GOLF TIME 4/2018
COVER | STEPHAN JÄGER
bedeutete, Jäger musste nach dem einen Aus- tauschjahr nur noch ein weiteres Schuljahr absolvieren und konnte dann direkt stu- dieren. Die Zeit, über die Angebote aus Kentucky, Virginia und Chattanooga nach- zudenken, hatte Jäger im Sommer. „Da habe ich dann einige Amateur-Turniere gespielt und wir haben entschieden, dass ich das mache.“ Er nahm das Angebot der University of Chattanooga an, blieb somit in der Stadt, die er durch die zwei Schuljahre zuvor schon kannte. Mit diesem Schritt war für Jäger und seine Familie klar, dass er Golfprofi werden würde. Fortan drehte sich für ihn alles um Golf. Das Bachelorstudium der Psychologie lief nebenher und war für das, mittlerweile an das amerikanische Schulsystem gewöhnte, Golftalent keine große Herausforderung. Sicher, er musste auch lernen, aber Probleme wie in der Highschool hatte er nicht mehr. „Ich bin sehr schnell erwachsen geworden. Das musst du da auch“, sagt Jäger über seine zwei Jahre auf der Highschool. „Da gab es strenge Regeln und ich war so einer, der überhaupt keine Lust auf Schule und Regeln hatte“, beschreibt der Münchener seine An- passungsschwierigkeiten in der Anfangszeit. In dem Internat herrschte ein raueres Klima als in Deutschland und Jäger erkannte rasch, dass er sich nicht daneben benehmen sollte – auch wegen der Konsequenzen: „Da sitzt du dann samstags von 6 Uhr bis 10 Uhr in der Schule und musst Strafaufgaben machen.“ Darauf hatte er keine Lust, wollte lieber mit seinen Freunden rausgehen und Golf spielen. Diese Zeit prägte Jäger, der sich als organi- siert, zuverlässig und pünktlich beschreibt, akademisch und charakterlich. GOLF FIRST Ab dem ersten Tag auf der University of Tennessee in Chattanooga (UTC) stand Golf ganz klar im Fokus seines Lebens. „Wenn du auf einem amerikanischen
STEPHAN JÄGER PGA Tour Profi
Der emotionalste Sieg „Mein emotionalster Moment auf dem Platz war auf alle Fälle der erste Sieg auf der Web.com Tour im Jahr 2016 (Ellie Mae Classic, Anm. d. Red.). Da war meine Mutter dabei und dieser Erfolg hat meine Karriere so ein bisschen gestartet“, so Stephan Jäger.
EIN KOMISCHES SPIEL GASTKOMMENTAR Bei Jäger wechselten sich verpasste Cuts und Siege ab. Mein Spiel in den vergangenen Wochen kann man mal wieder als Golf bezeich- nen: Erst einige Cuts verpasst, dann ein Turnier gewonnen, dann wieder Cuts verpasst. Es ist schon ein wirklich komi- sches Spiel … Dabei hatte ich beispiels- weise bei der Wells Fargo Championship in North Carolina ganz gut gespielt. Dann aber einen Fehler gemacht und letztlich den Cut um ein paar Schläge verpasst. In der Woche darauf war ich zu Hause und habe trainiert. Weil ich für die Players Championship nicht qualifi- ziert war, habe ich auf der Web.com Tour in Knoxville gespielt. Das Turnier war nur ungefähr eine Stunde von meinem Haus in Chattanooga entfernt. Ich konnte im eigenen Bett schlafen und habe zu Hause gegessen. Das war echt gut. Das Beste an der Woche war aber, den Pokal am Sonntag in die Höhe zu stemmen! Es war einfach eine super Woche, in der ich wirklich gut gespielt und vor allem sehr gut geputtet habe. Eine Woche später auf der PGA Tour habe ich eigentlich genauso gespielt, viel- leicht ein bisschen weniger Putts gemacht und den Cut verpasst. Es ist schon ein wirklich komisches Spiel … So langsam steigt bei mir die Vorfreude auf die BMW International Open in Köln. Alte Freunde treffen und die Familie sehen, das wird toll! Euer
herum“, erklärt Jäger einen großen Vorteil, den das Sportlerleben auf einer Uni in den USA mit sich bringt. Lediglich zwölf bis 15 Stunden pro Woche verbrachte er in Unter- richtsräumen, den Rest der Zeit auf dem Golfplatz. Morgens in die Uni, dann Mittag- essen, dann Golf – im Sommer bis spät in den Abend hinein. Ein Traum für fast alle jungen Talente, die sich ein Leben als Profisportler wünschen. „Es gibt nichts Besseres“, ist Jäger von den Karrieremöglichkeiten für Sportler in den USA überzeugt. Das tägliche Training zahlte sich für ihn aus. In seinem letzten Jahr amCollege gewann er für die UTC vier Turniere. Direkt nachdem er seinen Bachelorabschluss in Psychologie in der Tasche hatte, wurde er im Mai 2012 Profi. „Ich habe mir gedacht: Warum soll ich um- sonst Amateurturniere spielen, wenn ich als Profi damit Geld verdienen kann“, spricht er offen über die für ihn leichte Entscheidung, ins Profigeschäft zu wechseln. Das erste halbe Jahr wurde er von einem Amerikaner unter- stützt, der ihn mit 15.000 U.S.-Dollar spon- serte. Damit konnte er die ersten Turniere be- streiten und es auf der Qualifying School zur PGA Tour versuchen. Gepaart mit einigen Preisgeldern von rund 10.000 U.S.-Dollar hatte er am Ende des Jahres einen aus- geglichenen Haushalt. Sportlich lief es gleich von Beginn an prächtig. Er schaffte es durch alle Stufen der Q-School bis ins Finale.DorthatteersogardieChance,
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sich direkt im ersten Jahr für die PGA Tour zu qualifizieren. Das gelang ihm zwar nicht, aber er schaffte es auf die Web.com Tour.
HISTORISCHE SCOREKARTE: Als erstem Golfer in der Geschichte der PGA, PGA Tour Champions und Web.com Tour gelang Stephan Jäger eine 58er-Runde
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