GOLF TIME 3/2023

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WAS HABEN SIE ERWARTET? Moderne Technik ist aus dem Golfsport nicht mehr wegzudenken. Gadgets wie Entfernungsmesser, Golfuhren oder Shot-Tracker-Apps decken schonungslos auf, warum Sie sich immer wieder über dieselben Fehler ärgern (müssen).

iele ambitionierte Amateurgolfer denken groß. Und das ist gut

Meter ausrollen könnte, was der vorgelagerte Bunker aber in jedem Fall verhindern wird – denn deshalb ist er ja schließlich da, wo er ist. Bei all diesen offensichtlichen Fallstricken fragt man sich schon, warum sich dieser Golfer eben nicht deutlich nach links ausrichtet, ob wohl sich doch sämtliche Naturgesetze gegen seine Schnapsidee stemmen? Vielmehr schickt er seinen Ball auf eine wenig überraschende Reise ohne Wiederkehr ins hohe Rough rechts der Spielbahn. Und statt mit einer Handvoll Nettopunkten, marschiert er nur mit gehöriger Wut im Bauch davon – sowie einer Zecke, die unbemerkt an der Innenseite seines Hosenbeins hochkrabbelt. Dabei produzieren moderne Shot-Tracking Systeme mithilfe von Smartphone-Apps, Schlägersensoren oder Golfuhren aussagekräf tige Datensätze für jedermann, die illusorisches Wunschdenken in realistische Vorhersagen verwandeln können. Dann begreift man, dass die meisten Golfschläger weniger Scharfschüt zengewehren, sondern eher doppelläufigen Schrotflinten gleichen, die je nach Spielstärke einen mehr oder weniger großen Streugrad aufweisen. Der Trick besteht darin, das typische Muster dieser Streuungen zu kennen. Nur dann kann man Risiko und Chance vernünftig ab wägen und würde – trotz des ein oder anderen Fehlschlags – doch noch gute Scores spielen. Hätte unser Sportsfreund dies gewusst, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Dann wäre er demütig davon ausgegangen, dass seine Bälle nur bei einem von fünf Versuchen aus 120 bis 150 Metern auf dem Grün liegen bleiben. Und in der Birdie-Region, also im Radius von rund fünf Meter ums Loch, ist es sogar weniger als ein Ball pro Runde. Seine typische Flugkurve einkalkulierend, hätte er in jedem Fall die linke Grünseite favorisiert und diese vielleicht sogar getroffen. Wohl wissend, dass er zwar aus wenigstens 15 Metern hätte putten müssen, doch laut Statistik aus seiner Golf-App in sieben von zehn Fällen trotzdem ein Par spielen würde. Was wäre das für eine Freude gewesen! Denn dann hätte er zwei Nettopunkte im Sack gehabt, anstatt – wie jetzt – Borreliose an selbigem. GT

V

so, denn eine positive Einstellung und gesunder Optimismus sind essenzielle Grundbausteine des Erfolgs. Doch wieso mutieren trotzdem so viele Spieler während einer Golfrunde in Windeseile vom breit grinsenden Strahlemann zum wehklagen den Jammerlappen? Schuld ist fast immer eine völlig übertriebene Erwartungshaltung an das eigene Spiel. Selbstverständlich ist nichts dagegen einzu wenden, dass Sie sich an den EINEN Schlag vor zwölf Jahren zurückerinnern, als Sie den Ball aus 180 Metern zum Tap-in ans Loch geballert haben. Dieses Erlebnis jedoch als Standard festzulegen und jedwede Abweichung ins Ne gative als Misserfolg zu werten, könnte sich langfristig nachteilig auf die geistige Gesundheit auswirken. Vielmehr stellt im Grunde jeder Schlag, mit dem man theoretisch das Loch hätte treffen können, dies aber nicht schafft, einen Fehlschlag dar! Also ein gnadenloses Versagen, das einen massiven Stimmungsabfall mit nicht zitierfähigen Schimpftiraden rechtfertigt. Sie werden mir zustimmen, dass es verrückt wäre, so zu denken. Trotzdem tun wir es alle, wenn auch nicht ganz so offensichtlich extrem. Also eher wie der Handicap-20-Spieler, der direkt auf die Fahne zielt und unterbewusst schon einen realistischen Birdie-Putt erwartet, obwohl er objektiv betrachtet bessere Chancen hätte, einen Sechser im Lotto zu landen, als tot am Stock zu liegen. Das Problem ist schlicht, er weiß es nicht besser. Denn das Loch befin det sich 145 Meter entfernt, kurz hinter einem Sandbunker weit rechts im Grün, dessen linke Hälfte sich hingegen weit offen und völlig un bewacht präsentiert. Aber obwohl dieser Golfer mit dem soeben gezückten Eisen 6 ausschließ lich zum Slice tendierende, flache Fade-Schläge produziert, die gepaart mit dem Wind von links kaum etwas anderes erwarten lassen als drama tische Rechtskurven, weicht er kein Jota von der direkten Linie ab. Theoretisch könnte er, den unwahrscheinlichen Fall eines schnurgera den Schlages vorausgesetzt, sogar die geforder ten 145 Meter mit dem Schläger überwinden. Jedoch nur, wenn sein Ball die letzten 15 bis 20

GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN Ambitionierter Hcp-8,1-Golfer mit einem Hang zu unverblümter Meinungsäußerung

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„Jeder Schlag, mit dem man theoretisch das

Loch hä tte treffen kö nnen, dies aber nicht schafft, stellt einen Fehlschlag dar ...“

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