GOLF TIME 6/2018 als E-Paper
TIME OUT
Schön wär’s gewesen
D
as Ryder Cup-Fieber grassiert. Mich hat’s auch erwischt. Gefühlte 42 Grad, nahe daran, über- zuschnappen. Resultat des hohen Fiebers: Die nagelneue Anlage in Rohrenfeld an der Donau nahe Ingolstadt spielt alle Stückeln. Ist das Modernste, was sich Architekten in Sachen Golfplatzbau einfallen haben lassen. Nachbau der 18 interessantesten Löcher weltweit. Selbstverständlich Stadiumcourse, an allen 18 Grüns Tribünen, jeweils gegenüber zehn mal vier Meter große überdimensionale Screens. Die Kabel für Elektrik und Kameras sind im Boden verlegt. Das gigantische Clubhaus, einem alten englischen Castle nachempfunden, ersetzt die übliche Zeltstadt für
Platz entfernt. Der neue Flughafen neben der AUDI- Teststrecke garantiert stressfreie Anreise. Auch die Etikette wird großgeschrieben. Absolutes Handy-Verbot auf der Anlage, Fotos dürfen von Zuschauern nur an den Trainingstagen geschossen werden, und der Eintritt zur Eröffnungs- bzw. Schluss- zeremonie ist im überdimensionalen Atrium samt ovalem Zuschauerbereich kostenlos. Schließlich haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel samt Regierungsmannschaft plus Bayerns Minister- präsident Markus Söder (Landtagswahlen im Oktober!) während des gesamten Ryder Cups angesagt, wichtige internationale Termine wurden nach Ingolstadt verlegt.
Auch US-Präsident und Golf- Mogul Donald Trump wird kommen, auch wenn keine Ein- ladung ausgesprochen wurde. Trotz des großen Zuspruchs werden alle drei Tage live im öffentlich-rechtlichen Fern-
PERFEkTE RYDER CUP bEwERbUnG 2010 Da war Deutschlands Golfwelt noch in Ordnung
VIP-, Spieler-, Scoring- und Medienbereiche. Einzig der gigantische Merchandise-Shop und die Aussteller- Bereiche sind gleich neben dem Haupteingang etabliert. Ein eigener Autobahnzubringer ab Manching direkt zum Golfplatz, an vier verschiedenen Stellen um die Anlage Parkplätze für jeweils 10.000 Autos, darüber hinaus Shuttleservice zum Platz. Die Sicherheitsvorkeh- rungen nach dem neuesten Stand der Kenntnisse, Scans bei den fünf verschiedenen Gates beschleunigen und erleichtern die Security-Checks. Den Veranstaltern ist das Kunststück gelungen, drei konkurrierende Automarken als Sponsoren zu gewinnen: AUDI für den VIP-Shuttle, BMW für den Spieler- Transport und Mercedes-Benz für die Funktionäre. Was aber absoluter Luxus ist: Gastieren doch die Spieler sowie die Offiziellen, Journalisten und auch Fans im neu errichteten 5-Sterne-Palast keine 500 Meter vom
sehen übertragen, regionale Radiosender bzw. auf allen Social Medias wird der Ryder Cup kommuniziert. Über 50.000 Zuschauer werden täglich erwartet, und die wirtschaftliche Hochrechnung hat inzwischen ergeben, dass die 20 Mio. Bürgschaft seitens des Landes Bayern sich in einem 600 Mio. Umsatz für die deutsche Wirt- schaft niederschlägt. Oh – wieder aufgewacht. Alles nur Fantastereien – dem Ryder Cup-Fieber zuzuschreiben. Schön wär’s gewesen – das Abenteuer Ryder Cup 2018 in Deutsch- land. Und die golferische Agonie, die das Land zuletzt befallen hat, hinfällig. Tatsache: Einen Ryder Cup in Deutschland wird es so bald nicht geben. Und ob ich noch einen Ryder Cup in Germany erleben werde, ist ein spannendes Lebensziel.
oskaR bRunnthaleR ob@golftime.de
Die nächste
erscheint am 15. Oktober 2018
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GOLF TIME | 6-2018
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