GOLF TIME 5/2022
STORY | BERNHARD LANGER
LANGERS BILD IN DER ÖFFENTLICHKEIT
Ob nun in aller Munde oder auch nicht, Lan ger selbst kümmerte das wenig bis gar nicht. Dabei zeichnete ihn imGegensatz zu den be kannten Tennisspielern aus, dass er ein re lativ unverkrampftes Verhältnis zu den Me dien hat. Als Manager trat für ihn zunächst die International Management Group (IMG) Mark McCormacks auf. Doch ab Mitte der 80er Jahre übernahm Bernhards Bruder Er win mehr und mehr die Geschäfte. Das Um feld Langers ist über die Jahrzehnte verhält nismäßig stabil geblieben. So wechselte nach dem Abschied vom langjährigen Stammcad die Peter Coleman (der übrigens in Wimb ledon in London lebt) vor rund zehn Jahren die Position als Mann an der Tasche nur zweimal. Als Trainer fungierte bis zu seinem Tod in Folge eines Schlaganfalls im Januar 2022 Willi Hofmann, aber der wichtigste Mann an der Seite des Weltklassegolfers war eigentlich immer Erwin Langer, ein ehema liger Prokurist bei einer Maschinenbaufir ma. Erwin Langer lebte lange gemeinsam mit seiner Familie im Haus der Eltern, unterdes sen bewohnen seine Frau und er in der Nähe zum Elternhaus ihr neu errichtetes Zuhause. Wer mit Bernhard Langer sprechen möchte oder eine Geschichte in Zusammenarbeit mit den Langers verwirklichen will, benötigt zunächst einmal einen positiven Bescheid des älteren Bruders. Erhält der Journalist dann aber das ok, läuft die Geschichte in der Regel generalstabsmäßig ab. Das bedeutet: Ergibt sich eine Verschiebung, ruft jemand aus der Familie Langer an und stimmt den Termin neu ab. Und es gibt noch eine Beson derheit, die nicht einmal in den Vorstandse tagen Deutscher Autokonzerne zuverlässig so gehandhabt wird: Der Chef liest selbst. Mit anderen Worten, Bernhard Langer weiß sehr genau, was über ihn publiziert wird. Die Autorisierung eines Interviews nimmt er selbst vor ... GT
Golfer jenseits der 50 können zu außeror dentlichen Leistungen in der Lage sein und wenn man einem Profi, der sogar älter als 60 ist, noch einen Turnier-Erfolg bei einem Major-Turnier zutraut, dann ist es Langer. Er selbst beurteilt seine Chancen, den gro ßen Coup zu landen, realistisch. Das könne gegen Spieler, die vom Alter her seine Kin der sein könnten, nur dann passieren, wenn tatsächlich alles zusammen passen würde und er mithin alle Puzzleteile seines Spiels perfekt in Einklang bringen könnte, und das über vier Runden. Dass eine solche Har monie in seinem Spiel nicht auszuschließen ist, hat Langer schon einige Male bewiesen. Beim Masters etwa hatte er als 56-Jähriger nochmals die Chance, dort zu gewinnen. Er belegte schließlich den achten Platz – in sei nem Fall möchte man am liebsten sagen, nur den achten Platz. Langer war sich damals sehr wohl darüber bewusst, dass es vielleicht die letzte Chance war auf einen unfassbaren Erfolg in einer Liga, die von Tiger Woods, Phil Mickelson, Rory McIlroy und anderen Tospielern aus
Riesenerfolg als Kapitän des Europäischen Ry der Cup-Teams: Bernhard Langer 2004 in Detroit
den USA und Australien dominiert wur de. Deswegen riskierte er in den letzten von den vier Turnierrunden mehr als er es sonst macht. Er wusste, er hätte über sich hinaus wachsen müssen. Aber sein Topten Ergebnis war am Ende mehr als wohl jeder Experte für möglich gehalten hätte. Er spielte damals auch eine Runde mit dem Italiener Francesco Molinari, der 25 Jahre jünger als der Deutsche ist. Langer schnitt dennoch besser ab als Molinari, der 2018 die British Open gewann und mit seinen Erfol gen beim Ryder Cup im gleichen Jahr in den Olymp der Golfer aufstieg. Molinari jedoch kannte Langer natürlich und war nicht son derlich überrascht, schlechter in Augusta gespielt zu haben als der „alte Mann“ aus Deutschland. Bernhards Eisenschläge seien immer noch eine Augenweide und im kur zen Spiel könne ihm niemand etwas vorma chen, sagte der Italiener nach der Runde. Ob Langer in Deutschland für seine Leis tungen die entsprechende Anerkennung er halten hat, und zwar in den Medien genauso wie in den Augen der Öffentlichkeit, darf man bezweifeln. Zum Standardrepertoire des früheren Sportchefs der Welt am Sonn tag gehörte der Satz: „Gehen Sie mal in die Mönckebergstraße und fragen Sie die Leu te, wer Bernhard Langer kennt.“ Zu jener Zeit erschien die Wochenzeitung noch in Hamburg und die Mönckebergstraße war eine der größten Einkaufsstraßen der Han sestadt. Reportagen zu Bernhard Langer, dessen allgemeiner Bekanntheitsgrad selbst in den Sportredaktionen bezweifelt wurde, mussten also gut begründet werden, um eine Chance zu haben, ins Blatt zu kommen. Steffi Graf dagegen war ein Selbstläufer wie natürlich auch Boris Becker.
Reinhold Schnupp: Das Phänomen Bernhard Langer – Alt werden nur die Anderen Preis: € 24,90 (Hardcover, gebundene Auflage, 144 Seiten), ISBN: 978-3-8857-958-27 Verlag: Köllen Druck + Verlag GmbH private Seite eines der größten deutschen Sportidole kennen gelernt. In seinem Buch geht er auch der Frage nach, wie es Langer schafft, auch mit über 60 Jahren, als Teil der „Silver Generation“, außergewöhnlich vital, fit und leistungsstark zu bleiben. Was können wir vom Menschen und Golfer Bernhard Langer lernen? DAS BUCH ZUM JUBILÄUM Reinhold Schnupp hat die Karriere von Golf-Star Bernhard Langer über fast vier Jahrzehnte journalistisch begleitet und viele große Erfolge hautnah miterlebt. Er hat ihn sowohl in seinem Geburtsort Anhausen als auch in seiner heutigen Heimat in Boca Raton / Florida besucht und dabei die
Bernhard Langer gewann sensationelle zweimal das Masters im Augusta National Golf Club: In den Jahren 1985 und 1993
60 GOLF TIME | 5-2022
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