meinen Vater, aber auf der anderen Seite weiß ich, dass unser Sohn im Bauch wächst und das ist schon etwas ganz Besonderes. Die Players Championship war ohnehin, auch vomWetter her, eine krasse Woche und wir sind dann am Sonntag nach Hause ge fahren, als ich die traurige Nachricht erhielt. Ich habe mir gedacht, wenn ich jetzt die gan ze Woche zu Hause sitze, tut mir das auch nicht gut. Normalerweise wäre ich natürlich sofort nach Deutschland gef logen. Ich konn te aber die USA nicht verlassen, weil mein Visum noch nicht fertig war. Vom Fokus her war das Turnier in Innisbrook natürlich ganz kompliziert, aber ich habe versucht, mich irgendwie abzulenken und so busy wie möglich zu bleiben, um nicht zu Hause her umzusitzen und Trübsal zu blasen. Es war schon eine sehr schwierige Zeit für mich, aber nach der Beerdigung im April, als wir dann nach Deutschland f liegen konnten, wurde alles ein wenig besser, da es, wenn man so will, dem Ganzen einen Schluss punkt setzte. Der Tod Deines Vaters ereignete sich am Wochenende der Players Championship. Du hast dann in der Woche darauf in Innisbrook die Valspar Championship gespielt. Ich kann mir vorstellen, dass es wahnsinnig schwierig gewe sen sein muss, unter solchen Voraussetzungen professionelles Golf zu spielen?

Die Golfwelt steht im Moment ja ganz im Zeichen des Konflikts PGA Tour vs. LIV Golf. Wie siehst Du als betroffener Spieler, der ja mittendrin ist, diese Entwicklung? Ich habe persönlich überhaupt kein Prob lem damit, wenn jemand zu LIV Golf geht. Wenn Du ohnehin schon überlegt hast, ob Du noch weiter spielen möchtest oder wenn Du über 40 Jahre alt bist, ist es, denke ich, ein „No-Brainer“, weil Du dieses Geld, das sie Dir geben, sonst nicht machen kannst. Als relativ junger Spieler, zumindest sehe ich mich noch so, bin ich mir nicht sicher, ob das die beste Idee wäre. Wenn das mit LIV in ein paar Jahren nämlich nicht mehr funktio niert, hast Du keine Tour mehr, auf der Du spielen kannst. Ich verstehe total, wenn Leu te sagen, sie möchten weniger Turniere spie len und mehr Zeit mit der Familie verbrin gen. Aber dann mit Klagen wieder zurück auf die PGA Tour zu wollen, das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Entweder Du spielst auf der PGA Tour und bleibst dort oder Du spielst die 14 Turniere auf der LIV Tour und bist megareich. Du musst Dir aber bewusst sein, dass Du dort jedes Turnier spielen musst und kein Freelancer mehr bist. Im Grunde gehörst Du denen ein Stück. Ich weiß nicht, wie die PGA Tour in den nächs ten Jahren darauf reagieren wird, aber es ist schwierig, wenn Du gegen einen Gegner an trittst, für den es keine monetären Grenzen gibt. Ich für meinen Teil bin jedenfalls super happy auf der PGA Tour. Der Druck ist na türlich ein ganz anderer. Wenn ich gegen die besten Spieler der Welt antrete, dann muss ich rund um die Uhr hart arbeiten, auch in den „Off-Weeks“. Ich muss trainieren, ich muss ins Fitnessstudio, ich muss an der mentalen Komponente arbeiten. Wenn ich dann gut spiele, fühlt es sich extrem gut an und das ist doch irgendwo auch Teil eines

Stephan, es war für Dich eine turbulente Roller coaster-Saison mit vielen Auf und Abs. Du bist als Nummer eins der Korn Ferry Tour zurück auf die PGA Tour gekommen und musstest dann beinahe bis zum Schluss um die Tourkarte kämpfen. Wie fällt nun zum Ende der Saison Dein Resümée aus? Es war auf jeden Fall nicht so konstant, wie ich es mir vorgestellt hatte und das ist auch eines meiner größten Ziele für die nächsten Monate, eben mehr Konstanz in mein Spiel zu bringen. Ich hatte letzten Herbst, zum Anfang der Saison, richtig gut geputtet und eigentlich gut gespielt. Beim West Coast Swing zu Beginn des neuen Jah res hat mein langes Spiel leider überhaupt nicht funktioniert und dann hat sich lusti gerweise alles gedreht. Zum Sommer hin war mein langes Spiel plötzlich sensationell gut und mein Putter dafür nicht mehr da. Ich muss also da mehr Konstanz reinbringen und aufpassen, dass sich keine kleinen Feh ler einschleichen bzw. sie abstellen, bevor es zu schlimm wird. Aber es war mein bislang bestes Jahr auf der PGA Tour. Rang 89 im FedExCup-Ranking hätte ich vor Beginn der Saison auf jeden Fall genommen. Klar liegen meine Ziele höher und mein Traum war es, in die Tour Championship zu kommen, aber hin und wieder muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen. Du konntest am Ende, vor allem durch die Leistung bei der Rocket Mortgage Classic (5. Platz), die Tourkarte absichern. Wie groß war der Druck dort als „Bubble Boy“ anzutreten im Wissen, dass die Saison nur noch drei Wochen dauert? Hast Du vor dem Turnier etwas an Deinem Spiel verändert? Ich habe in den Wochen davor so schlecht geputtet, also habe ich versucht auf Videos und Fotos zu schauen, was und wie ich es früher gemacht habe und bin ein wenig zu rück zu den Basics gegangen. Das Putten wurde dann jede Woche besser und besser

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Freudige Nachricht im Hause Jäger: Stephan und Frau Shelby erwarten in Kürze Nachwuchs

36 GOLF TIME | 5-2022

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