GOLF TIME 7/2018

CLUB FITTING

DAS WUNDERSAME WESEN I n der Welt des Fittings gibt es kaum einen Schlägerbestandteil, der so viele Missverständnisse mit sich bringt wie der Schaft. Ein Grundproblem bei Schäften ist der Umstand, dass nichts in WAS BEDEUTET DAS NUN FÜR EIN FITTING? EQUIPMENT Das Märchen vom Golfschaft.

Auf das Wesentliche reduziert, geht es im Fitting darum, dem Spieler das passen- de Gewicht (wie in der letzten Kolumne ausgeführt) in die Hand zu drücken. Im Anschluss beginnt die Suche nach dem optimalen Trefferbild . Hier kann der Schaft mit seinen dynamischen Eigen- schaften den Unterschied machen. Wenn wir den Spieler nicht kennen, starten wir unsere Fittings mit einem Schaft aus dem Segment „Mittel“. Ein klassischer Vertreter dieses Segments ist die Blueboard Familie aus dem Hause MRC . Dieses Profil gibt es in unter- schiedlichsten Ausführungen in jeder Preislage von jedem Hersteller. Anhand der mit diesen Profilen gewonnenen Erkenntnisse kann man im Fitting weiter- arbeiten. Entweder bleibt man in der gleichen Kategorie und kümmert sich um das Thema Rückmeldung. Oder man reagiert auf suboptimale Daten und weicht ent- sprechend in eine andere Kategorie aus. Grundsätzlich kann man in jeder Preislage diese drei archetypischen Profile antref- fen. Aufgrund der besseren Faserqualität und weniger verwendetem Bindemittel bei hochwertigeren Schäften, fühlen sich diese meist besser an und vermitteln dadurch mehr Vertrauen. Abgesehen davon ist die Qualität innerhalb einer Produktion bei hochwertigen Schäften einfach deutlich besser. Die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass das gefittete Produkt mit dem ausge- lieferten Produkt viel gemeinsam hat. Langer Rede kurzer Sinn – vieles im Be- reich der Schäfte ist unglaublich spannend und man kann sich schnell in Details ver- lieren. Für die Performance wichtig sind aber nur wenige Dinge. Mit genügend Er- fahrung aufseiten des Clubfitters findet sich oft eine sehr gute Lösung. GT

diesem Bereich normiert ist. Weder die Flexbezeichnung noch der sog. Kickpunkt oder auch der Torquewert sind hersteller- übergreifend einheitlich geregelt. Das er- schwert Endverbraucher und Fitter das Leben. Dieser Mangel an Normierung heißt aber nicht, dass es keine Optionen gäbe, Schäfte untereinander zu vergleichen. Zum einen verfügen die Hersteller selbst über klare Messverfahren , mit denen sie Schäfte überprüfen und entwickeln. Das derzeit gängige Beurteilungskriterium im Bereich Schaftdesign/Entwicklung ist das sog. EI-Profil . Dieses Profil ist ein Druckwiderstands- profil, mit dessen Hilfe ein Schaft an unterschiedlichen Stellen mit definierten Gewichten belastet wird. Man misst die Wegveränderung unter Belastung, um eine Aussage über Stabilität und Eigen- schaft des Schaftes zu bekommen. Bei Interesse an dieser Methodik empfehle ich www.golfshaftreviews.info . Das EI-Profil ist der wohl sicherste Weg, um Schäfte miteinander zu vergleichen und Rückschlüsse auf deren Verhalten zu ziehen. Doch wie groß sind die Unter- schiede und Variationsmöglichkeiten? In der Theorie nahezu unbegrenzt – vor allem beim Werkstoff Graphit. Man kann

im Design hier sehr kleinteilig arbeiten. Unterschiedliche Fasermatten in unter- schiedlichen Orientierungsrichtungen haben den Schaftherstellern Optionen an die Hand gegeben, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Doch betrachtet man die verfügbaren und gut funktio- nierenden Profile, stellt man fest, dass in letzter Konsequenz drei Archetypen dominierend sind. Stark vereinfacht die Varianten Flach/Mittel/Hoch . 1 FLACH geht immer mit einem relativ stabilen Mittel- und Tipbereich einher und minimiert den Spin auf den Ball. 2 MITTEL ist das Profil, dass am häufigs- ten anzutreffen ist, weil es einfach für sehr viele Spieler gut funktioniert. 3 HOCH ist ein Profil, das mit einem relativ weichen Mittelbereich und einem weichen Tip ausgestattet ist. Dadurch ent- steht in der Theorie ein höherer Ballflug durch mehr dynamischen Loft. Die Spin- raten werden ebenfalls etwas höher. Nüchtern betrachtet ist die vielgepriesene Kombination aus hohem Ballflug und niedrigem Spin durch den Schaft nicht zu erzeugen. Viele Schäfte werden genau mit diesem Label versehen – faktisch gibt es dieses Wunderwesen aber nicht. In letzter Konsequenz ist diese Bezeichnung ledig- lich in Relation zu anderen Schäften mit einem ähnlichen EI-Profil zu sehen. Ein Schaft, der in der Lage ist, den Ballflug etwas höher werden zu lassen, wird höhere Spinraten aufweisen als ein Schaft, der einen flacheren Ballflug unterstützt.

JOHANNES HERBIG Jahrgang ’61, Inhaber der Fitting- Schmiede Clubmate Golf in Pfungstadt

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