GOLF TIME 1/2020

TIME OUT

„Geiz ist geil“- Kultur

D

ie Diskussion um Golf-Fernmitglied- schaften ist rasch

noch immer der nicht ganz unumstrittene größte Golf- club der Welt, halten sich doch viele nicht an die ursprüngliche Dreijahres- Klausel. Denn das sind jene, die ähnlich wie bei der Dauer- Fernmitgliedschaft, nie wirklich die Absicht hatten, einem ordentlichen Golfclub

auf einen Nenner gebracht: Wer Golf spielen will und da- für so gut wie nichts bezahlen will, ist der richtige Kandidat für die „Geiz ist geil“-Kultur. Während es als völlig nor- mal angesehen wird, will man

AUSWEISHANDEL Dubiose Gratis-Fernmitgliedschaft in einem deutschen Golfclub samt Hcp-Verwaltung für 2020

Sport betreiben, einem entsprechenden Verein beizutreten, ist das bei den Golfern anders: Es gibt „richtige“ und „unrichtige“ Mitglieder! Die einen, die für die Finanzie- rung einer Golfanlage, den jährlichen Spielbetrieb, die sportliche Ausrichtung, Jugendarbeit, Gastronomie etc. aufkommen; und jene, die all diese Einrichtungen nutzen, aber eben nichts dazu beitragen, dass ein Club funktionieren kann. Mittels der sogenannten Golf-Fern- mitgliedschaft mogeln sie sich in die Golfer-Familie. Anfang des Jahres schoss dabei ein ganz findiger Clubausweis-Händler den Vogel ab: „Mitgliedschaft 2020 gratis“ heißt es da, zugleich wird für eine „gratis“ VIP Fernmitgliedschaft geworben in einem deutschen Golf- club samt Handicapführung. Wie das funktionieren soll, ist mehr als fraglich. Fest steht jedenfalls: 25 Prozent der DGV-Mitglieder sehen „im Billig-Golf eine der größten Risikoquellen für den Golfsport“. Es wäre nun zu einfach, Golf-Fernmitgliedschaften generell zu verteufeln. Für Golfinteressierte, die in diesen Sport reinschnuppern wollen und nicht gleich eine ordent- liche Clubmitgliedschaft eingehen wollen/können, mag dieser Weg eine mögliche Variante sein. Sofern die ehr- liche Absicht besteht, bei Interesse nach ein oder zwei Jahren einem ordentlichen Club in der Umgebung bei- zutreten. Die VcG ist da mit derzeit 22.000 Mitgliedern

anzugehören. Interessant: Von 23 Anbietern haben laut einer Untersuchung von www.golffernmitgliedschaft.info nur zwei den Tauglichkeits-Test bestanden. Dennoch stellt sich auch hier die Frage: Graben sich die Clubs, die da mitspielen und für knapp unter 200 Euro im Jahr ihre freien Kapazitäten für Mitglieder auffüllen, nicht selbst das Wasser ab? Abgesehen davon, dass sie nicht nur einen Teil dieser Summe an die Fernmitgliedschafts- Vermittler abliefern müssen, machen sie sich allein schon durch die Vergabe ihrer Club-Mitgliedschaften vor allem von diesen fragwürdigen Ausweishändlern abhängig. Bei einem 0,1-prozentigen Golfer-Mitglieder-Wachs- tum 2019 und der mit über 80.000 bisher größten Zahl an Fernmitgliedschaften ist die Entwicklung im deutschen Golfsport bedenklich: Immer weniger ordentliche Club- mitglieder stehen der immer größer werdenden Gruppe der Billigheimer gegenüber. Wenn jetzt auch noch die klassische Generation der Golfclub-Gründer der boomenden 80er- und 90er-Jahre den Löffel abgibt, werden die Fernmitglied-Genossen bald keine Golfplätze mehr vorfinden, auf denen sie spielen können: Es wird dann nämlich für die „Geiz ist geil“- Golfer kaum noch bezahlbare Greenfees geben.

OSKAR BRUNNTHALER ob@golftime.de

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erscheint am 27. April 2020

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