GOLF TIME 7-8/2022

KOLUMNE

NEU BEI IKEA: TROPHÄEN SCHRANK FÜR DT. GOLFER Wer hätte gedacht, dass Golf-Deutschland das tatsächlich eines Tages erleben darf: Ein Jahr voller Siege und mehr Deutsche*innen auf den internationalen Profitouren als jemals zuvor. Nur einer zieht nicht mit ...

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November 2014. Und jetzt überlegen Sie sich mal, wie oft die armen Sky-Golf-Moderatoren in dieser Zeit mit echter Erschütterung in der Stimme verkünden mussten, dass ein deutscher Golfer, dessen Vorname fast immer mit „M“ begann, schon wieder ein Bogey zur Unzeit notieren musste. Zuletzt gewann übrigens Marcel Siem für Deutsch land, der 2022 seinen „#mywayback“ fortsetzte und dank erfolgreicher Q-School-Teilnahme wieder eine European – pardon – DP World Tourkarte besitzt. Nennen Sie mich sentimental oder voreingenommen, aber darüber freue ich mich 2022 am meisten. Nicht acht Jahre, sondern nur acht Wochen nach „Kiwi“ gelang Yannik Paul ein Erfolg, der selbst Martin Kaymer verwehrt blieb: Gleich in seiner Rookie-Saison gewann der 28-Jährige seinen ersten Titel auf der European – pardon – DP World Tour. Bei der Mallorca Golf Open bot Paul den deutschen Fans einen waschechten Golfkrimi. Erstaunlich war nicht nur, dass ein deutscher Junge trotz heftiger spielerischer Turbulenzen am Finaltag im entschei denden Moment die Nerven behielt, sondern dass parallel dazu Olivia Cowan auf der europäischen Damentour ebenfalls ihren ersten Sieg feierte. Erst jahrelang nichts und dann gleich zwei deutsche Champions an einem Wochenende. Endlich konnte ich mal das Lebensgefühl der Golffans aus Skandina vien nachvollziehen. Ein weiterer neuer deutscher Star am Golffirmament erstrahlte im November, als die gerade einmal 16-jährige Chiara Noja ebenfalls auf der Ladies Euro pean Tour gewann. Am anderen Ende der Fahnen stange triumphierte Bernhard Langer mit 65 Jahren bei den Senioren und rundete eine aus deutscher Sicht durch und durch gelungene Golfsaison ab. Dank der überragenden Leistungen auf allen Ebenen werden 2023 über 30 deutsche Golfer*innen auf sämtlichen relevanten Profitouren an den Start ge hen. Und, wer weiß, vielleicht ist ja jemand dabei, der dauerhaft ganz vorne mitspielt und dafür sorgt, dass ein historischer Sieg bei einem Majorturnier oder einem Kontinentalvergleich mal wieder von sämtli chen hiesigen Nachrichtensendungen ignoriert werden wird. Tja, Skispringer müsste man sein ... GT

arüber, dass 2022 einen lupenreinen „Kackjahr-Hattrick“ vollendet, müssen wir uns nicht weiter unterhalten. Doch Gott sei Dank soll ich hier nicht die geo

politische Gemengelage kommentieren, sondern darf über Golf schreiben und habe zudem eine billige schwarz-rot-goldene Fanbrille auf, die man mir im Zuge dieser unsäglichen Fußball-WM untergejubelt hat. Bevor jedoch das Accessoire für Clowns mit zuviel Nationalstolz im gelben Sack verschwindet, soll es mich noch bei meiner besinnlichen Rückschau auf die vergangene Profi-Golfsaison aus deutscher Sicht inspirieren. In den letzten acht Jahren konnte ich diese Pf licht meist mit einem eleganten „Copy-Paste“ der Über schrift „Alles Pfeifen außer Bernhard“ abhandeln, um mich in meiner Kolumne den wirklich wichtigen Themen, also dem ausufernden Wahnsinn im Ama teurgolf zu widmen. Doch diesmal haben sich die Mitglieder des Golf Team Germany deutlich achtbar geschlagen, sodass man nicht wieder pauschal mah nend auf die hervorragende Golfförderung in Schwe den verweisen kann und mit haltlosen Behauptungen über die Missstände in der hauseigenen Spitzengolf förderung Stress mit dem DGV provoziert. Vielmehr nehme ich Haltung an, ziehe meinen Hut und sage „gut gemacht!“ Also alle, außer dir, Martin ... Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Also stelle ich zuerst Max Kieffer heraus, der nach nur 249 Turnieren auf der European Tour seinen ersten Sieg klar machen konnte. Der Rheinländer galt zurecht als das golferische Pendant zu Bayer Leverkusen, das personifizierte „dabei sein ist alles“ bzw. „unter ferner liefen“. Wer heute felsenfest behauptet, immer gewusst zu haben, dass Kieffer in dieser Saison ge winnen wird, ist entweder ein dreister Lügner oder Max‘ Mutter. Beim D+D Real Czech Masters in Prag siegte Kieffer in seiner zehnten European-Tour Saison mit einem Schlag Vorsprung, nachdem ihm auf der 17. Bahn der – laut eigener Aussage – beste Golfschlag seiner Karriere gelungen war. Damit beendete Max übrigens nicht nur seine individuelle Durststrecke, er war auch der erste deutsche Sieger auf der European – pardon – DP World Tour seit

GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN Ambitionierter Hcp-8,2-Golfer mit einem Hang zu unverblümter Meinungsäußerung

„Vielmehr nehme ich Haltung an, ziehe meinen Hut, und sage ‚gut gemacht!‘ Also alle, außer dir, Martin ...“

34 GOLF TIME | 7/8-2022

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