GOLF TIME Nov.-Dez./2020 (Teaser - 21 Seiten)
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Ein Jahr wie noch nie – wie haben Sie das Corona-Jahr „überlebt“? Das war anfangs gar nicht so unangenehm. Ich hatte ursprünglich mehr Zeit für die Familie, war zwei bis drei Wochen komplett zu Hause in Florida. Aber dann habe ich schon den Wettkampf vermisst. Ich lebe ja direkt am Golfplatz, durfte aber nicht spielen, nicht trainieren. Das war schon verrückt. Gab’s denn keine Alternativen, keine anderen Möglichkeiten? Ja, schon, wir sind rüber nach Naples gefahren, da durfte man ja zu der Zeit Golf spielen, und wir haben dort zwei-, dreimal trainiert. Auch war ich einmal im Sommer bei meiner Familie in Deutsch- land, habe meine Mutter, meinen Bruder besucht. Aber das war schon alles, sehr ungewohnt. Wie oft haben Sie sich denn einem Corona-Test unterziehen müssen? Ich kann’s gar nicht mehr zählen. Wahrscheinlich so zwischen 35 und 40 Mal. Wir werden ja ständig vor jedem Turnier mehrmals getestet, zuerst zu Hause, dann beim Club. Das dauert jedes Mal so drei Stunden, dann erst konnten wir uns registrieren. Ein anderer Turnierkalender 2020 – deutlich weniger Events. Ein Vorteil für Sie? Sie hatten ja einerseits mehr Zeit zum Regenerieren. Anderer- seits kommt man da eher voll aus dem Rhythmus. Das war auf jeden Fall ein Handicap. Ich war anfangs der Saison richtig gut drauf und dann kam der Lockdown, da war ich, als es wieder losging, richtig schlecht. Eigentlich hätte ich die ersten fünf Turniere des Jahres gewinnen müssen. Aber dann kam Corona, und nach vier Monaten totaler Pause – ich konnte nicht mal ins Fitnessstudio, und auch nicht auf den Golfplatz vor der Haustüre – ging’s wieder los. Sie haben bei der SAS Championship dann auch die schlechteste Runde Ihres Lebens gespielt, wie Sie nach dem Turnier erklärten. Ist das der Pandemie zuzuschreiben? Nein, mit Corona hat das nichts zu tun gehabt. Es war kalt, regnerisch, windig. Ich lag am Schluss- tag in geteilter Führung, und dann spielt sich so ein Platz auf einmal unheimlich lang. Ich begann zwar gleich mit einem Birdie, spielte dann aber drei Bogeys und ein Doppelbogey in Folge und zwei Bogeys noch hinterher und landete schließlich mit einer 76 auf dem geteilten 14. Platz. Das geht recht schnell. So etwas passiert halt.
INTERVIEW Er ist Deutsch- lands erfolgreichster Golfer – trotz seiner 63 Jahre: Bern- hard Langer, Wahlheimat Boca Raton in Florida, und so wie alle anderen Golfer weltweit durch die Corona-Pandemie ganz schön aus dem Rhythmus geworfen. Anlässlich des abge- sagten Mercedes Weltfinales im GC Solitude spricht der gebürtige Anhausener über das Leben mit Corona, den neuen Turnierstress und über seine Zukunft. Aber auch über Martin Kaymer, dessen erster Sieg nach einer Durststrecke von über sechs Jahren nur noch eine Frage der Zeit ist.
Bernhard Langer,
anlässlich des ausgefallenen Mercedes Weltfinales im GC Solitude bei Stuttgart zu Hause in Boca Raton/ Florida im
Telefon- gespräch mit Oskar Brunnthaler
Momentan verschwende ich keine Gedanken ans Aufhören. Die Saison ist kürzer, das hat auch Vor- teile. Ich bin mehr zu Hause bei meiner Familie, und solange mir das Golfspielen Spaß macht, werde ich spielen. Ich fühle mich relativ fit und habe momen- tan keine echten Wehwehchen. Kurz ein Kommentar zu den Deutschen, die ja dieses Jahr sehr erfolgreich waren. Sophia Popov, Paula Schulz-Hanßen, Matthias Schmid, Marcel Schneider oder die Mädchen-Mannschaft, die Europameister wurden. Aus der Ferne tu’ ich mir da schwer, ich persön- lich verfolge weniger die Amateure als die Pros auf der Tour, wie Kaymer oder Siem. Was ist denn mit Martin los? Hat er das Siegen verlernt oder wo liegt sein Problem? Er muss nur Geduld haben. Wenn er ein einziges Mal gewonnen hätte, dann würde man sagen, das war eine Eintagsfliege. So aber hat er ja zwei Majors und eine Menge andere Turniere gewonnen. Er hat nicht verlernt zu gewinnen, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann er wieder ganz oben stehen wird. Andererseits kommt er auch schon in die Jahre und die jungen Spieler, die nachkommen, schlagen die Bälle einfach 20 Meter weiter und es wird immer schwieriger zu gewinnen. Da spreche ich aus eigener Erfahrung. Wo und wie verbringen Sie Weihnachten? Das Reisen bleibt in den nächsten Wochen nach wie vor schwierig. Entweder gehen wir Skilaufen in die Berge nach Montana oder Colorado oder wir bleiben zu Hause in Florida. Es war auch
Von Oskar Brunnthaler
GO ASK BERNHARD
W er glaubt, dass Bernhard Langer durch Corona gehandicapt ist, irrt. Sicherlich beeinträchtigt die derzeitige Situation nicht nur die Golfer, weltweit lähmt die Pandemie das gesamte Leben. So spielte der „Oldie“ bei der SAS Championship die schlechteste Runde seines Lebens, schiebt aber das schlechte Abschneiden, eine 76er-Runde (!), nicht dem alles lähmenden Virus in die Schuhe, sondern seiner schlechten Verfassung an diesem Finaltag, bei dem er vom geteilten ersten Platz auf den 14. Rang zurückfiel.
Anhausen im Gespräch, leider wird mit einem Heimaturlaub in Bayern corona- bedingt nichts, das ist wirklich jammerschade. GT
Dennoch spielt Bernhard Langer nach wie vor großes Golf – wie sieht Ihre Planung für die Zukunft aus?
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www.golftime.de
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