GOLF TIME 7/2017

GÖTZ ZITAT

Mein eigener kleiner SHITSTORM!

T iger Woods wird nie wieder ein bedeutendes Turnier gewinnen“, behauptete ich in meiner letzten Kolumne und traf bei vielen Lesern einen empfindlichen Nerv. Überwiegend teilten sie in ihren Reaktionen auf unserer Facebook- Seite meine Einschätzung und brachten ihre Wehmut über das Ende dieser glanzvollen Ära zum Ausdruck. Manch einer überdachte ange- sichts der Möglichkeit, dass Woods kein letzter Schwanengesang mehr vergönnt sein könnte, zudem die eigene Sterblichkeit. Aber es hagel- te auch harsche Kritik, da meine Worte von ei- nigen Lesern als eine Herabwürdigung Tigers’ empfunden wurden. „Respektloser und dämlicher Journalismus“, attestierte bspw. Craig W. gleich dem gesam- ten Team der GOLF TIME (welches mit meiner Kolumne – laut Definition ein kurzerMeinungs- beitrag – nur sehr indirekt etwas zu tun hat). „Kümmert euch lieber um Schlägertests und die Berichterstattung vom Preis des Präsidenten“, wütete der Keyboard-Warrior in seine Tastatur. „Ihr habt nicht die Autorität oder Glaubwürdig- keit, um über so ein Thema zu berichten.“ Lieber Craig W., ich möchte mich an dieser Stelle bei Ihnen (stellvertretend für alle Wut- Kommentatoren auf meinen Beitrag) entschul- digen. Es tut mir leid, dass ich Sie mit verbaler Gewalt so brutal aus Ihrer Komfortzone ge- schubst habe. Es zeugt auch wirklich von maxi- maler Respektlosigkeit, einen der größten Golfer aller Zeiten als die vielleicht letzte große Lichtgestalt seines Sports auszurufen. Ich be- dauere zutiefst, dem Superstar dreist unter- stellt zu haben, dass er mit seinen unfassbaren Leistungen (106 Profisiege, darunter 14 Major- Titel) diesen Sport quasi im Alleingang in ein Milliardengeschäft verwandelt hat. Eine absolute Frechheit war natürlich, Tiger Woods als Folge seiner (Un-)Taten vorzuwer- fen, er habe unzählige unschuldige Kinder in die Golfsucht getrieben. Dank Ihrer ehrlichen Zeilen weiß ich jetzt, dass es falsch war zu be- haupten, Woods sei mitverantwortlich dafür, dass es heute so viele junge, körperlich aus-

trainierte Topspieler auf der Tour gibt. Auch mein exemplarischer Exkurs nach Korea, der illustrieren sollte, dass die Inspirationskraft eines großen Golfvorbildes sogar ein relativ kleines Land (50 Mio. Einwohner) innerhalb von nur zwei Jahrzehnten zur dominierenden Nation im Profigolfsport (der Damen) auf- steigen lassen kann, zeugt von Schmierenjourna- lismus und völliger Unkenntnis der Gemenge- lage im Golfsport. Den Gipfel des Schwachsinns hatte ich schließ- lich erklommen, als ich leichtfertig unkte, der fast 42-jährige Tiger Woods müsste nach unzäh- ligen schweren Verletzungen und Operationen (jüngst wurde ihm eine Bandscheibe entfernt) gegen die Jordans, Justins, Dustins, Rickies oder Rorys dieser Welt zwangsläufig den Kürzeren ziehen. Sorry! Doch meine abschließende These, dass zukünf- tige Tiger-Woods-Comebackversuche nicht zu- letzt eng an persönliche wirtschaftliche Interes- sen geknüpft sein werden, muss ich leider ohne Leistung von Abbitte so stehen lassen. Naivität im Journalismus wäre selbst für einen ausge- wiesenen Tiger-Woods-Fan wie mich schlicht unentschuldbar. Mal ehrlich, Craig, glauben Sie ernsthaft, Tiger quält sich ausschließlich aus Liebe zum Golf- sport? Jüngst hat Woods bei TaylorMade und Bridgestone lukrative Ausrüsterverträge unterschrieben. Natürlich möchte Tiger (wie wir alle) einfach nur Golf spielen. Aber er ist zudem auch eine Weltmarke, womit gewisse Verpflichtungen verbunden sind. Für mich als Fan macht es allerdings überhaupt keinen Unterschied, wenn Tiger für sein bloßes Erscheinen beim Turnier besser bezahlt wird als der spätere Champion. Ich will einfach nur den Golfer noch einmal spielen sehen, den ich seit 20 Jahren verehre. Insofern gehören Sie und ich bei einem Tiger-Woods-Comeback in jedem Fall zu den Gewinnern. Auch wenn der sport- liche Sieger höchstwahrscheinlich ein anderer sein wird. GT

GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN Seit 2011 Mitarbeiter bei GOLF TIME. War von den Reaktionen auf seinen Beitrag begeistert. Endlich weiß ich, dass auch European Tour-Spieler meine Beiträge lesen. Und sich sogar

die Zeit nehmen, diese zu kommentieren! Wie cool!

»Kümmert euch lieber um Schlägertests und die Berichterstattung vom Preis des Präsi- denten. Ihr habt nicht die Autorität oder Glaubwürdigkeit, um über so ein Thema zu berichten«

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GOLF TIME | 7-2017

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