GOLF TIME 4/2021
Die GOLF TIME Ausgabe 4/2021 als E-Paper, Erscheinungstermin 28.06.2021.
TRAINING 10 SEITEN TIPPS & TRICKS
24. JHG. | AUSGABE 4 | JULI 2021 € 6,90 | CHF 8,00 | IT € 8,90 | A, LUX € 6,90
4-2021
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EUROPEAN TOUR PORSCHE European Open & BMW International Open OLYMPISCHE SPIELE
Castiglion del Bosco Golfparadies in der Toskana
ROBOTEST EISEN DIE AKTUELLEN MODELLE AUF DEM PRÜFSTAND TEIL1
IGF-Boss Antony Scanlon über das bevorstehende olympische Golfturnier
ECCO LADIES GOLF DAY Gewinnen Sie zwei Traumtage mit LPGA-Ass Caroline Masson
NACH DISQUALIFIKATION UND SENSATIONELLEM COMEBACK: „ALLES IST NUR REINE KOPFSACHE“, SAGT DER U.S.-OPEN-CHAMPION JON RAHM KARMA JON UND DAS
FUN-TALK STEPHAN JÄGER FOTO TIME IST DAS WIRKLICH OLD TOM MORRIS? GOLF LEGENDEN HENRY COTTON REGEL TIME
RORY UND DIE PENALTY AREA
EDITOR’S INTRO
REINE KOPFSACHE Ja, das ist ein anderer Jon Rahm als der, den wir kennen. Der spanische „Rahmbo“ wird den Juni 2021 wohl nie wirklich vergessen: Zu viel ist da passiert. Negatives wie Positives. Erst einmal die Disqualifikation beim Memorial in Muirfield Village wegen eines positiven Corona-Tests. Er führte mit sechs Schlägen, als er am 18. Grün erfuhr, dass er für die Finalrunde disqualifiziert sei. Mit Tränen in den Augen und einer wahrscheinlich entgangenen Siegprämie von 1,67 Mio. Dollar wurde der Heißsporn von der Anlage abgeführt. Zwei Wochen später, gerade die Quarantäne abgesessen, in Torrey Pines das sensationelle Comeback: Sieg bei den 121. U.S. Open (Scheck über 2,25 Mio. Dollar), damit 1. der Weltrangliste und auch der erste Spanier, der die U.S. Open gewinnt, zehn Jahre nach dem Tod von Seve Ballesteros (fünf Major-Siege) und ausgerechnet auch noch am amerikanischen Vatertag. „Ich glaube an Karma, es spielt sich alles im Kopf ab“, philosophiert der andere Jon Rahm, mit seinem zwei Monate alten Sohn Kepa auf dem Arm, seine Eltern im Hintergrund. „Drei Generationen hier“, sagt Rahm bedeutungsvoll, „auch wenn Kepa das alles noch nicht mitbekommt“ (Cover-Story „Alles nur Karma?“ ab Seite 22). In keiner Sportart ist das Siegen so schwer wie im Golf. Woche für Woche kommen etwa 160 Spieler für einen Sieg infrage, das gibt’s weder in Disziplinen wie Tennis, wie der Formel 1, wie der Leichtathletik noch im Ski-Weltcup etc. Umso beachtlicher, dass nach dem ganzen Corona- Tohuwabohu der Baske quasi zwei Turniere hinter- einander dominiert. Und wer weiß, was die Zukunft noch bringt – einen „Rahmbo“, der alles abräumt? Unglaublich
„In keiner Sportart ist das Siegen so schwer wie imGolf. Woche für Woche kommen 160 Spieler für einen Sieg infrage, das gibt es sonst in keiner anderen Disziplin“
OSKAR BRUNNTHALER Chefredakteur
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INHALT
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COVER 22 WECHSELBAD Jon Rahm erlebt innerhalb weniger Wochen sowohl den bittersten als auch den besten Moment seiner Laufbahn. TURNIERE 26 H IGHLIGHT IN MÜNCHEN Die spannendsten und kuriosesten Momente der BMW International Open 2021. 28 EMOTIONEN PUR Wie ein Engländer bei der Porsche European Open die Herzen der deutschen Golffans erobert. 30 EXKLUSIV Der IGF-Generalsekretär über Organisation und seine Vorfreude auf das Olympische Golfturnier. SERIE 56 D IE GRÖSSTEN GOLFER ALLER ZEITEN Ein Leben wie im Roman: Henry Cottons Aufstieg vom Kleinstadtjungen zum Schlossherrn. AUSRÜSTUNG 34 ROBOTEST Die aktuellen Eisen-Modelle im Test durch unseren Schwungroboter. 42 GEWINNSPIEL Drei Paar Golfschuhe aus der Kollektion von Tour-Sieger Joost Luiten mit Duca del Cosma zu gewinnen. 54 KREATIVE KATZEN Die Sieger des Flat-Cat- Gewinnspiels sind gekürt. CLUBS 62 S AMSONITE GOLF CLUB TOUR Es geht in die heiße Phase: Über die Hälfte der rund 450 Qualifikationsturniere ist gespielt. 50 STUDIE Brandneue Erkenntnisse zum Einfluss verschiedener Golfbälle bei kurzen Putts.
22 JON RAHM Alles nur Karma? Jon Rahm erlebt inner- halb kürzester Zeit eine emotionale Achterbahn- fahrt, die fulminant mit einem Major-Sieg endet BMW INTERNATIONAL OPEN Die Highlights der Turnierwoche in Eichenried 26
DIE NEUESTEN EISEN 2021 – TEIL 1 ab Seite 34 ROBO- TEST
65 LEISUREBREAKS Perfekter Begleiter zum Durchstarten: der 18. Guide for Free Golf.
66 MERCEDES-BENZ AWGC Die Saison der
beliebten 9-Loch-Turnierserie läuft mit voller Drehzahl.
STANDARDS 5 Editor’s Intro / 8 Foto-TIME / 10 Go ask ... Stephan Jäger / 12 Countdown | News / 20 Tweet it / 87 Cartoon / 88 Impressum / 90 TIME-OUT
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68 REISE ITALIEN Massimo Ferragamo erfüllte sich mit dem Anwesen Castiglion del Bosco im Herzen der Toskana einen lang gehegten Traum
REISE 68 C ASTIGLION DEL BOSCO Zu Besuch
im ersten und einzigen Privatclub Italiens.
72 G OLF TIME TOURS Mit unserem hauseigenen Reiseveranstalter auf Entdeckungsreise gehen. TRAINING 76 THE MOVE Jonathan Taylor erklärt die Basic-Bewegungen für einen erfolgreichen Golfschwung.
30 INTERVIEW Antony Scanlon über das Olympische Golfturnier
78 NICOLE & THOMAS GÖGELE Die
ehemaligen Tour-Spieler über das richtige Ausholen und den Weg zum Flow.
81 PETER KARZ Der langjährige Coach von Alex Cejka spricht aus aktuellem Anlass über das Thema Durchhalten im Golf. 82 DR. NORBERT DEHOUST Mit welchen Übungen man Schmerzen im Ellbogen wieder in den Griff bekommt.
83 MATTHIAS SCHWAB Der Tour-Pro über Druck im Golfsport, den es so gar nicht gibt.
56 HENRY COTTON Der Blick zurück auf ein Leben wie im Roman
84 SCHWUNGTECHNIK Dr. Christian Haid und Astrid Kohlwes über das Release und den perfekten Treffpunkt.
86 REGELN Dr. Ulrike und Holger Gartz über das Erleichterungsverfahren in einer Penalty Area.
FOTO TIME
IST ER’SWIRKLICH NICHT?
Spielt Old Tom Morris wieder? In dem Club, den er vor 170 Jahren mitbegründet hat? Okay, natürlich ist der Herr in Farbe nicht der Star, der in den 1860er-Jahren viermal die Open Championship gewann, sondern ein Doppelgänger. Der Anlass dieser tollen Verkleidung? Der 200. Geburtstag des Grand Old Man of Golf. Der „alte Tom“ ist in Wirklichkeit Alan Patterson, ein Mitglied von Prestwick St. Nicholas. Der Golfclub feiert das Jubiläum mit einem speziellen Strokeplay-Wettbewerb. Das Turnier findet auf einem 12-Loch- Layout statt, und die Spieler haben die Möglichkeit, Schläger mit Hickory-Schaft und Guttapercha-Bälle zu benutzen – Nach- bildungen der Ausrüstung, die Morris selbst benutzte. Sie müssen sich auch an einige der Regeln aus den 1860er-Jahren halten – zum Beispiel dürfen die Spieler keinen Ball auf dem Putting Green markieren, anheben oder reinigen. „Toms 200. Geburtstag scheint ein ange- messener Zeitpunkt zu sein, um unsere Mitglieder und die weltweite Golfgemein- schaft daran zu erinnern, wie sehr wir ihm danken sollten“, erklärt Neil Foggo, der Mannschaftskapitän des Clubs. GT
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COUNTDOWN NEWS LEUTE HIGHLIGHTS
FUN-TALK Stephan Jäger über seine große Stärke, das kurze Spiel, die familiäre Verbunden- heit zur Reiserei und warum er Tiger nur in seinen besten Tagen als Partner wählen würde.
GO ASK STEPHAN
D er 32-jährige Münchener schrieb 2016 Golfgeschichte, als er in Runde 1 der Ellie Mae Classic als erster Spieler überhaupt auf einer der höchsten Profitouren eine 58 schoss. Nicht nur gewann er das Turnier mit einem Rekordergebnis (30-unter-Par), sondern ließ 2017 drei weitere Turniersiege auf der Korn Ferry Tour folgen. Damit gelang dem Exil-Deut- schen der Aufstieg auf die PGA Tour, wo er zwei Jahre lang seine Sporen verdiente. „Sedl“, wie er von Freunden genannt wird, erlernte das Golf- spiel im GC Eichenried, bevor er 2006 als 17-Jäh- riger zum Studieren in die USA auswanderte. An der University of Tennessee in Chattanooga entwickelte er sich nicht nur zu einem der besten Collegegolfer weltweit, sondern lernte dort auch seine Frau Shelby kennen, die er 2019 heiratete. In der Saison 2020-21 gelangen Jäger bereits zwei Siege auf der Korn Ferry Tour, die er momen- tan überlegen anführt. Die Rückkehr auf die PGA Tour für die kommende Saison ist damit längst fixiert, mit einem dritten Sieg würde er sofort in die Eliteliga zurückkehren. In den letzten Wochen wäre es beinahe zwei Mal schon so weit gewesen. Sowohl bei der Visit Knoxville Open als auch der Rex Hospital Open musste er sich nur hauchdünn geschlagen geben und mit Platz 2 begnügen.
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Dein Leben steht auf dem Spiel und es gilt, einen Downhill-Putt mit starkem Break aus drei Metern zu lochen. Du darfst den Putt nicht ausführen – wen würdest du für diese Aufgabe wählen? Jordan Spieth. Deine Top-3-Golfer (tot oder lebendig)? Tiger ist natürlich die Nummer 1. Dustin Johnson würde ich reinnehmen, das ist schon beeindruckend, was er die letzten 15 Jahre auf der PGA Tour geleistet hat, und Arnold Palmer, alleine schon wegen seines Charismas. Den hätte ich gerne mal persönlich kennengelernt. Du spielst Vierball gegen Ben Hogan und Jack Nicklaus in ihren besten Tagen. Wen würdest du dir als Partner wünschen? Tiger natürlich, aber auch nur in seinen besten Tagen, so Anfang der 2000er-Jahre. Was wärst du geworden, wenn nicht Golf-Pro? Reisebüroler. Mein Vater hätte sich vor 20 Jahren wohl darüber gefreut, dann wäre das Reisethema noch in Jäger-Händen (lacht). Welcher Sieg bedeutet dir am meisten? Ich denke mein erster Sieg 2016 bei der Ellie Mae Classic in Kalifornien. Da hat alles gepasst in der Woche. Die historische 58, meine Mama war vor Ort. Und es hat mir auch viel Selbstvertrauen gegeben und gezeigt, dass ich das gewisse Extra besitze, um auf der Korn Ferry Tour zu gewinnen. Dein „Best Buddy“ auf der Tour? Im Moment wohl Brandon Harkins. Vor drei Jahren schafften wir beide den Sprung auf die PGA Tour und haben dann zur selben Zeit die Karte auch wieder verloren. Wir verbringen viel Zeit zusammen, teilen oft auch das Haus bei Turnieren. Unsere Frauen verstehen sich auch blendend, das hilft… Dein emotionalster Moment auf dem Platz? Bei meinem Sieg bei der Rust Oleum Championship 2017 in Chicago liefen auf dem 18. Loch meine damalige Freundin (heute Frau) und ihre Mutter auf das Grün. Das war schon ein ganz besonderer Moment. Dein Lieblingsschläger im Bag? Der Putter und auch die Wedges.
Da könnte ich wohl in jedem Turnier einen rausnehmen. Aber wahrscheinlich der Putt zur 58, der war für meine weitere Karriere extrem bedeutend, denn diese Errungen- schaft nimmt mir keiner mehr weg. Gibt es einen Schlag in deiner Karriere, den du gerne noch mal spielen würdest? Eigentlich nicht. Ich habe immer das Gefühl, dass ich auf dem Platz mein Bestes gebe. Natürlich macht man unter Druck gute und auch schlechte Schläge. Wahrscheinlich vergesse ich die schlechten aber sehr schnell wieder.
Fisch, Fleisch oder vegetarisch? Die ersten zwei.
Hund oder Katze? Hund.
Nie mehr Golf oder nie mehr Sex? Na ja, werde ich halt Tennisspieler.
Wir nehmen dich auf eine Faschings- party mit. Als was verkleidest du dich? Ich hatte am College mal ein ganz cooles Kostüm. Ich war ein fetter Referee und hatte eine Pfeife und die gelbe Flagge vom American Football dabei. Also wenn Kostüm, dann eher lustig als erschreckend. Welche übernatürliche Kraft hättest du gerne? Fliegen wäre ganz nett, das würde das Reisen zu den Turnieren um einiges verein- fachen. Was ist deine größte Stärke auf dem Platz? Das kurze Spiel und vor allem der mentale Bereich. Gibt es Schwächen? Woran arbeitest du am meisten? Driver und lange Eisen könnten immer ein wenig besser sein, aber gerade da habe ich mich in den letzten eineinhalb Jahren enorm verbessert, wodurch ich nun vermehrt auch am Wochenende um den Sieg mitspiele. Das Schönste am Leben als Tour-Pro? Für mich ist es die Gelegenheit, mit meiner Frau und Familie Länder und Städte zu besuchen und ge-
meinsame Erinnerungen zu schaffen. Das bedeu- tet mir sehr viel. GT
Gibt es einen Schlag in deiner Karrie- re, auf den du besonders stolz bist?
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COUNTDOWN | NEWS
BRYSON VS. BROOKSIE
Es war ein Start-Ziel-Sieg für Bernd Wiesberger bei der Made in HimmerLand presented by Freya. Mit einem Schlag Vor- sprung in den Sonntag gestartet, ließ der 35-Jährige im däni- schen HimmerLand Golf & Spa Resort nichts mehr anbrennen. Mit einer formidablen 64er-Schlussrunde und insgesamt 263 Zählern (-21) holte der Österreicher seinen achten Titel auf der European Tour. „Ich habe es bereits während der Woche immer wieder betont – ich liebe diesen Ort hier“, so Wiesberger. „Hier zu spie- len ist auch immer gut für mein Selbstvertrauen, besonders nach ein paar schwierigen Wochen.“ Durch seinen Sieg kommt Wiesberger auch auf den Radar von Ryder-Cup-Kapitän Padraig Harrington für die Austragung des Kontinental-Kampfes im September. Gefragt nach einem möglichen Debüt, meinte Wiesberger: „Bis dahin gibt es noch eine Menge Golf zu spielen. Für mich war es erst einmal wichtig, eine gute Woche abzuliefern.“ WOHLFÜHLSIEG Dass Bryson DeChambeau und Brooks Koepka nicht die allerbes- ten Buddies sind, offenbarte ein Vorfall bei der PGA Champion- ship im Kiawah Island Resort. Ein zunächst nicht veröffentlichter Ausschnitt aus einem TV-Inter- view des Golfchannel mit Koepka zeigte, wie dieser sichtlich genervt auf den hinter ihm vorbeigehen- den DeChambeau reagierte. Wohl weil dessen Metallspikes und das Geräusch beim Gehen das Inter- view gestört hatten. Es folgten einige weitere Kapitel dieser seit- her öffentlich gelebten Abnei- gung. Beim Memorial Tourna- ment etwa bot Koepka den von der Anlage verwiesenen Fans, die Bryson verbal attackierten, in einem Video mit seinem Sponsor an, sie mit Freibier zu versorgen. Er ermutigte sie so gewisserma- ßen, seinen Ryder-Cup-Kollegen weiter anzupöbeln. „Das ist etwas, mit dem sich die PGA Tour aus einandersetzen sollte”, erklärte DeChambeau. „Ich kann es ja nicht kontrollieren.“ Man darf ge- spannt sein, wie es weitergeht…
PHIL MICKELSON Es waren Szenen, an die man sich noch lange erinnern wird. Komplett euphorisierte Fans bejubelten Phil Mickelson am 18. Loch, als dieser bei der PGA Championship am Ocean Course in Kiawah Island seinen Fuß in die Rekordbücher setzte. Mit 50 Jahren wurde „Lefty“ zum ältesten Major-Gewinner aller Zeiten. Mickelson, dessen Karriere stets von Ups and Downs geprägt ist, hält nun bei sechs Major-Titeln – das ist nur einer weniger als Arnold Palmer und Bobby Jones. Seve Ballesteros gewann etwa „nur“ fünf. Dass Mickelson die Wanamaker Trophy acht Jahre nach dem Open-Sieg in Muirfield in die Höhe stemmen konnte, widerlegte die These, dass seine Major-Uhr bereits abgelaufen sei. Dies war ein Sieg für die Ewigkeit, ein Sportmärchen und eine Lektion fürs Leben für die 50-Jährigen überall auf der Welt. „Ich habe einfach geglaubt, dass es möglich ist, auch wenn alle vom Gegen teil überzeugt waren“, sagte Mickelson. „Ich hoffe, dass andere das als Inspiration nehmen. Es mag ein wenig zusätzliche Arbeit erfordern, aber am Ende ist es das wert. Ich liebe dieses Golfspiel einfach. Ich liebe, was ich tue und ich liebe die Herausforderung, gegen so großartige Spieler anzutreten.“
SIEGFORMEL: PHIL MICKELSON (PGA CHAMPIONSHIP)
6 unter Par
22 Birdies 70,5 Rundenschnitt
2.160.000 Dollar Preisgeld
Zurück im Siegerkreis: Bernd Wiesberger verteidigt Titel in Dänemark
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WAS MACHT EIGENTLICH... BEN CURTIS?
auf der PGA Tour. Der letzte datiert aus dem Jahr 2012 bei der Valero Texas Open. 2015 ver- lor er seine Spielrechte auf der PGA Tour und 2018 erklärte er in einem Interview gegenüber Golf Digest, dass er mit dem Wettbewerbsgolf abgeschlossen habe. „Oh, ich habe definitiv genug. Ich spiele nicht mehr. Ja, es ist natürlich großartig, mit Golf seinen Lebensunterhalt zu verdienen, aber die Leute sehen nicht die andere Seite; das Reisen, das Übernachten in Hotelzimmern, das Vermissen der Familie, das Spielen mit Ver- letzungen.“ Als er und seine Frau Candace eine Familie gründeten, sah Curtis Golf nicht mehr als Chance, sondern als Hindernis für die Dinge, die er vom Leben wollte. Also widmet sich der 44-Jährige heute mit der Ben Curtis Golf Academy ganz dem Lehren des Golfspiels, vor allem für junge Leute und Schüler. Und mit seiner Ben Curtis Family Foundation unter- stützt er Kinder mit Ernährungsunsicherheit. Gemeinsam mit seiner Frau Candace startete er dazu ein Programm, um regelmäßig halt- bare Lebensmittel an diese Kinder zu verteilen. Zu dessen Unterstützung geht am 7. August im Heimatclub der Ben Curtis Golf Academy, im Country Club of Hudson, das 7. Ben Curtis Golf Classic über die Bühne.
Der Open-Champion von 1999 erinnert sich an seinen größten Erfolg und spricht über seine zukünftigen Pläne. Paul Lawrie DREI FRAGEN AN…
Es ist jetzt 22 Jahre her – welche Erinnerungen haben Sie an Ihren Open-Sieg? Nun, offensichtlich steht der Claret Jug zu Hause – er befindet sich im Trophäenschrank imEsszimmer, also sehe ich ihn sehr oft zu denMahlzeiten! Es ist eine erstaunliche Sache, und ich hätte nie gedacht, dass ich dazu in der Lage wäre. Ich habe immer nochMühe zu verstehen, dass mein Name wirklich dort steht. Aber er ist dort und kommt nie mehr ab! Inwieweit planen Sie noch auf der Senioren Tour zu spielen? Ich habe mein letztes European Tour Event, mein 620., bei den Scottish Open absolviert und jetzt ist mein Plan, bei den Senioren zu spielen. Ich hatte ein wenig Mühe, Einladungen auf der Champions Tour zu bekommen, denn einMajor-Gewinner zu sein, bringt dich nicht mehr automatisch rein. Mein Rücken macht auch weiter Probleme, aber ich versuche das auf die Reihe zu bekommen. Ich habe in den letzten Monaten wie verrückt Stretching ge- macht. Ich werde nur maximal 15 Events im Jahr spielen, also sollte ich dazu in der Lage sein. Wie stolz sind Sie, der diesjährige Junior Ryder Cup-Kapitän zu sein? Es ist schon seit LangemTeil meiner Mission – zu versuchen, Kindern das Spiel näherzubringen – und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie begeistert ich bin, dafür gefragt worden zu sein. Für mich ist es die ultimative Rolle.
2003
The Open 2003 brachten wohl einen der größ- ten Überraschungssieger aller Zeiten zum Vor- schein. Ben Curtis, zu der Zeit Nummer 396 in der Weltrangliste, holte sich in Royal St. Georges bei seiner überhaupt ersten Major- Teilnahme gleich den Claret Jug. Ein Sieg beim Major-Debüt gelang zuvor nur Francis Ouimet bei den U.S. Open 1913.
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Der in Columbus, Ohio, ge- borene Curtis zeigte in der Folge, dass er mehr als ein „One Hit Wonder“ war und holte noch drei weitere Titel
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Ben Curtis: Die Familie steht für ihn im Vordergrund
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TOPS
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FLOPS
TOLLE MIXED PREMIERE
Es war ein Novum auf der Euro- pean Tour, was Gastgeber Henrik Stenson und Annika Sörenstam mit ihrem Turnier Scandinavian Mixed Hosted by Henrik & Annika auf die Beine gestellt hatten. Allem voran das einzigartige Format. 78 Damen und 78 Herren
477 Starts auf der European Tour hatte Richard Bland , 48, vor der Woche beim British Masters auf seinem Konto. Eine bewegte Laufbahn mit Top-Platzierungen, aber auch Abstiegen und Q-Schools. Mit dem Heim-Sieg im berühmten The Belfry krönte der Engländer ein Vierteljahrhundert auf der European Tour endlich mit einem Sieger-Pokal.
Zehn Strafschläge kassierte Mark Hensby während Runde eins der Palmetto Champion- ship. Der Australier bemerkte nach acht Löchern, dass der Ball, den er auf Bahn vier ins Spiel gebracht hatte, nicht sein regulärer Ball war. Die Folge des Missgeschicks: Für jedes Loch, das er mit dem „fremden“ Ball absolvierte, erhielt er jeweils zwei Strafschläge; in Summe eben zehn.
Sörenstam, Caldwell und Stenson
HISTORISCHER SIEG: MAJOR FÜR SASO traten gegeneinander an, mit dem einzigen Unterschied, dass die Damen von den vorderen Abschlägen spielen durften. Dabei schaffte der Nordire Jonathan Caldwell mit dem Sieg seinen internatio- nalen Durchbruch. Der Spanier Adrian Otaegui verpasste mit einem 3-Putt auf dem letzten Loch ein Stechen, während die Engländerin Alice Hewson als beste Dame den alleinigen dritten Platz behaupten konnte. Beste Deutsche im Feld wurde Olivia Cowan auf dem geteil- ten zehnten Rang.
Im folgenden Stechen, das die beiden Kontrahentinnen über Loch Neun und 18 führte, spiel- ten beide zunächst Par, dann ge- lang Saso auf der Neun das alles entscheidende Birdie zum Sieg. „Ich habe keine Ahnung, was ge- rade auf den Philippinen abgeht, aber ich bin so dankbar über die zahlreichen Fans, die mich un- terstützt haben”, so Saso, die mit 19 Jahren, elf Monaten und 17 Tagen den Rekord als jüngste Siegerin der U.S. Women’s Open Championship von Inbee Park aus dem Jahr 2008 egalisierte.
Die Woche wird ihr lange in Er- innerung bleiben. Yuka Saso gewann als erste Golferin von den Philippinen ein Major, ge- nauer gesagt die 76. Austragung der U.S. Women’s Open Cham- pionship. Auf dem Lake Course des Olympic Club in San Francisco profitierte die 19-Jährige vom Scheitern von Lexi Thompson und erfüllte sich damit einen lange gehegten Traum. Runden von 69, 67, 71 und 73 Schlägen (280, –4) ließen am Sonntag Saso und Nasa Hataoka (72, 69, 71, 68) gleichauf liegen.
Die LPGA Tour hat nach dem Abgang von Mike Whan , der neuer CEO der USGA wird, mit Mollie Marcoux Samaan eine neue Führung. „Die Rolle der LPGA-Kommissarin gehört wohl zu den besten Jobs, die es im Sportbereich gibt und ist so etwas wie die Chance meines Lebens“, sagte Marcoux Samaan, die bis zuletzt als Sportdirekto- rin an der Princeton University tätig war, in einer Erklärung.
Der Argentinier Angel Cabrera wurde von Brasilien in seine Heimat ausgeliefert, um sich wegen der Anklage wegen Kör- perverletzung gegen drei ehe- malige Partner vor Gericht zu verantworten. Der 51-jährige zweifache Major-Sieger, der sowohl das Masters als auch die U.S. Open gewonnen hat und als erfolgreichster südamerika- nischer Golfer gilt, saß seit Januar im Gefängnis, als ihn die brasi- lianische Polizei mit einem Interpol-Haftbefehl festnahm.
Mit zwei Siegen in Folge bei den REX Hospital Open und dem BMW Charity Pro-Am auf der Korn Ferry Tour schaffte Mito Pereira den direkten Auf- stieg auf die PGA Tour. Da der Chilene letztes Jahr schon in Kolumbien gewinnen konnte, erfüllte er die „Drei Siege pro Saison“-Regel, die zum auto- matischen Upgrade auf die PGA Tour führt.
Lexi Thompson sah schon wie die sichere Siegerin der U.S. Women’s Open aus, als sie mit fünf Schlägen Vorsprung auf die letzten neun Löcher ging. Nach einem Doppel-Bogey auf der 11 fiel ihr Spiel aber zuse- hends auseinander und am Ende verpasste sie um einen Schlag das Stechen.
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CEJKA, ZUM ZWEITEN
DIE BESTEN PUTTER AUF DER PGA TOUR?
Das Senioren-Märchen von Alex Cejka geht in eine neue Runde. Nach dem sensationellen Sieg bei der Regions Tradition holte er sich auch beim zweiten Major des Jahres den Titel. Auf dem an- spruchsvollen Platz des Southern Hills Country Club in Oklahoma war der 50-jährige Deutsche bei der Kitchenaid Senior PGA Championship eine Klasse für sich. Vor allem ein überragendes kurzes Spiel, das Cejka (End- ergebnis: –8) einen Vorsprung von vier Schlägen auf Tim Petrovic
0,990* LOUIS OOSTHUIZEN
Zweiter Major-Titel für Alex Cejka
bescherte, zeichnete den gebürtigen Tschechoslowaken, der in Las Vegas lebt, aus. Cejka traf am Final-Sonntag acht von 14 Fair- ways sowie nur die Hälfte aller Grüns. Doch um und auf den Putt- flächen agierte keiner auch nur ansatzweise ähnlich präzise. „Es ist unglaublich“, erklärte der glückliche Sieger. „Nun selbst auf dieser Trophäe mit all diesen unglaublichen Namen zu stehen, ist ein wahr gewordener Traum. Am Montag, als ich zum ersten Mal hier gespielt habe, bin ich über diese Fairways gelaufen und habe mich an die legendären Turniere im Fernsehen erinnert, die hier stattgefunden haben. Ich kann nicht einmal beschreiben, wie es sich anfühlt, hier zu sein und die Trophäe in den Händen zu halten.“
0,939* BRENDON TODD
0,880* ZACH JOHNSON
Die Gewinner der German Boys & Girls Open 2021 stehen fest: Bei der 17. Auflage des internationalen Turniers der Alters- STARKER NACHWUCHS
0,850* PATRICK REED
klasse bis 18 Jahre holten sich die Schwedin Meja Örtengren und der Tscheche Filip Jakubcík im GC St. Leon-Rot die Siegerpokale.
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0,836* JASON KOKRAK
Meja Örtengren (oben) und Filip Jakubcík
* Strokes gained Putting 2021 auf der PGA Tour
ENDE DER TESTS Die PGA Tour plant, die COVID-19-Tests bei den Turnieren vor Ort für Spieler, Cad- dies und Offizielle im Juli einzu- stellen. Spieler und Caddies, die vollständig geimpft sind, werden von den Tests ausgenommen, und wenngleich die Tour darauf hin- weist, dass „diese keine Impfung vorschreibt“, ermutigt sie dennoch die Spieler, dies zu tun.
FRAUEN-POWER bereits sechsten Mal ging am 1. Juni der Women‘s Golf Day (WGD) über die Bühne. An 941 Schauplätzen in mehr als 80 Ländern der Welt tra- fen sich Frauen und Mädchen zum Golfspiel. Als besonderes Highlight durfte WGD-Gründerin Elisa Gaudet eine Woche zuvor schon an der New York Stock Exchange die Eröff- nungsglocke läuten. Zum
FUSSBALL TRIFFT GOLF Fans des Chelsea Football Clubs können jetzt den Champions-League-Triumph ihres Teams auf dem Golfplatz mit einer maßgeschneiderten Kollektion von Callaway Golf-Accessoires feiern. Das Sortiment umfasst u. a. Golfbälle, Headcover für Driver und Putter, einen Handschuh (mit inte- griertem magnetischen Ballmarker), Handtücher und Pitchgabeln.
SCHLÄGEREI Unschöne Szenen spielten sich beim Qualifyer für die Korn Ferry Wichita Open ab. Der Kommentar eines Spieler-Vaters brachte die aufgeheizte
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Stimmung zum Explo- dieren. Worauf sein Sohn Luke Smith Spielpartner Austen Daily mit Fäusten niederstreckte.
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COUNTDOWN | NEWS
Bei zwei Golfstars erklangen die Hochzeitsglocken. Brooksie ging zum Boxen und NFL-Ass Pat Mahomes lud zum Golfen – die Höhepunkte aus den sozialen Medien. TWEET IT!
Englands Golf-Ass Lee Westwood traute sich zum zweiten Mal. Der 48-Jährige ehelichte seine Verlobte und Caddie Helen Storey in der Spieler-Metropole Las Vegas.
Kansas City Chiefs-Quarter back Pat Mahomes ist ein begeisterter Hobby-Golfer und veranstaltete auf Hawaii zum ersten Mal das karitative Golf-Event „15andMahomies Aloha Golf Classic“.
Brooks Koepka ging zur Ablenkung von der Social Media- Fehde mit Bryson DeChambeau zum Boxen – als Zuschauer des Floyd Mayweather vs. Logan Paul-Boxkampfes in Miami.
Der zweifache Masters-Champion Bubba Watson ist seit vielen Jahren treuer PING-Botschafter. Nun durfte seine Toch- ter Dakota zum ersten Mal den „heiligen Gral“ mit den goldenen PING- Puttern besuchen.
Women’s Open-Siegerin Sophia Popov zeigt weiterhin starke Leistungen auf der LPGA Tour. Beim Matchplay-Event in Las Vegas musste sie sich erst im Final-Match geschlagen geben. In den Social Media zog sie dennoch ein rundum positives Resümee.
Tyrrell Hattons Hochzeit verlief eher kurios. Der Fahrer verspätete sich, also kam das Brautpaar eine halbe Stunde zu spät zu seiner eigenen Vermählung. Doch Ende gut, alles gut!
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COVER | JON RAHM
ALLES NUR
MAJOR-DURCHBRUCH In seinem ersten Turnier nach dem positiven Test auf das Coronavirus fing Jon Rahm in Torrey Pines mit Birdies auf den letzten beiden Löchern Louis Oosthuizen noch ab und holte als erster Spanier den Titel bei den U.S. Open.
Von Markus Scheck
D
von den Offiziellen abgefangen und über das Ergebnis des Tests informiert wurde, krümmte sich der Spanier und wischte sich die Trä- nen aus den Augen. Es waren dies wohl die bittersten Momente in dieser Saison auf der PGA Tour, durfte Rahm bei seiner Titelver- teidigung in Muirfield Village trotz des siche- ren Sieges vor Augen nicht zur Finalrunde antreten. STRENGES PROTOKOLL Die PGA Tour erklärte, dass sich Rahm vor dem Turnier in unmittelbarer Nähe zu einer Person aufgehalten hatte, die sich
ie Entscheidung der 121. U.S. Open war an Spannung und Theatralik kaum zu über- bieten. Am Ende war es Jon Rahm, der die Entschlossen- heit fand, die letzten beiden
Löcher des Torrey Pines South Course mit jeweils Birdie zu beenden, um Amerikas nationale Golfmeisterschaft mit einem Schlag Vorsprung auf den Südafrikaner Louis Oost- huizen zu gewinnen. Der Sieg war Rahms erster bei einem der vier Majors und er war damit auch der erste Spanier in der Ge- schichte, der jemals eine U.S. Open für sich entscheiden konnte. Doch blenden wir zwei Wochen zurück. Am 5. Juni führte Rahm nach einer Traumrunde von 64 Schlägen (8-unter-Par) das Memorial Tournament in Ohio mit überlegenen sechs Schlägen an, bevor ein positiv ausgefalle- ner Coronavirus-Test ihn aus seinen Sieg- Träumen warf. Als „Rahmbo“ am 18. Grün
mit COVID-19 infiziert hatte und deshalb unter besonderer Aufsicht
ABGEFÜHRT Unwürdiger Abgang nach einem positiven COVID-Test von Jon Rahm beim Memorial Tournament
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COVER | JON RAHM
stand. Laut Regularien durfte er lediglich unter der Voraussetzung beim Memorial an- treten, sich nach jeder Runde testen zu lassen und einige Innenbereiche zu meiden. Ein Test von Samstagvormittag fiel dann leider positiv aus. Während die Golfwelt in Schockstarre verfiel und die meisten Fans nicht glauben konnten, was soeben passiert war, nahm es der Spanier, der wenige Wochen zuvor zum ersten Mal Vater geworden war, in einem ersten Statement fair zur Kenntnis: „Ich bin sehr enttäuscht, dass ich nicht mehr beim Memo- rial Tournament weiterspielen darf”, erklärte der Spanier. „Dies gehört zu den Dingen, die im Leben passieren; diesen Momenten, in denen die Art und Weise, wie wir auf einen Rückschlag reagieren, uns als Menschen defi- niert. Ich bin sehr dankbar, dass es meiner Familie und mir gut geht. Ich werde alle not- wendigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und ich freue mich darauf, so schnell wie möglich auf den Golfplatz zurückzukehren.“ ZURÜCK IN TORREY PINES Nach zwei negativen Tests war es dann so weit und Jon Rahm durfte vorzeitig und gerade noch rechtzeitig zu den U.S. Open die Qua- rantäne verlassen und nach San Diego reisen. Ein Ort, der für die Rahm-Familie eine große Bedeutung hat. In Torrey Pines feierte die ehemalige Nummer eins der Amateur- Weltrangliste 2017 bei der Farmers Insurance Open ihren ersten PGA Tour-Titel. Und hier machte Jon seiner heutigen Frau Kelley den Heiratsantrag. „Ich hatte einfach ein gutes Gefühl, als ich wusste, dass ich nach San Diego komme“, sagte Rahm, den die Landschaft und das Ambiente in Torrey Pines stark an seine Heimat im spanischen Baskenland erinnern. „Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir hier-
MAJOR-DADDY U.S. Open-Champion Jon Rahm mit Frau Kelley und dem zwei Monate alten Sohn Kepa
her kommen. Es musste wohl alles genau so passieren, jeder Teil der Reise.“ Dazu gehörte, so Rahm, auch das, was beim Memorial-Turnier passierte. „Ich war nicht eine Sekunde lang über irgendetwas nachtragend, und ich gebe niemandem die Schuld", sagte er nach seinem historischen U.S. Open-Triumph am amerikanischen Vatertag. „Covid ist leider Realität. Wir haben viele Menschen verloren. Die Leute sagten, es sei nicht fair, aber es ist halt das, was getan werden musste. Und all das führte zu diesem Moment hier.“ VOM HEISSSPORN ZUM FAMILIENVATER Als Jon Rahm nach der Siegerehrung am 18. Grün stand, hielt er seinen kleinen Sohn Kepa, der vor zwei Monaten das Licht der Welt erblickte, in den Armen, lächelte und sah sich zu seinen Eltern, die extra nach San
Diego angereist waren, und anderen Mitglie- dern seiner Großfamilie, um. „Auch wenn der Vatertag in Spanien ein anderer Tag ist, werden wir ihn hier heute groß feiern“, sagte er, „und wir werden Spaß haben, denn auf diesem Grün stehen gerade drei Generationen von Rahms. Einer von ihnen weiß zwar noch nicht wirklich, was los ist, aber ich bin froh, dass er es in Zukunft sehen und genießen wird.“ Sohn Kepa könnte auch der Schlüssel dafür sein, dass Rahm, der in der Vergangen- heit auch gerne einmal durch Heißblut und Wutanfälle aufgefallen war, so abgebrüht über die fordernden Bahnen von Torrey Pines spazierte. „Ich glaube fest an Karma, und nach dem, was vor ein paar Wochen passiert ist, bin ich die ganze Zeit positiv geblieben, weil ich wusste, dass große Dinge kommen würden”, so Rahm nach seinem Sieg. „Ich wusste nicht, was es genau sein würde, aber ich wusste, dass wir zu einem
DIE EWIGE BRAUTJUNGFER
Schlag auf ein Stechen mit Rahm.
Letzten Monat musste sich Louis bei der PGA Championship noch Altmeister Phil Mickelson geschlagen geben und auch bei den U.S. Open lag er bis kurz vor Schluss in Führung. Das Bogey auf Loch 17 nach einem verzogenen Abschlag ins Hindernis wird dem Südafrikaner wohl noch länger schmerzhaft in Erinnerung bleiben, denn am Ende fehlte genau ein einziger
Louis Oosthuizen kann einem langsam leidtun. Zum zweiten Mal in Folge und zum ins gesamt sechsten Mal bereits landete der Südafrikaner bei einem Major-Turnier auf dem „undankbaren“ zweiten Platz. Man ist geneigt zu sagen, zum Glück gewann der heute 38-Jährige 2010 die Open Championship in St. Andrews, denn sonst wäre sein Schicksal von geradezu tragischer Natur.
„Ja, das nervt natürlich. Und es ist enttäuschend“, sagte Oosthuizen im Anschluss. „Ich spiele eigentlich gutes Golf, aber ein Major zu gewinnen, passiert halt nicht einfach von selbst. Du musst rausgehen und richtig gutes Golf spielen. Es war gut, aber eben nicht gut genug. Aber ich werde weiter an die Major-Türe klopfen.“
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ganz besonderen Ort reisen. Die Tatsache, dass meine Eltern kommen konnten, dass ich früh aus dem COVID-Protokoll heraus- kam, gab mir das Gefühl, dass sich die Sterne genau in meine Richtung ausrichten.“ GEDENKEN AN SEVE Rahm ist nun ein Major-Sieger, wieder die Nummer eins der Welt und um 2.25 Millio- nen US-Dollar reicher. Seinen Sieg widmete er der spanischen Golf-Le-
KAYMER MIT LEBENSZEICHEN
Mit Amateur Matthias Schmid gab es einen zweiten Deutschen im Feld, der sich bei den Qualifikationsturnieren sensationell für das Major qualifiziert hatte. Die Herausforderung U.S. Open war dann aber doch noch eine Nummer zu groß. Mit zwei 76er-Runden verpasste er bei +10 doch deutlich den Cut. Damit war Schmid aber in guter Gesellschaft, denn auch so prominente Spieler wie Justin Rose, Tyrrell Hatton, Henrik Stenson sowie der Österreicher Bernd Wiesberger (um einen Schlag) hatten am Wochenende ungeplante Tages- freizeit.
Auch Deutschlands Martin Kaymer, der vor genau sieben Jahren bei den U.S. Open in Pinehurst seinen zweiten Major-Titel und gleichzeitig bis heute letzten Sieg verbuchen konnte, ver suchte es mit Klopfzeichen. Nach einer schwachen Auftaktrunde spielte er sich mit einem tollen Eagle auf der 18 in
gende Seve Ballesteros, der fünf Major-Titel holte, aber niemals die U.S. Open gewinnen konnte. Vor zehn Jahren starb Seve im Alter von 54 Jah- ren an einem Gehirn- tumor. „Es fällt mir schwer zu erklären, was gerade passiert
Runde zwei noch in den Cut. Am Moving Day ging es weiter nach vorne, in der Finalrunde wieder zurück. Am Ende sprang
ein Hoffnung spendender geteilter 26. Rang heraus.
ist, weil ich nicht glauben kann, dass ich die letzten beiden Putts gemacht habe und nun der erste spanische Spieler bin, der die U.S. Open gewonnen hat“, so Rahm. „Das ist defi- nitiv für Seve – ich weiß, dass er alles versucht hat und nichts mehr wollte, als dieses Turnier zu gewinnen. Er wäre sicher stolz jetzt.“ GT
TURNIERE | BMW INTERNATIONAL OPEN
MÜNCHNER SPEKTAKEL BMW INTERNATIONAL OPEN Martin Kaymer greift an, doch Viktor Hovland bleibt eiskalt. Und sonst? Albatross-Spektakel, Kaymer-Trubel und Pro-Am-Prominenz. sich das Tagesergebnis des Norwegers zunächst nicht unter Par bewegte. Ein ungewohntes Gefühl für den 23- Jährigen, der als einer der Star-Spieler von den U.S. Open direkt nach München-Eichenried gereist war. Denn an den Tagen zuvor hatte ihm seine aggressive Herangehens- weise stets Runden deutlich unter 70 Schlägen beschert. Was Hovland an diesem Sonntag zusätzlich Grund zum Nachdenken gab, war ein furios aufspielender Lokalmatador: Martin Kaymer fand an diesem Final- sonntag vor leider nur 400 Zuschauern auf der Anlage des GC München-Eichenried zur Bestform. Seine Runde E Von Thomas Fischbacher s lief lange nicht nach Plan für Viktor Hovland in der Finalrunde der BMW International Open 2021. Ein paar Drei-Putts sowie die ein oder andereunpräziseAnnäherung führtendazu, dass
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1 Starker Auftritt: Top-Amateur Matthias Schmid wird 14. 2 Große Ehre: Padraig Harrington nominiert Martin Kaymer als Vize beim Ryder Cup 3 Champagner für Albatross: Vincent Norrman gelingt Traumschlag 4 Spaß beim Pro-Am: Gewinnspiel-Sieger Joachim Karl 5 Dress für Tokio: Max Kieffer vertritt Deutschland bei Olympia 6 Prominenz beim Pro-Am: Veronica Ferres
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ERGEBNISSE BMW INTERNATIONAL OPEN 2021 1. Hovland, Viktor (NOR) 68 67 64 70 269 (-19)
229.650 €
2. Kaymer, Martin (GER) 3. Campillo, Jorge (ESP) 4. Dubuisson, Victor (FRA) 5. Wiesberger, Bernd (AUT)
70 67 70 64 271 (-17)
148.950 €
67 68 67 71 273 (-15)
85.735 €
69 69 69 67 274 (-14)
68.250 €
67 68 70 70 275 (-13)
38.122 €
Fichardt, Darren (ZAF)
67 71 65 72 275 (-13)
38.122 €
Harding, Justin (ZAF)
69 69 68 69 275 (-13)
38.122 €
Norris, Shaun (ZAF)
67 69 70 69 275 (-13)
38.122 €
Sulllivan, Andy (ENG)
68 69 69 69 275 (-13)
38.122 €
Horsfield, Sam (ENG)
64 77 66 68 275 (-13)
38.122 €
Norrman, Vincent (SWE)
69 69 71 66 275 (-13)
38.122 €
14. Schmid, Matthias AM (GER) 68 69 69 71 277 (-11)
0 €
29. Schwab, Matthias (AUT) 62. Schneider, Marcel (GER)
71 70 69 70 280 (-8)
12.365 €
69 73 70 74 294 (+6)
4.430 €
endete mit einem gelochten Fünf-Meter-Putt auf der 18 zum Birdie, der ein vollbesetztes 18. Grün so richtig in Ekstase gebracht hätte. Denn dieses abschließende Birdie war sein zehntes des Tages. Bei nur zwei Schlag- verlusten stand unter dem Strich eine sensa- tionelle 64 (–8). Was bedeutete: Zwischenzeit- lich war die Führung geteilt. Doch während Kaymer im Clubhaus nur noch tatenlos auf Fehler der Nummer 14 der Welt hoffen musste, hatte Hovland noch ein paar Löcher übrig, um sich vorne abzusetzen. Er tat dies mehr oder weniger souverän. Ein finales Birdie auf der 18 besiegelte den Sieg mit zwei Schlägen Vorsprung auf den Deut- schen. „Ich habe gesehen, dass Martin von hinten Druck gemacht hat, aber zum Glück war das Momentum am Ende auf meiner Seite“, bilanzierte Norwegens erster Sieger auf der European Tour. Kaymer über seine Traumrunde: „Heute habe ich fast jeden Putt verwandelt. Diese Momente geben Selbstvertrauen. Vor allem wenn man zuletzt nicht den Erfolg hatte, den man sich gewünscht hätte.“ KAYMERS TURBULENTE WOCHE Kaymer war wie üblich mit Jetlag von der U.S. Open in Torrey Pines zum Turnier in der Heimat gereist. Bereits vor dem ersten Schlag am Donnerstag hatte der beste deutsche Golfer im Rampenlicht gestanden. Zunächst verkündete er (wie auch Stephan Jäger) seine Absage für die Olympischen Spiele. Statt- dessen werden Hurly Long und Maximilian Kieffer Deutschland in Tokio vertreten. Dann folgte noch die Nachricht, dass er beim kom- menden Ryder Cup dabei sein wird. Padraig Harrington hat ihn und Graeme McDowell
als weitere Vize-Kapitäne für den Vergleich zwischen den USA und Europa in Whistling Straits nominiert. Was nicht bedeutet, dass er eine Teilnahme als Spieler bereits abgehakt hätte: „Ich werde kämpfen bis zum Ende. Wenn ich in Top-Form komme und ein paar Mal oben mitspiele, vielleicht kommt Padraig Grübeln musste Veronica Ferres nicht lange, als die Einladung zum Pro-Am der BMW International Open ins Haus flatterte. Bei bestemGolfwetter ging die Schauspielerin ge- meinsammit Sergio García und BMWMotor- sport Werksfahrer Bruno Spengler auf die Runde. Ebenfalls im Feld: Diskus-Olympia- sieger Lars Riedel, Comedian Chris Tall und Fußball-Vizeweltmeister Dieter Hoeneß. „Ich hatte unglaublich viel Spaß“, so Ferres nach der Runde. „Sergio ist ein wahnsinnig toller Mensch, nicht nur ein unglaublicher Weltklasse-Pro, sondern auch ein großarti- ger Coach. Er hat mir wirklich die Liebe zum Driver beigebracht.“ Gleichermaßen großen Spaß hatte unser Gewinnspielsieger Joachim Karl auf seiner Runde mit dem Südafrikaner Shaun Norris. DER SCHLAG DES TURNIERS Nicht nur der Schlag des Turniers, sondern vielleicht sogar der Turniergeschichte, gelang Vincent Norrman. Der Schwede, der bei dem Turnier sein Debüt auf der European Tour bestritt, lochte zum sensationellen Ass auf der 16 (Par 4, 243 Meter). Für seinen Sensa- tions-Coup erhielt Norrman zwar nicht den BMW iX-Hole-in-One-Preis, den gab es nur für ein Ass an der 17. Dafür aber eine Flasche Champagner. GT ja noch einmal ins Grübeln.“ FERRES MEETS GARCÍA
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TURNIERE | NATIONAL
THE WINNER Marcus Armitage posiert mit Pokal im Green Eagle Golf Courses bei Hamburg
Emotionaler Sieg für ARMITAGE PORSCHE EUROPEAN OPEN Marcus Armitage gelingt bei der Porsche European Open mit einem fulminanten Finale der erste Titel auf der European Tour. ImAnschluss fließen die Tränen. Die Veranstalter blicken auf ein gelungenes Turnier zurück. Von Thomas Fischbacher
M arcus Armitage hatte es sich an der Driving Range der Green Eagle Golf Courses gemütlich gemacht. Der Engländer saß auf einer Holzbank mit seinem Caddie und unterhielt sich. Armitage sah geschafft aus, so wie viele der Teilnehmer nach einer Runde auf dem Porsche Nord Course, dem die meis- ten Pros bei der Porsche European Open auch 2021 wieder Major-Niveau bescheinigen. Dem 33 Jahre jungen Engländer war zuvor ausgerechnet am Finaltag des auf drei Runden verkürzten Turniers gelungen, was scheinbar nicht möglich war: eine richtig tiefe Runde. Mit nur 65 Schlägen (sieben unter Par) kam er von seinem Rundgang zurück. Er notierte unter anderem ein Eagle und sechs Birdies – bei nur einem Bogey. Bei acht unter Par für das Turnier wartete er auf die Ergebnisse der
Konkurrenten, die noch unterwegs waren. Als Matthew Southgate auf der 18 (Par 5) seinen Abschlag im Wasser auf der linken Seite versenkte, schlug wenige 100 Meter wei- ter Landsmann Armitage noch konzentriert die Hölzer auf die Range. Kurze Zeit später war klar, dass für ihn kein Abschlag mehr nötig war, um den ersten Titel auf der Euro- pean Tour zu empfangen. Es stellte sich heraus, dass die Meisterleis- tung der Nr. 190 der Welt (vor dem Turnier) am Finalmontag (das Turnier wurde auf drei Runden verkürzt und von Samstag bis Mon- tag ausgetragen) auch zum Sieg ausreichen würde. Southgate hätte ein Birdie benötigt, um Landsmann Armitage in ein Stechen zu zwingen. Am Ende notierte er ein Bogey und teilte mit Thomas Detry, Edoardo Molinari und Darius van Driel den zweiten Rang.
Armitage stemmt damit in Winsen an der Luhe erstmals seit 2016 (Foshan Open, Challenge Tour) wieder einen Pokal gen Him- mel; seinen ersten auf der European Tour. „Das ist ein neues Gefühl und es ist auch noch nicht wirklich bei mir angekommen. Lustig war, dass ich wohl noch nie zuvor in einer Proberunde mehr Bälle verloren habe wie in dieser Woche auf diesem Golfplatz“, so Armitage in einem emotionalen Siegerinter- view, in dem es auch über seine verstorbene Mutter ging. „Ich bin ein emotionaler Typ und wenn ich darüber nachdenke, was das für mich, für meine Familie und meine Verlobte bedeutet, dann kommen mir die Tränen.“ Schneider der beste Deutsche Als bester Deutsche trudelte Marcel Schnei- der nach drei Birdies auf den abschließenden
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fünf Bahnen über die Ziellinie. Für Schneider war der siebte Rang auf dem Tableau nach Runden von 70, 73 und 70 Schlägen ein wich- tiger Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt auf der European Tour. „Schön, dass es nun in die richtige Richtung geht”, freute er sich nach der Runde. Casey top, Glittenberg begeistert Titelverteidiger Paul Casey, der das Turnier mit einer enttäuschenden 75 begonnen hatte, verbesserte sich auch in Runde drei noch einmal und landete nach einer 68 auf dem geteilten sechsten Rang. „Es ist ein wirklich fairer Golfkurs, der aber sehr hart ist. Das ist ein Setup wie in Majors. Das ist das, was wir wollen. Die Porsche European Open sind definitiv eines der Turniere, das die Jungs gerne spielen. Toll, dass es stattgefunden hat.“ Turnierdirektor Dirk Glittenberg zeigte sich begeistert: „Diese Porsche European Open waren einzigartig auf vielen Ebenen. Die Rückkehr der Weltklasse nach Deutschland, die Rückkehr der Zuschauer bei einem Event der European Tour in Europa – all das hat dieses Turnier zu einem besonderen Erlebnis gemacht. Ich danke allen Beteiligten, die diese große Herausforderung mit uns ange- nommen haben, allen voran unserem Titel- partner Porsche, der Tour und natürlich den Fans hier auf der Anlage, die für ein fast ver- gessenes Live-Erlebnis gesorgt haben.“ Martin Kaymer, Henrik Stenson und Abra- ham Ancer konnten den Zuschauern am Montag keine spektakulären Golfschläge mehr zeigen. Das Trio durfte zur dritten Runde nicht mehr antreten. Kaymers erster Auftritt auf dem Porsche Nord Course endete drei Schläge unterhalb der Cut-Linie bei sechs über Par. „Es ist wirklich einer der schwersten Plätze, die ich auf der European Tour gespielt habe und definitiv der schwerste Platz in Deutschland“, so Kaymers Kommentar. „Es ist eine enttäuschende Woche auf dem Golf-
UNFALL BEIM SHOOTOUT Stenson schießt den Vogel ab
FAST VERGESSENES ERLEBNIS Die bis zu 2.000 Zuschauer sorgten für tolle Atmosphäre
am späten Donnerstagabend vor der Porsche European Open Paul Casey, Martin Kaymer, Henrik Stenson, Abraham Ancer und Max Kieffer für eine Sternstunde. Auf dem imposant beleuchteten Par bril- lierten die Top-Spieler im Feld nicht nur stel- lenweise mit Schlägen, die nur Zentimeter neben der 155 Meter entfernten Fahne zum Liegen kamen. Mit dem tatsächlich letzten Schlag beendete Henrik Stenson das beeindruckende erste Night Shootout mit einem lauten Knall. Er traf nicht ins Loch, er traf nicht einmal das Grün – doch er traf die Drohne, die über ihm für die Bilder aus der Luft zuständig war. GT
platz, aber ich habe mich abseits des Platzes gut amüsiert“, erklärte Stenson. „Alle sind freundlich und es herrscht eine nette Atmo- sphäre. Ich hoffe also, dass ich irgendwann in der Zukunft wiederkommen werde.“ Ähnlich äußerte sich Ancer, der sich wie alle Profis über die Rückkehr der Zuschauer freute: „Es ist so schade, denn ich war wirklich motiviert für dieses Event und ich denke, alle haben einen tollen Job gemacht.“ Stenson schießt Drohne ab Einen weniger guten Job machte Open- Gewinner Stenson übrigens beim nächtlichen Shootout im Vorfeld des Turniers. Auf der 17. Bahn des Porsche Nord Course sorgten
TURNIERE | INTERVIEW
OLYMPISCHER BOTSCHAFTER Antony Scanlon managt die olympischen Geschicke des Golfsports
EXKLUSIV IGF-Generalsekretär Antony Scanlon erwartet trotz Einschränkungen und ersten Absagen ein rundum erfolgreiches olympisches Golfturnier 2021. EINZIGARTIGES VERMÄCHTNIS
Die Corona-Pandemie hat die Olympischen Spiele in Tokio um ein Jahr verschoben. Können Sie uns kurz erzählen, wie Sie diesen Prozess aus erster Hand erlebt haben? Auf persönlicher Ebene habe ich als in der Schweiz lebender Australier nicht nur die Auswirkungen der Lockdowns in ganz Europa auf Familie, Freunde und Mitarbeiter aus erster Hand erlebt, sondern auch die Aus- wirkungen auf Familie und Freunde in Australien, die widerspiegeln, was für eine globale Krise das wirklich ist. Auf professioneller Ebene gab es enorme Auswirkungen, die zur Verschiebung der Olympischen Spiele führten und erhebliche Anpassungen in der Vorbereitung auf die Durchführung der Wettkämpfe im Jahr 2021 nötig machten. Wie ist der aktuelle Stand für die kommen- den Olympischen Spiele und welche Anpas- sungen mussten vorgenommen werden?
Von Markus Scheck
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nde Juli beginnen mit einer Verzögerung von einem Jahr die Olympi- schen Sommerspiele in Tokio. Für den Golfsport eine zweite Bewäh- rungsprobe nach der gelungenen Premiere 2016 in Rio de Janeiro. Antony Scanlon managt als Generalsekretär der International Golf Federation die olympischen Geschicke des Golfsports und berichtet im GOLF TIME-Exklusiv-Interview über die letzten Vorbereitungen.
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HISTORISCH Olympisches Golfturnier in Rio – mit Inbee Park, Lydia Ko und Shanshan Feng sowie Stenson, Rose und Kuchar als Medaillengewinner
Wir sind im vollen Vorbereitungsmodus mit der klaren Erwartung, dass die Olympi- schen Spiele wie geplant stattfinden werden, jedoch mit erheblichen Modifikationen zum Schutz unserer Athleten und derjenigen Fans, die vor Ort erlaubt sind. Wie Sie wahrscheinlich wissen, stand der professio- nelle Golfsport an vorderster Front bei der Implementierung bahnbrechender Tests und Protokolle, um eine sichere Rückkehr des Turniergeschehens zu ermöglichen, lange bevor dies die meisten anderen Sport- arten konnten. Vor diesem Hintergrund hat sich das IGF mit den führenden Profi- Touren beraten, um diese Praktiken anzu- wenden und zu verfeinern, um eine sichere Umgebung im Kasumigaseki Country Club zu gewährleisten. Natürlich mussten wir große Anpassun- gen in Bezug auf den gesamten Zugang und die Vorbereitungen innerhalb und außer- halb des Platzes vornehmen, einschließlich Tests, Medienaktivitäten und Bewirtung. Aber es geht immer noch um den Wett- kampf und wenn alles bereit ist, erwarten wir zwei herausragende Wochen bei Män- nern und Frauen, wie wir sie in Rio gesehen haben. Wie stark ist das olympische Golfturnier davon betroffen? Auf Männerseite gab es bereits einige Ab- sagen, z. B. von Dustin Johnson, Adam Scott, Lee Westwood oder Bernd Wiesberger. Können wir dennoch ein starkes Teilneh- merfeld erwarten und wie kann man die Spieler davon überzeugen, die lange Reise nach Japan während eines vollen Turnier- kalenders im Sommer anzutreten? Diese Spieler haben ihre persönlichen Gründe für die Absage angegeben, und wir respektieren ihr Recht, dies zu tun. Trotz- dem verbleibt die überwiegende Mehrheit
Wie nach Rio werden wir den Wett- bewerb nach Tokio analysieren und über- legen, ob das Zählwettspiel nach wie vor die beste Option für olympisches Golf ist. Dazu gehört auch die Diskussion mit den Athle- ten. Wir waren von den Ergebnissen 2016 begeistert, als wir sechs Medaillengewinner aus sechs verschiedenen Ländern hatten und bis zu den letzten Löchern Spannung da war. Aber wir bleiben aufgeschlossen und ziehen alle Optionen in Betracht. Japan ist ja bekannt für seine einzigartige und faszinierende Kultur. Inwieweit wird dies die Olympischen Spiele 2021 prägen? Was die Olympischen Spiele zu einem be- sonderen Ereignis für die Athleten und Fans macht, ist, dass keine Spiele gleich sind, egal wo sie stattfinden. Die Umsetzung jeder Vision spiegelt die kulturelle Dynamik des Gastgebers wider. Tokio 2021 ist keine Aus- nahme. Ihre Vision ist es, die innovativsten Spiele aller Zeiten zu veranstalten, indem sie die weltweit besten Technologien im Spiel- betrieb übernehmen und diese mit japani- schem Omotenashi oder Gastfreundschaft für alle Besucher und Athleten kombinieren. Zu wissen, dass wir zwei Wochen lang einen unglaublichen Wettbewerb haben wer- den und schließlich die Möglichkeit, sechs olympische Medaillen zu vergeben. Ich weiß, dass es für viele der weltbesten Spieler eine große Ehre ist, die Chance zu haben, als Olympioniken anzutreten und ihr Land zu repräsentieren, selbst in einem Jahr mit bei- spiellosen Einschränkungen. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass diese Spiele unse- ren Athleten immer noch ein einzigartiges, unvergessliches und lohnendes Erlebnis bieten und jungen Golfern auf der ganzen Welt als Inspiration dienen werden. GT Worauf freuen Sie sich diesen Sommer in Tokio am meisten?
der Top-Spieler im Qualifikationsprozess und ich denke, sie verstehen die einzigartige Chance, als olympischer Athlet ein persön- liches Vermächtnis zu schaffen. Sie haben nun die Möglichkeit, etwas zu erreichen, was die größten Spieler der Geschichte nicht hatten. Viele Spieler befürchten, dass das „olym- pische Erlebnis“ mit dem Athletendorf, dem Bilden von Freundschaften über die Sport- arten hinweg usw. dieses Mal aufgrund der geltenden Beschränkungen nicht dasselbe sein wird. Was meinen Sie dazu? Ich würde sagen, es ist eher Erkenntnis als Angst, aber das ist ein weiteres unglück- liches Nebenprodukt der COVID-19-Pande- mie. Ich glaube jedoch erneut, dass das Vermächtnis, olympischer Athlet zu sein und um eine Medaille zu kämpfen, die Entscheidung eines Spielers zur Teilnahme maßgeblich beeinf lussen wird, auch wenn die Erfahrung dieses Mal nicht unbedingt „normal“ sein wird. Wie werden sich die Verzögerung und die Pandemie auf zukünftige Ausgaben der Olympischen Spiele in Paris 2024 und Los Angeles 2028 auswirken? Es hat geholfen, ein Playbook über die Vorbereitungen auf unvorhergesehene Um- stände zu entwickeln, das es vorher nicht gab, und vielleicht gibt es Elemente, die für alle zukünftigen Olympischen Spiele um- gesetzt werden können und sollten, aber im Allgemeinen können wir hoffentlich zu dem zurückkehren, was wir als normale Vor- bereitungen bezeichnen würden für Paris und darüber hinaus. Bleiben Sie in Zukunft beim Zählwettspiel- Format oder diskutieren Sie vielleicht ein Match-Play-Element, wenn es um die Medaillen geht?
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