GOLF TIME Nov.-Dez./2020 (Teaser - 21 Seiten)
COVER | SOPHIA POPOV
aus dem Jahr 2010 seit ihrem Wechsel ins Profilager 2014 dann auch erdulden, vor allem gesundheitlicher Natur. Sie kämpfte jahre- lang mit einer mysteriösen Krankheit, verlor mehrere Kilogramm an Gewicht und fragte rund 20 verschiedene Ärzte um Rat. Am Ende eines dreijährigen Leidenswegs die Diagnose: Lyme-Borreliose. Zwar spüre sie heute immer noch gelegentlich Symptome, im Großen und Ganzen habe sie die Krankheit aber gut im Griff. Dazu gesellten sich sportliche Rückschläge. Sophia verlor ihre Spielberechtigung für die LPGA Tour und verpasste die erneute Quali- fikation Ende 2019 hauchdünn nur um einen einzigen Schlag. Als dieses Jahr im Frühjahr dann auch noch der Corona-Lockdown das Tourgeschehen zum Erliegen brachte, wech- selte Popov auf die Cactus Tour, eine Mini- Tour mit Sitz in Arizona, wo anders als auf LPGA oder Symetra Tour Turniergolf gespielt wurde. Die in den USA lebende Deutsche nutzte die Gelegenheit, gewann prompt drei Turniere und holte sich wichtiges Selbst- vertrauen für die anstehenden Aufgaben. SOPHIAS SOMMERMÄRCHEN Als die LPGA Tour im August wieder ihren Spielbetrieb aufnahm, half Sophia Popov zu- nächst ihrer besten Freundin, der Niederlän- derin Annie van Dam, als Caddie. In der Wo- che darauf durfte sie bei der Marathon Classic dann aufgrund zahlreicher Corona-Absagen selbst ran und schaffte den geteilten neunten Platz. Viel wichtiger: Damit qualifizierte sie sich für die AIG Women’s Open, die zwei Wochen später im schottischen Royal Troon über die Bühne ging. Statt wie die meisten Proetten nach der Marathon Classic in Detroit den Flieger nach Schottland zu boarden (dort stand noch die Scottish Ladies Open als Vor- bereitungsevent an), entschied sich Sophia, in Arizona das Founders Tribute im Rahmen der Symetra Tour zu spielen. Sie unterstrich auch dort ihre Topform und wurde Zweite. Mit jeder Menge Selbstvertrauen im Gepäck, jedoch ob der langen Anreise nur mit einer absolvierten Proberunde, ging Sophia Popov, als Nummer 306 in der Damenweltrangliste geführt, in das traditionsreiche Major-Turnier auf schottischem Boden. Der Rest ist deutsche Sportgeschichte: Mit Runden von 70, 72, 67 und 68 Schlägen und dem Gesamtscore von 7 unter Par holte sich die Außenseiterin mit zwei Schlägen Vorsprung auf die Thailände- rin Thidapa Suwannapura sensationell den Women’s Open-Titel und war damit auch die erste weibliche deutsche Golfspielerin in der Geschichte, die einen Major-Sieg errang. Popov durfte sich über einen Siegerscheck in Höhe von 675.000 Dollar freuen –
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enn man ehrlich ist, sah es bis vor Kurzem mit dem deutschen Spitzengolf noch wenig prickelnd aus. Der zwei- fache Major-Champion Martin Kaymer be-
findet sich in einer latenten Formkrise (sein letzter Sieg datiert aus dem Jahr 2014), Alt- meister Bernhard Langer bekommt bei den Senioren mit seinen 63 Jahren immer mehr Konkurrenz von den „jungen Hüpfern“ (Phil Mickelson gewann dieses Jahr etwa auf Anhieb seine beiden ersten Turniere auf der PGA Tour Champions) und auf den höchs- ten Damen- und Herrentouren herrscht rela- tiv viel Mittelmaß in Schwarz-Rot-Gold, das an guten Tagen zwar vorne mitspielen kann, aber so richtig durchschlagenden Erfolg noch nicht verzeichnen konnte. Eine wohltuende Ausnahme bildete Esther Henseleit, die vor genau einem Jahr als LET- Rookie mit dem Sieg beim Finalturnier, der Magical Kenya Ladies Open, die Jahres- wertung 2019 für sich entschied und sich im ersten Jahr ihrer Profikarriere als Drauf- gabe auch noch die Karte für die LPGA Tour sichern konnte. In diesem verrückten Jahr 2020, wo zwischen Februar und August keine Turniere auf LPGA und LET stattfanden, musste die 21-jährige Varelerin aber erst ein- mal viel Lehrgeld zahlen und sich langsam wieder an die Vorjahresform herantasten. POPOVS LEIDENSWEG Dafür sprang 2020 mit Sophia Popov eine Landsfrau in die Bresche, die Anfang der Sai- son eigentlich niemand auf dem Zettel hatte und die vom20. bis 23. August deutsche Sport- geschichte schreiben sollte. Mit 27 Jahren gehört die Deutsch-Amerikanerin, die nur unweit der US-Metropole Boston geboren wurde und im badischen Weingarten auf- wuchs, längst nicht mehr zu den jungen Wil- den. Allzu viel musste die Europameisterin
Nach dem historischen ersten deutschen Damen-Major-Sieg von Sophia Popov bei der AIG Women’s Open ließ der deutsche Golf- Amateur-Nachwuchs einen wahrhaft goldenen Herbst folgen.
Von Markus Scheck
STECKBRIEF SOPHIA POPOV
» Geboren am 2. Oktober 1992 » Geburtsort: Framingham, MA » Wohnort: Weingarten, Baden-Württemberg » Freund: Max Mehles » College: University of Southern California (USC)
» Profi seit: 2014 » Profi-Siege: 4 » Major-Siege: AIG Women’s Open 2020
Foto: Frank Föhlinger
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