GOLF TIME 6/2024

COVER | ESTHER HENSELEIT

KOLUMNE

„ICH BIN EINE PERFEKTIONIS TIN. MIR MACHT ES SEHR VIEL SPASS, AN MIR ZU ARBEITEN.“ ESTHER HENSELEIT gesehen habe. Da war in der Proberunde schon der ein oder andere 50-Meter-Putt dabei. Ich versuche, die Atmosphäre zu genießen. Die Open in St. Andrews zu spielen, das hat man vielleicht ein oder zwei Mal in seiner Karriere. Deswegen ist es meine Priorität, die Woche zu genießen und froh zu sein, dabei sein zu dürfen. Wie würden Sie die Entwicklung Ihres Spiels im Laufe der Saison charakterisieren? Haben Sie irgendwelche Dinge verändert? Nicht wirklich. Ich konnte bereits in den letzten ein, zwei Jahren kontinuierlich Verbesserungen in allen Bereichen meines Spiels erkennen. Ich denke, dass ich an den richtigen Dingen gearbeitet habe. Die letz ten Wochen war mein Ballstriking sehr solide, was aber immer schon eine meiner Stärken war. Und auch der Putter lief in einzelnen Runden heiß. Wenn das passiert, weiß ich, dass ich sehr niedrige Runden spielen kann. Sie haben Ihren Wohnsitz in Scottsdale, Arizona. Wie hat sich das Leben in den USA für Sie verändert? Vermissen Sie etwas an Ihrer deutschen Heimat? Ich habe mich mittlerweile an das Leben in den USA und auch das auf der LPGA Tour gewöhnt. Die Wohnung in Scottsdale hilft, da das Reisen dadurch deutlich weni ger ist und ich im Winter perfekte Trai ningsbedingungen vorfinde. Ich habe das Gefühl, dass das vor allem meinem kurzen Spiel enorm gut getan hat, da ich das ganze Jahr auf sehr guten Grüns trainieren kann. Natürlich vermisst man ein wenig die Familie und die deutsche Heimat, aber ich hatte gerade in letzter Zeit die Chance, die ein oder andere Woche in Deutschland mit meiner Familie zu verbringen. Ich hatte auch vor Ort in Paris viel Unterstützung aus meinem Freundeskreis und meiner Familie. Es ist immer schön, nach Europa zu kommen und hier Turniere zu spielen. Wie wichtig ist Ihr privates Umfeld, vor allem mit Reece, der nicht nur Ihr Lebenspartner, sondern auch Coach und Caddie ist? Extrem wichtig. Wir verbringen so viel Zeit bei Turnieren und unterwegs, dass man darauf achten muss, einen guten Kreis um sich herum zu haben, der einen

AUF DEM PRÜFSTAND

J etzt wird es ernst: Im September be ginnt so mancher Golfer zu grübeln: Hält er seinem Golfclub die Treue, sucht er nach einer Alternative, ent scheidet er sich womöglich komplett gegen eine Clubmitgliedschaft? Es sind die Wochen, in denen Angebote für Clubwechsler auf den Websites auftauchen und das Clubmanagement sich selbst die Frage stellt, ob das Ge samtprodukt bei der Zielgruppe der Golfer gegriffen hat. Am Ende geben schnöde Zahlen die Antwort: Ist die Netto-Bilanz von Zu- und Abgängen bei den Mitgliedern stark negativ, ha ben Produkt und Zielgruppe offenbar final nicht zusammengepasst. Das ist für mich einer der spannendsten Aspekte des Golf-Business‘: Auf der einen Seite haben wir es mit einem Produkt zu tun, bei dem es um Emoti onen, Gefühle und soziale Bindungen geht, auf der anderen Seite aber gelten die Gesetze des Markts. Diese beiden Komponenten zu vereinbaren, ist die hohe Kunst – auch im Golfmarkt. Gelingt dies, denken Golferin und Golfer übrigens auch nicht mehr an die Kündigungsfrist, denn sie haben in der Golfanlage einen Ort gefunden, der sie abholt. Sei es mit Natur, einem erstklassigen Golfplatz, einer anspre chenden Gastronomie, Ruhe oder Ge selligkeit, netten Menschen oder der Möglichkeit, unauffällig die Passion Golf zu verfolgen. Die betriebswirt schaftlichen Abläufe nehmen sie nicht wahr, weil sie im Hintergrund passie ren. In diesem Fall ist der Zufrieden heitsgrad der Mitglieder hoch. Aus diesen Golfern werden Dauerkunden mit einer emotionalen Bindung an den Club. Von ihnen träumt jeder Golfma nager und Präsident – übrigens auch ich. Die nackten Zahlen werden mir und allen anderen Verantwortlichen auf Deutschlands Golfanlagen in den nächsten Wochen verraten, wie unsere Bilanz aussieht. Ihr muss man sich eben stellen. Nur so kann die Vorbe reitung für die Saison 2025 gelingen!

Überglücklich: Esther Henseleit bei der Pressekonferenz nach der historischen Silbermedaille

Perfektionistin: Die 25-jährige Hamburgerin blickt zuversichtlich in die Zukunft

der Tour. Und am Ende war es natürlich ein toller Abschluss mit der Runde am Samstag und der Silbermedaille. Konnten Sie bei Olympia auch etwas von den anderen Sportarten sehen? Ich hatte an den ersten Tagen die Chance, ein wenig woanders zuzuschauen. Am Sonntag vor dem Turnier ging ich zum Schwimmen und am Montagabend zur Leichtathletik. Ab Dienstag, also am Tag vor der ersten Runde, habe ich mich dann aber ganz auf mich und meine Vorberei tung fokussiert. Sie konnten die Woche darauf in Schottland gleich mit einem weiteren zweiten Platz nachlegen. Wie war die Umstellung? Die Bedingungen in Paris und in Schottland waren doch gänzlich andere ... Die ersten Tage nach Olympia lag der Fokus zunächst auf Erholung und Runter kommen, um das Kapitel abzuschließen und sich auf die neue Woche vorzuberei ten. Ja, der Golfplatz in Schottland und die Bedingungen waren natürlich ganz andere, aber ich konnte mein gutes Spiel in die neue Woche mitnehmen und bin natürlich mit dem Endergebnis sehr zufrieden. Nun steht das letzte Major des Jahres auf dem Old Course in St. Andrews an. Wie liegt Ihnen Linksgolf generell?

Ich finde, das ist immer ein wenig schwierig zu sagen, ob es einem liegt oder nicht, wenn man nur ein oder zwei Mal pro Jahr unter solchen Bedingungen spielt. Ich habe auch das Gefühl, dass sich jedes Jahr das eigene Spiel ein wenig verändert. Wenn man hierherkommt, muss man immer ein wenig an den Punches und halben Schwün gen arbeiten. Um das Grün herum spielt es sich ebenfalls ganz anders. Letzte Woche bei der Scottish Open war das eine gute Vorbereitung, vor allem, was den Wind be trifft. Bei der AIG Women’s Open ist es auch immer ein wenig Glücksache, ob der Ball einen Meter vor dem Bunker liegen bleibt oder reinrollt bzw. auch, auf welcher Seite vom Draw man ist. Natürlich ist es mein Ziel, auch in dieser Woche wieder vorne mitzuspielen. Letztendlich weiß man bei Linksgolf, auch wenn man extrem gut drauf ist, nie genau, was einen erwartet. Wie ist Ihr erster Eindruck vom Old Course? Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich hier spiele. Es ist ein extrem guter Golf platz, wobei der Wind es schwer macht. Der Platz ist in sehr gutem Zustand. Hart und ausgetrocknet, was richtige Linksgolf Qualitäten erfordert, wie zum Beispiel den Ball flach aufs Grün zu spielen. Es wird auch darauf ankommen, wo sie die Fahnen stecken werden. Das sind mit Sicherheit die größten Grüns, die ich je in meinem Leben

ESTHER HENSELEIT: IN THE BAG Driver: TaylorMade Stealth (9° Loft)

Holz 3: TaylorMade Stealth Plus (15° Loft) Holz 5: TaylorMade Stealth Plus (19° Loft) Hybrid: TaylorMade Stealth (22° Loft) Eisen: TaylorMade P770 (5 – PW) Wedges: TaylorMade Milled Grind 3 (50° Loft, 54° Loft, 58° Loft) Putter: TaylorMade Spider GT Ball: TaylorMade TP5

BERNHARD MAY Präsident der Leading Golf Clubs of Germany e. V.

Das Ballstriking: Schon immer eine der großen Stärken von Esther Henseleit

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