GOLF TIME 8/2017

TIME OUT

Kopflose Head-Greenkeeper

E r hört das Gras wachsen – wie die alten Indianer. Ja, das gibt es tatsächlich. Nur sind für ihn die Jagdgründe heimische Fairways und Grüns. Die Rede ist von Georg Böhm, 70, Golfplatz-Designer und symbolischer „Häuptling“ der Greenkeeper. Für ihn ist die Natur, das Grün, die Luft- zirkulation, die Bodenbeschaffenheit, der Graswuchs, insbesondere das Wurzelwachstum, das Einmaleins der Golfplatzpflege. Die Situation ist nicht neu: Nach 20 Jahren etwa müssen die Grüns eines Golfclubs „überarbeitet“

Wie zum Beispiel Graeme MacNiven, einer der besten Experten Europas in Sachen Greenkeeping. Er weiß sehr wohl, dass Clubs mit dem rechten Greenkeeping nicht nur Personal, sondern auch Kosten im sechsstelligen Bereich pro Jahr einsparen können. Und Golfplatz-Designer Böhm (Pfaffing, Bayreuth, Bad Birnbach, Winnerod bzw. Erweiterung Aschheim, Umbauten Köln-Refrath etc.) macht ständig die Erfahrung, dass Golf- anlagen, wenn sie denn richtig bearbei- tet werden, selbst nach 20 Jahren nicht

AUSZEICHNUNG Robert Sammereier, Bad Birnbach, ehrt Platzdesigner Georg Böhm

werden. Oft hakt es da aber in den Klubs am Kosten- faktor: Auf der einen Seite muss gespart werden, andererseits weiß Gutachter Georg Böhm, dass oft an der falschen Stelle geknausert wird. Das bittere Erwachen folgt erst nach Jahren. Wenn nämlich der Plan der Erneuerung weder platztechnisch noch kostenmäßig funktioniert hat. Beispiele gibt es dafür unzählige, allerdings gibt es keine logische Be- gründung, warum Clubs nach diversen Renovierungen schon nach kurzer Zeit wieder umbauen, die Grüns abermals erneuern müssen. Außer: Sie arbeiten z. B. mit Head-Greenkeepern, die nach einer vier- bzw. fünfwöchigen Ausbildung (als Head-Greenkeeper) bei der Deula (Deutsche Landwirt- schaftsschule) glauben, ihr Handwerk zu verstehen, glauben, die unterschiedlichen Grassorten und ihre Vor- und Nachteile zu kennen oder glauben, Quarzsand von Brechsand unterscheiden zu können. Zum Ver- gleich: International müssen Head-Greenkeeper eine sechsjährige Ausbildung durchstehen.

unbedingt einer Generalsanierung bedürfen. Der von 2002 bis 2014 als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Golfplatzbau sowie Gründungs- Präsident des GC Olching (1980) würde seinen Skalp opfern, wenn er nicht mit anschauen müsste, wie desaströs manche Clubs ihren heiligen Rasen verkom- men lassen – nur weil sie nicht die richtige Greenkeeper- Mannschaft haben. Der Grün-Papst appelliert: „Ich erwarte ja nicht von jedem, dass er über alles Bescheid weiß, aber es ist doch naheliegend, dass man sich die richtigen Leute ins Haus holt.“ Auf jeden Fall sollte jeder Club-Verantwortliche, wenn er schon nicht das Gras wachsen hört, zumindest daran denken, dass die Fairways und Grüns schon einer besonderen Pflege bedürfen. Und von kopflosen Head-Greenkeepern den Skalp einfordern, wenn er sie schon nicht in die ewigen Jagdgründe schickt.

OSKAR BRUNNTHALER ob@golftime.de

Die nächste erscheint am26. Februar 2018

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GOLF TIME | 8-2017

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