GOLF TIME 4/2025
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ie 125. U.S. Open im legen dären Oakmont Country Club wurde ihrem mar tialischen Beinamen voll gerecht: „Die Schlacht von
Oakmont“ forderte Geduld, Präzision – und eiserne Nerven. In einem Turnier, das von sintflutartigen Regenfällen, knüppel harten Grüns und emotionalen Tiefpunk ten geprägt war, ging am Ende ein Spieler als unwahrscheinlicher Held hervor: J. J. Spaun. Der 34-jährige Kalifornier, bislang ohne ganz großen Major-Erfolg, krönte sich mit einem beherzten Finaltag zum U.S. Open Champion 2025 – in einem Club, dessen Geschichte mit Namen wie Hogan, Nick laus und Els verwoben ist. Spaun spielte eine fast perfekte Schlussrunde (68) und nutzte die Fehler der Konkurrenz gnaden los aus. Insbesondere Sam Burns, der nach drei Runden in Führung lag, erlebte eine dramatische Implosion. EIN KLASSIKER DER LEIDEN Burns führte nach 54 Löchern mit zwei Schlägen Vorsprung. Doch am verregneten Finalsonntag zeigte sich Oakmont von sei ner brutalsten Seite. Dauerregen hatte den Platz in ein rutschiges Minenfeld verwan delt. Die Grüns wurden unberechenbar, die Fairways rutschig – und Burns verlor völlig den Rhythmus. Vier Bogeys auf den ersten neun Löchern, zwei Wasserbälle auf den Back Nine, ein nicht gewährter Free Drop aus zeitweiligem Wasser auf dem 15. Fairway, der in einem Doppel-Bogey mün dete, und ein verzweifelter Dreiputt auf der 17. Als Burns mit gesenktem Blick vom 18. Grün schlich, stand eine 78 (+8) auf der Scorekarte – und ein Absturz auf Rang 7. Oakmont bot einmal mehr die perfek te Kulisse für eine USGA-Prüfung alten Stils. Der Regen verwandelte die finalen Runden in eine epische Geduldsprobe, bei der mentale Stärke wichtiger war als reiner Ballstriking-Glamour. Während Deutsch lands Stephan Jäger und Österreichs Sepp Straka bereits nach zwei Tagen die Koffer packen mussten und auch Stars wie Rory McIlroy, Scottie Scheffler und Viktor Hov land unter den Bedingungen litten, blieb der Kalifornier Spaun ruhig – fast stoisch. Mit durchdachtem Course Management überwand er den kapitalen Fehlstart in die Finalrunde (fünf Bogeys auf den ersten sechs Löchern) und legte mit Birdies auf den Löchern 12, 14 und 17 das Fundament für den größten Triumph seiner Karriere. Und dann kam der Moment, den man in Oakmont so schnell nicht vergessen
Sam Burns verzweifelt in der Finalrunde an den teils grenzwertigen Spielbedingungen
in die Arme sprang. Der längste gelochte Putt seiner Karriere – und ohne Frage der wichtigste. Mit diesem einen Schlag schrieb Spaun nicht nur Golfgeschichte, sondern stellte Oakmont ein Denkmal. Mit einem Gesamtscore von -1 gewann der 34-jährige Spätstarter die 125. U.S. Open und war im Anschluss natürlich überglücklich. „Ich habe immer davon ge träumt, bei einem Major zu bestehen“, sag te Spaun, die silberne U.S.-Open-Trophäe umklammernd, „aber dass es hier in Oak mont passiert – im Regen, unter diesen Be dingungen –, das fühlt sich fast surreal an.“ STILLER KRIEGER AUS SCHOTTLAND Hinter Spauns Triumph spielte sich fast unbemerkt eine der stärksten Leistungen der Woche ab: Robert MacIntyre, der Linkshänder aus Oban, Schottland, wurde mit nur zwei Schlägen Rückstand alleini ger Zweiter. In seinem typischen Under statement-Stil kämpfte sich der 28-Jährige mit einer feinen 68er-Schlussrunde (-2) durch Wind und Wetter – und brachte sich damit erstmals ernsthaft in Major-Gesprä che. Nach einem Birdie auf Loch 17 war der schottische „Braveheart“ Führender im Clubhaus und musste mitansehen, wie Spaun ihm am letzten Loch den Sieg weg schnappte. Als bekannt fairer Sportsmann applaudierte Bob dem Sieger. „Ich habe alles gegeben. Oakmont hat dir nichts geschenkt, du musstest es dir holen“, sagte MacIntyre sichtlich erschöpft, aber stolz über die erbrachte Leistung. GT
wird. J. J. Spaun stand auf dem 18. Grün vor einem nahezu aussichtslosen Putt: 64 Fuß (knapp 20 Meter), bergab, mit einem doppelt brechenden Break von links nach rechts – eine der schwersten Aufgaben, die dieser Platz einem Spieler in so einem Mo ment stellen kann. Ein Zweiputt hätte das Stechen bedeutet. Doch Spaun ließ nichts anbrennen. EIN PUTT FÜR DIE EWIGKEIT Er nahm Maß, prüfte die Linie, atmete tief durch. Dann rollte er den Ball in perfektem Tempo über die Kuppe, durch die Breakli nie – und mitten ins Herz des Lochs. Das Publikum am Rand des Grüns explodier te. Spaun selbst erstarrte für eine Sekun de, bevor er die Arme ruckartig hochriss, den Putter fallen ließ und seinem Caddie
Der Schotte Bob MacIntyre spielt sich mit beherztem Auftritt noch auf Rang 2
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