GOLF TIME 5/2022
er Langers Karriere von heute aus rückwirkend betrachtet, kann durchaus zu einer Be wertung gelangen, die gar nicht so glanzvoll ausfällt. Es
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sind vor allem zwei Ursachen, die dabei eine Rolle spielen: Langer, wie schon be schrieben, hat seine Zeit lange aufgeteilt. Er hat zum Teil in den USA, zum Teil in Euro pa gespielt. Er war also in jenen Jahren, als er die größten Erfolge feierte, in Deutsch land eher selten und auch im übrigen euro päischen Raum innerhalb eines Jahres nur für ein paar Monate anzutreffen. Gründe, nach Hause zu kommen, boten ihm aller dings die vier Turniere der PGA European Tour, die eine Zeit lang in Deutschland ausgetragen wurden. Es handelte sich um das Traditionsturnier, die German Open, die nach den British und den French Open, sogar das drittäl teste Turnier in Europa war. Ferner um die 1987 ins Leben gerufene BMW Open, die Deutsche Bank Open, die auch mal Toshi ba und Honda Open hieß, sowie das von den Brüdern Langer selbst seit 1988 ver anstaltete Mercedes German Masters. Vor allem das German Masters, das zunächst in Stuttgart-Solitude, auf Gut Lärchenhof bei Köln und später dann in Motzen bei Berlin ausgetragen wurde, war eine family affair der Langers. Vom Neffen der Langers, Hubert Meyer, bis hin zu (der inzwischen verstorbenen) Maria, der Schwester, Bruder Erwin und dessen Tochter Martina waren fast alle Fa milienmitglieder bei diesem Turnier anzu treffen. Jeder half mit, später auch Langers älteste Tochter Jackie Carol, die von seinen vier Kindern am besten Deutsch spricht. Die Turniere in seiner Heimat nutzte Bern hard Langer oft auch zu einem Abstecher in sein Haus in Anhausen, das genau ne ben seinem Elternhaus steht. Vor allem aus Anlass dieser Turniere geriet Langer im mer wieder auch ins Blickfeld der Medien. Doch meist handelte es sich nur um aktuel le Berichte über das sportliche Geschehen, Hintergründe zu seinem Leben oder In terviews konnten eigentlich nur Leser der Fachzeitschriften erfahren und lesen. Für den Großteil der Öffentlichkeit blieb der deutsche Golfer eine kaum zu greifende Sphinx. Gewann er in Europa oder mit dem europä ischen Ryder Cup Team, war das den meis ten Zeitungen oft nur einen kleinen Bericht wert. In der BILD etwa kam Deutschlands
Bernhard Langer war in der Zeit seiner größten Erfolge nur selten in Deutschland. Das dann aber vor allem bei den damaligen Traditionsturnieren German Open, BMW International Open, Deutsche Bank Open und dem Mercedes German Masters
Wenn es um die Medienpräsenz geht, dann hatte Langer auch noch das Pech, dass Be cker im Jahr darauf erneut in London siegte und einen dritten Erfolg 1989 folgen ließ. Die Jahreszahlen 1985, 1986 und 1989, die eine Zeit lang jedes Kind in Zusammenhang mit dem Leimener aufsagen konnte, veränderten durch Becker das Sportinteresse des deut schen Publikums. Es entstand ein Hype um den weißen Sport, der durch die spektaku lären Siege eines jungen Mädchens namens Stefanie Graf bald weiter befeuert wurde. Langer, der mit der Einführung der Golf Weltrangliste 1986 gleich Platz eins beleg te, blieb im Hintergrund. In den Jahren von 2008 bis 2020 erging es Langer dann erneut ähnlich. Er hielt sich überwiegend in den USA auf, er siegte zwar unablässig, aber das waren ja angeblich nur Erfolge auf der PGA Tour Champions, einer Turnierserie, auf der es keine Punkte mehr gibt für die Weltrangliste. In Deutschland wissen oft nicht einmal Sportjournalisten den Wert dieser Turnier serie einzuordnen, obwohl es zwar auch in Europa eine ähnliche Turnierserie gibt, die aber vom Spielerfeld wesentlich weniger Qualität aufbieten kann. Dass die älteren Herren über 50 inzwischen aber durch aus ernst zu nehmen sind, kann nicht nur Langer beweisen. So gewann, wie schon erwähnt, der Amerikaner Tom Watson, der natürlich auch auf dieser Tour spielte, im Alter von fast 60 Jahren im Jahr 2009 um ein Haar zum sechsten Mal die British Open. Nur ein Putt aus etwa zwei Metern trenn te ihn vom Triumph und der Ehre, ältester Major-Sieger aller Zeiten zu werden.
bester Golfer meist nur in den Kurzmel dungen vor. Das lag aber nicht nur an dem schwer zu greifenden Langer selbst, auch nicht an seinem Sport, der mit der Zeit ja immer populärer wurde. Die Aufmerksam keit jener Jahre gehörte anderen: vor allem Boris Becker und Steffi Graf, später Micha el Schumacher. Der U.S.-Masters-Sieg Langers 1985 war eine Sensation, es gab auch Bilder davon im Fern sehen, aber es handelte sich im Vergleich zu Becker auch hier wieder nur um eine Rand erscheinung. Auch Becker nämlich gewann in jenem Jahr, als Langer in Augusta sich erstmals das Grüne Jackett überstreifen las sen durfte, sein erstes Grand-Slam-Turnier: Wimbledon. Und dessen Volleys und Hecht sprünge auf dem Rasen in London fand die deutsche Öffentlichkeit spektakulärer als Langers Putts.
Hatte gegenüber den Medien schon früh eine professionelle Einstellung: Bernhard Langer, hier mit Reinhold Schnupp beim Masters 1993
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