GOLF TIME Nov.-Dez./2020
Die GOLF TIME Ausgabe November/Dezember 2020 als E-Paper, Erscheinungstermin 16.11.2020.
TRAINING 10 SEITEN TIPPS & TRICKS
23. JHG. | AUSGABE NOVEMBER/DEZEMBER 2020 € 6,00 | CHF 7,50 | U.S. $ 8,00
2020 NOV./DEZ.
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DGV-PRÄSIDENT CLAUS M. KOBOLD ÜBER EIN GOLDENES (SPORT-)JAHR TROTZ CORONA-PANDEMIE
ROBO TEST
BÄLLE TEIL 2 – 15 MODELLE IM HÄRTETEST DURCH MENSCH & MASCHINE
NORDISCH BY NATURE NEWCOMER VICTOR HOVLAND AUF DEM VORMARSCH
INSPIRATION FÜR WEIHNACHTEN GESCHENKIDEEN FÜR IHRE (GOLFVERRÜCKTEN) LIEBSTEN
FOTO TIME TIGERS HANDSCHRIFT INTERVIEW BERNHARD LANGER WORLD HCP SYSTEM DAS IST NEU AB 2021 JUBILÄUM 40 JAHRE JUTEC
SOPHIA POPOV & CO.: WARUM 2020 TROTZ ALLER WIDRIGKEITEN EINES DER ERFOLGREICHSTEN JAHRE FÜR DEN DEUTSCHEN GOLFSPORT WAR
EDITOR’S INTRO
RÜCKBLICK Abgesehen von den weltweit Millionen Corona-Infizierten und -Toten und der wirtschaftlichen Katastrophe durch die beiden Lockdowns, war 2020 ein nicht ganz so schlechtes Jahr für den Golfsport, zumindest für den deutschen. Und: So wenig Geld wie in diesem Jahr hab ich noch nie ausgegeben, wie denn auch – keine Reisen (mein 20. Masters wegen Corona abgesagt), kaum Restaurant-Besuche, nur sehr wenige Kilometer runtergespult (das Klima dankt), kein Shopping, auf der Hütte in freiwilliger Quarantäne. Was für ein Jahr
Es gibt aber tatsächlich auch Positives zu berichten – vor allem sportlich: Mit Sophia Popov siegte zum ersten Mal eine Deutsche bei einem Major (Cover „Die neue deutsche Welle“, ab Seite 20) und parallel trumpften die deutschen Amateure in diesem Jahr auf wie im Grunde noch nie zuvor.
„Nach der Hochzeit des Jahres darf sich der geneigte Leser demnach über ‚das Beste aus den zwei Besten‘ (O-Ton) freuen. Bestens, wie auch wir
Claus M. Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbands, spricht dementsprechend von einem sportlich erfolgreichen Golf-Jahr trotz Corona- Pandemie (Interview ab Seite 30). Bernhard Langer wiederum hat trotz viermonatiger Pause und etwa 40 Corona-Tests die Lust an Golf noch immer nicht verloren (Interview ab Seite 8). Und auch wir sind mit einem blauen Auge davongekommen: Der im September vollzogene Relaunch unserer Homepage Golftime.de bringt die erhofften Zahlen (320.000 Seiten-Aufrufe allein im Oktober), die von uns organisierte Samsonite Golf Club Tour konnte, inklusive sieben Landes- und Regionalfinals, durchgeführt werden. Unser hauseigener Reiseveranstalter GOLF TIME Tours hat, wenn auch stark beschränkt, Gruppenreisen durchführen können. Die Big Player der Werbe-Industrie hielten sich Corona-bedingt zwar in diesem Jahr sehr zurück, vermeldeten dabei aber gleichzeitig, ihre Lager seien komplett leergekauft. Und dann gab’s da noch die Hochzeit des Jahres – das Golf Magazin und das Golf Journal haben fusioniert und seit September erscheint nur noch das Golf Magazin. Sicherlich keine Liebesheirat, aber auch keine Bankrotterklärung. Vollmundig kommunizieren sie seither den Zusammenschluss als Erfolgsstory, der geneigte Leser darf sich über „das Beste aus den zwei Besten“ (O-Ton) freuen. Bestens, wie wir finden – und viel Erfolg weiterhin. Bleiben Sie gesund, vielen Dank für Ihre Treue und auf ein Wiedersehen im neuen Jahr – dann hoffentlich wieder in einigermaßen „normalen“ Zeiten, Ihr
Foto: Frank Föhlinger
ERFOLGSGESCHICHTE Sophia Popov
finden – und viel Erfolg weiterhin“
OSKAR BRUNNTHALER Chefredakteur
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INHALT
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REISE 68 GOLF & SNOW Im Zillertal lässt sich der Ski- mit dem Golfsport ideal kombinieren. 70 LIGHTHOUSE Das malerische Resort in Bulgarien wird bei den World Golf Awards abermals ausgezeichnet. 72 GOLF TIME TOURS Mit unserem hauseigenen Reiseveranstalter auf Entdeckungsreise gehen. TRAINING 74 THE MOVE ACADEMY Welche Teilbewegung
COVER 20 NEUE DEUTSCHE WELLE Nach Sophia Popovs Major-Coup lässt der deutsche Golf- Nachwuchs einen wahrhaft goldenen Herbst folgen.
26 VICTOR HOVLAND Norwegens erster Sieger auf der PGA Tour steht vor einer goldenen Zukunft
26 NORDISCH BY NATURE Victor Hovland steht vor einer großen Karriere. Ein Portrait.
30 TROTZ CORONA Weshalb DGV-Präsident Claus M. Kobold im Interview zuversichtlich auf die Saison 2021 blickt. AUSRÜSTUNG 32 ROBOTEST BÄLLE 15 Performance- Modelle der führenden Hersteller auf dem Prüfstand durch Mensch und Maschine. 42 X-MAS SPECIAL Die besten Ideen für das perfekte Weihnachtsgeschenk. CLUBS 56 AWGC Trotz Corona blickt die 9-Loch- Turnierserie auf ein starkes Jahr zurück.
Rorys Schwung so kraftvoll und effizient macht und was Sie daraus lernen können.
76 GUTES HÄNDCHEN Thomas Gögele beschreibt die korrekte Bewegung der Handgelenke während des Schwungs.
42 X-MAS SPEZIAL Die besten Ideen für das perfekte Geschenk
77 CALMGOLF Nicole Gögele über Ergebnisziele, die in Handlungsziele münden sollen.
78 MATTHIAS SCHWAB Der „Golf-Winter“ bietet die beste Gelegenheit, Spiel, Kondition und Technik zu verbessern. 79 DR. NORBERT DEHOUST Welchen Einfluss hat der Golfschwung auf Beschwerden der Brustwirbelsäule?
20 SOPHIA POPOV Im Gespräch: Deutschlands erste Major-Siegerin
58 DEKA GOLF CUP Die Veranstalter freuen sich auf das Finale im Weimarer Land.
80 BESSER PUTTEN Die Geräte von RST sind perfekte Trainingshilfen für die Puttmatte.
60 WORLD HANDICAP SYSTEM Was ändert sich für uns ab der kommenden Saison?
62 SAMSONITE GOLF CLUB TOUR Rückblick auf eine ereignisreiche Saison
81 BESSER PUTTEN II Wiestaw Kramski erklärt, weshalb es Sinn machen kann, zwei Putter im Bag zu haben. 82 DR. CHRISTIAN HAID Wenn Golf wieder Spaß macht und die Schwungbewegungen wie eine Therapie wirken.
61 JUNIOR GOLF TEAM GERMANY 2020 wurde doch noch ein sehr erfolgreiches Jahr und auch die Vorzeichen für 2021 stehen gut.
DIE NEUESTEN MODELLE IM HÄRTETEST ab Seite 32 ROBOTEST BÄLLE
62 SAMSONITE GOLF CLUB TOUR Die Turnier- saison hatte es trotz Corona in sich.
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66 HIGHLIGHTS Wie es unserer Gewinnspiel- Siegerin auf der Runde mit Sandra Gal erging.
BULGARIEN Das Lighthouse Resort ist das Highlight in Bulgarien
€ 1.350.000,–
STANDARDS 3 Editor‘s Intro / 6 Foto-TIME / 8 Go ask ... Bernhard Langer / 10 Countdown | News / 18 Tweet it / 83 Regeln / 85 Heroes / 86 Cartoon / 88 Impressum / 90 TIME-OUT
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FOTO TIME
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TIGERWOODS’ HANDSCHRIFT Hoch oben das Clubhaus, ganz unten das 19. Grün – und vor einer atemberaubenden Kulisse auch eine Top-Besetzung (v. l.): Justin Thomas, Rory McIlroy, Tiger Woods, Justin Rose, Gary Player, Jack Nicklaus und Aaron Stewart, Sohn des legendären Payne Stewart. Sie feierten nach dem Payne’s Valley Cup am 22. September auf dem Golfplatz des Payne’s Valley in der Big Cedar Lodge in Ridgedale, Missouri, wo auch die Stewarts ihr zu Hause haben, die Eröffnung des Platzes. Die Idee zu diesem einzigartigen Design hatte kein Geringerer als Tiger Woods. GT
Fotos: Tom Pennington/Getty Images für den Payne’s Valley Cup)
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COUNTDOWN NEWS LEUTE HIGHLIGHTS
Ein Jahr wie noch nie – wie haben Sie das Corona-Jahr „überlebt“? Das war anfangs gar nicht so unangenehm. Ich hatte ursprünglich mehr Zeit für die Familie, war zwei bis drei Wochen komplett zu Hause in Florida. Aber dann habe ich schon den Wettkampf vermisst. Ich lebe ja direkt am Golfplatz, durfte aber nicht spielen, nicht trainieren. Das war schon verrückt. Gab’s denn keine Alternativen, keine anderen Möglichkeiten? Ja, schon, wir sind rüber nach Naples gefahren, da durfte man ja zu der Zeit Golf spielen, und wir haben dort zwei-, dreimal trainiert. Auch war ich einmal im Sommer bei meiner Familie in Deutsch- land, habe meine Mutter, meinen Bruder besucht. Aber das war schon alles, sehr ungewohnt. Wie oft haben Sie sich denn einem Corona-Test unterziehen müssen? Ich kann’s gar nicht mehr zählen. Wahrscheinlich so zwischen 35 und 40 Mal. Wir werden ja ständig vor jedem Turnier mehrmals getestet, zuerst zu Hause, dann beim Club. Das dauert jedes Mal so drei Stunden, dann erst konnten wir uns registrieren. Ein anderer Turnierkalender 2020 – deutlich weniger Events. Ein Vorteil für Sie? Sie hatten ja einerseits mehr Zeit zum Regenerieren. Anderer- seits kommt man da eher voll aus dem Rhythmus. Das war auf jeden Fall ein Handicap. Ich war anfangs der Saison richtig gut drauf und dann kam der Lockdown, da war ich, als es wieder losging, richtig schlecht. Eigentlich hätte ich die ersten fünf Turniere des Jahres gewinnen müssen. Aber dann kam Corona, und nach vier Monaten totaler Pause – ich konnte nicht mal ins Fitnessstudio, und auch nicht auf den Golfplatz vor der Haustüre – ging’s wieder los. Sie haben bei der SAS Championship dann auch die schlechteste Runde Ihres Lebens gespielt, wie Sie nach dem Turnier erklärten. Ist das der Pandemie zuzuschreiben? Nein, mit Corona hat das nichts zu tun gehabt. Es war kalt, regnerisch, windig. Ich lag am Schluss- tag in geteilter Führung, und dann spielt sich so ein Platz auf einmal unheimlich lang. Ich begann zwar gleich mit einem Birdie, spielte dann aber drei Bogeys und ein Doppelbogey in Folge und zwei Bogeys noch hinterher und landete schließlich mit einer 76 auf dem geteilten 14. Platz. Das geht recht schnell. So etwas passiert halt.
INTERVIEW Er ist Deutsch- lands erfolgreichster Golfer – trotz seiner 63 Jahre: Bern- hard Langer, Wahlheimat Boca Raton in Florida, und so wie alle anderen Golfer weltweit durch die Corona-Pandemie ganz schön aus dem Rhythmus geworfen. Anlässlich des abge- sagten Mercedes Weltfinales im GC Solitude spricht der gebürtige Anhausener über das Leben mit Corona, den neuen Turnierstress und über seine Zukunft. Aber auch über Martin Kaymer, dessen erster Sieg nach einer Durststrecke von über sechs Jahren nur noch eine Frage der Zeit ist.
Bernhard Langer,
anlässlich des ausgefallenen Mercedes Weltfinales im GC Solitude bei Stuttgart zu Hause in Boca Raton/ Florida im
Telefon- gespräch mit Oskar Brunnthaler
Momentan verschwende ich keine Gedanken ans Aufhören. Die Saison ist kürzer, das hat auch Vor- teile. Ich bin mehr zu Hause bei meiner Familie, und solange mir das Golfspielen Spaß macht, werde ich spielen. Ich fühle mich relativ fit und habe momen- tan keine echten Wehwehchen. Kurz ein Kommentar zu den Deutschen, die ja dieses Jahr sehr erfolgreich waren. Sophia Popov, Paula Schulz-Hanßen, Matthias Schmid, Marcel Schneider oder die Mädchen-Mannschaft, die Europameister wurden. Aus der Ferne tu’ ich mir da schwer, ich persön- lich verfolge weniger die Amateure als die Pros auf der Tour, wie Kaymer oder Siem. Was ist denn mit Martin los? Hat er das Siegen verlernt oder wo liegt sein Problem? Er muss nur Geduld haben. Wenn er ein einziges Mal gewonnen hätte, dann würde man sagen, das war eine Eintagsfliege. So aber hat er ja zwei Majors und eine Menge andere Turniere gewonnen. Er hat nicht verlernt zu gewinnen, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann er wieder ganz oben stehen wird. Andererseits kommt er auch schon in die Jahre und die jungen Spieler, die nachkommen, schlagen die Bälle einfach 20 Meter weiter und es wird immer schwieriger zu gewinnen. Da spreche ich aus eigener Erfahrung. Wo und wie verbringen Sie Weihnachten? Das Reisen bleibt in den nächsten Wochen nach wie vor schwierig. Entweder gehen wir Skilaufen in die Berge nach Montana oder Colorado oder wir bleiben zu Hause in Florida. Es war auch
Von Oskar Brunnthaler
GO ASK BERNHARD
W er glaubt, dass Bernhard Langer durch Corona gehandicapt ist, irrt. Sicherlich beeinträchtigt die derzeitige Situation nicht nur die Golfer, weltweit lähmt die Pandemie das gesamte Leben. So spielte der „Oldie“ bei der SAS Championship die schlechteste Runde seines Lebens, schiebt aber das schlechte Abschneiden, eine 76er-Runde (!), nicht dem alles lähmenden Virus in die Schuhe, sondern seiner schlechten Verfassung an diesem Finaltag, bei dem er vom geteilten ersten Platz auf den 14. Rang zurückfiel.
Anhausen im Gespräch, leider wird mit einem Heimaturlaub in Bayern corona- bedingt nichts, das ist wirklich jammerschade. GT
Dennoch spielt Bernhard Langer nach wie vor großes Golf – wie sieht Ihre Planung für die Zukunft aus?
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Siegreiches europäisches Solheim Cup- Team 2019
DOPPELTE FESTSPIELE
ausgetragen wird. Der Knaller schlecht- hin: In der unmittelbar darauf folgen- den Woche wird der Ryder Cup in Italien gespielt. Durch die Verschiebung der dies- jährigen Auflage des Vergleichskampfs auf 2021 finden nun Ryder Cup und Solheim Cup im selben Jahr statt. Für die Golffans heißt das: doppelte Span- nung und doppelte Freude!
Im September 2023 geht auf dem europäischen Festland ein doppeltes Golffestspiel über die Bühne. Die Ladies European Tour gab das Datum für den Solheim Cup 2023 bekannt. Dieser wird vom 18. bis zum 24. September 2023 auf der Anlage Finca Cortesin an der andalusischen Costa del Sol stattfinden. Es ist das erste Mal, dass das prestige- trächtige Damen-Golf-Event in Spanien
BRYSON DECHAMBEAU Muskelmasse, Protein shakes und Schwunggeschwindigkeit – diese Themen tauchen prompt auf, wenn sich die Golfwelt mit Bryson DeChambeau beschäf tigt. Zum Ende der vergangenen Saison entschied sich der Absolvent eines Physik- studiums dazu, seinen Körper zu verändern. Nicht aus Eitelkeit, sondern um der beste Golfer der Welt zu werden. Kiloweise legte er Masse an, und in der Folge nahm seine Schwunggeschwindigkeit Stundenkilometer für Stundenkilometer zu. Der West Course von Winged Foot, Aus tragungsort der U.S. Open, sollte dem Long hitter seine Grenzen aufzeigen. Dass es DeChambeau dennoch gelang, diese ver- spätete Austragung der U.S. Open nicht nur zu gewinnen, sondern zu dominieren, zeigt, dass dieser etwas andere Golfprofi weit mehr drauf hat als 300-Meter-Abschläge. Keiner außer DeChambeau lag am Ende des Turniers unter Par, sechs Schläge betrug sein Vor sprung. Für das anstehende Masters erwägt er, einen noch längeren Driverschaft ins Spiel zu bringen, der noch mehr Länge zur Folge haben soll. Die Konkurrenz wird dies nicht gerne hören.
Mit dem komfortablen Vorsprung von fünf Schlägen ging Dustin Johnson in die Finalrunde der Tour Championship. Dort zeigte der 36-jährige Amerikaner dann nicht den leisesten Anflug von Nerven und ließ sich auch von den stark aufspielenden Landsleuten Justin Thomas und Xander Schauffele die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Die Butter in diesem Fall trägt den Namen FedEx Cup und ist mit einem Preisgeld von 15 Mio. Dollar versehen, das mit Abstand höchste Preisgeld im Jahr für den Champion der Saisonwertung der PGA Tour. Viel wichtiger als das Geld ist dem Multimillionär Johnson, der bereits 23 Titel auf der PGA Tour feiern konnte, aber der Namenseintrag auf der Trophäe, wo er mit Größen wie Tiger Woods oder Rory McIlroy nun gemeinsam verewigt ist. 15 MIO. DOLLAR MANN
Die Tour Championship besiegelte die wohl eigenartigste Saison in der Geschichte der PGA Tour: Coronabedingte Absagen und Verschiebungen zahl-
reicher Events im Frühjahr; lediglich ein Major-Turnier, die PGA Championship, fand in der regulären Saison statt. Sowohl Masters
als auch U.S. Open finden bzw. fanden zu ungewohnten Spätherbst- terminen statt. The Open wurde 2020 komplett gestrichen.
SIEGFORMEL BRYSON DECHAMBEAU (U.S. Open)
6 unter Par
13 Birdies, 2 Eagles 68,5 Rundenschnitt
2.250.000 Dollar Preisgeld
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Für welchen Platz würdest du bezahlen, um ihn zu spielen? Alle Plätze in Europa, die in den Top-10- Rankings weltweit rangieren. Hättest du gerne mehr Mixed Events? Gäbe es mehr Events gemeinsammit Männern auf demselben Platz, gäbe es sicher auch mehr Golfpärchen – und die Damentouren wären In der Zwischenzeit wechselte Vijay Singh vermehrt auf die Seniorentour, wo er im Laufe der Jahre insgesamt vier Siege feierte, der letzte davon im November 2018 bei der Charles Schwab Cup Championship. Doch hin und wieder misst sich der mittlerweile 57-jährige „Big Fijian“ dann doch noch gerne mit den Youngsters auf der PGA Tour. So auch beim Masters in Augusta, wo er dank seines Sieges von vor 20 Jahren ein lebenslanges Spielrecht hat. dann so groß wie die der Herren. Du bist ein erklärter Fan von Brooks Koepka – wie kommt das? Ich habe ihn in meinemTraum getroffen (lacht) und wir hatten eine wirklich tolle Zeit. Es macht immer Spaß, ihn zu beob- achten, er hat immer ein Pokerface. Und außerdemmag ich einen großen Kerl. Aufsehen erregte der Fidschianer durch einen jahrelangen Rechtsstreit mit der PGA Tour. 2013 gab Singh zu, das „Deer Antler“-Spray zu verwenden, ohne zu wissen, dass sich darin eine verbotene Substanz befindet. Singh verklagte die Tour, weil er während der zwölf- wöchigen Untersuchung seiner Meinung nach öffentlicher Demütigung und Lächerlichkeit ausgesetzt war. Am 20. November 2018, also fünf Jahre später, gaben die PGA Tour und Singh schließlich bekannt, dass die Ausein- andersetzung beigelegt wurde. Genauere Formalitäten der Einigung wurden bis heute nicht öffentlich gemacht.
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WAS MACHT EIGENTLICH... VIJAY SINGH?
hielt sich seinerseits ganze 32 Wochen lang auf dem Thron. Schwungumstellungen des akribischen Arbeiters, der meist als Erster auf der Driving
In einer Zeit, als Tiger Woods gerade die Golfszene im Sturm eroberte, schaffte es ein anderer farbiger Spieler ebenfalls zu Welt- ruhm. Vijay Singh von den Fidschi-Inseln gewann 1998 die PGA Championship, 2000 das US Masters und ließ bei der PGA Championship 2004 einen weiteren Major-Sieg folgen. Im September 2004 beendete er die 264 Wochen lange Regent- schaft von Tiger Woods als Num- mer eins der Weltrangliste und 6
Range steht und diese als Letzter wieder verlässt, und eine hart- näckige Knieverletzung führten zu einer temporären Form- schwäche und ließen den 34-fachen Sieger auf der PGA Tour nie mehr ganz an die Er- folge alter Tage anschließen.
Welches Laster hast du? Ich liebe „Chi-Maek“ – gebratenes Hähnchen mit Bier. Es ist so gut, wir Koreaner können Die aktuelle Nummer eins der Damen- Weltrangliste gewährt intime Einblicke. FÜNF FRAGEN AN… Jin Young Ko
nicht ohne das leben! Kannst du ein gutes Golfbuch empfehlen?
Dr. Bob Rotellas „Putting Out of Your Mind“ ist großartig. Es bringt Sportlern bei, wie sie ihren Verstand einsetzen können, um ihr Potenzial auszuschöpfen.
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TOPS
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FLOPS
Mel Reid landete bei der Shop- rite Classic ihren langersehnten ersten Sieg auf der LPGA Tour. Die englische Solheim Cuppe- rin, die sich vor rund zwei Jah- ren als lesbisch outete und damit für weltweites Aufsehen sorgte, gewann bereits sechs Mal auf der Ladies European Tour, bevor es nun endlich auch auf der LPGA Tour klappte.
Jordan Smith gab während des Andalucia Masters auf der ersten Runde im Turnier mit der Begründung, dass er nach sieben Wochen unterwegs einfach müde von der Corona- Bubble auf der European Tour sei, auf. Oder lag es vielmehr auch daran, dass der 27-jährige Engländer seine ersten 14 Löcher auf dem knüppelharten Valder- rama-Platz in 11-über-Par absolvierte?!
TRUMP VS. BIDEN: WER GOLFT BESSER?
zu spielen, als er 57 Jahre alt war. Laut Selbstauskunft hat er ein Handicap von –6,3, wie Golf Digest vor einigen Jahren her- ausfand. Im Jahr 2016 schätzte das Magazin das Golf-Handicap des damaligen Vizepräsidenten jedoch auf etwa –10. Der frühere Gouverneur von Ohio, John Kasich , bestreitet in- dessen Joe Bidens Anspruch, ein guter Golfer zu sein. Während einer Rede auf dem Republikanischen Nationalkonvent sagte Kasich: „Joe Biden hat mir gesagt, dass er ein guter Golfer ist. Und ich habe mit Joe Biden Golf gespielt. Ich kann Ihnen sagen, dass das nicht stimmt.“ Jedenfalls hat er das Duell gegen Trump gewonnen.
Es ist beinahe so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz, dass US-Präsidenten in der Regel auch ambitionierte Golfer sind. Blickt man in die jüngere Ge- schichte, waren die Amtsträger im Weißen Haus allesamt Golfer. Donald J. Trump , der seit 1968 Golf spielt und weltweit 15 An- lagen besitzt, gehört mit einem selbst proklamierten Handicap von –2,8 zu den Besseren seiner Zunft, auch wenn, wie so vieles bei ihm, nicht immer das Ge- sagte auch mit der Realität über- einstimmen muss. Doch wie sieht es eigent- lich mit den Golfkünsten seines Rivalen Joe Biden aus? Der be- gann vor rund 20 Jahren Golf
Zwei Antritte auf der PGA Tour Champions, also der Tour der Über 50-Jährigen, und gleich zwei Siege für Phil Mickelson. Der Tour-Rookie, der die meiste Zeit noch auf der regulären Tour verbringt, bringt bei den Senioren frischen Wind in die Szene und hebt das Niveau auf eine neue Stufe. Doch das nächste Ziel des Leftys heißt Masters. Im Augusta National, wo er bereits drei Green Jackets holen konnte, will er diesen Monat erneut vorne mitspielen.
Jordan Spieth setzte bei der Zozo Championship auf seinen Vater Shawn als Caddie. Dem unterlief dann gleich ein kleiner Fauxpas. Spieth erzählte süffi- sant: „Kurz bevor ich den Schlag ausführen wollte, sagte er: ,Schlag den Ball nicht zu hart…‘ zwei Dinge, die man als Caddie nicht machen darf, eines wäre: Sag mir bitte nicht unmittelbar vor dem Schlag, was ich nicht machen darf‘.“ Ich habe ihm nur gesagt: ,Dad, es gibt nur ein oder
MILLIONEN VERLUST
Laut einem Bericht der New York Times machte Donald Trump in den letzten 20 Jahren mit seinen insgesamt 15 Golf- anlagen weltweit einen Verlust von 315,6 Mio. Dollar. Vor
232 Mal hatte Jason Kokrak ein Turnier ohne Titel beendet. Dabei war der 27-Jährige einige Male nahe dran am Sieg. Beim CJ Cup in Las Vegas war es nun endlich so weit: „Ich glaube, ich wusste tief in mir, dass ich es schaffen würde, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich mir selbst aus dem Weg gehen und es durchziehen würde.“
Auch Danny Lee sorgte mit sei- ner Aufgabe bei den U.S. Open für negative Schlagzeilen. In Runde 3 benötigte er auf Loch 18 sechs (!) Putts und ließ danach seinen Frust an Putter und Golfbag aus. Offizielle Begrün- dung der anschließenden Auf- gabe: Handgelenksverletzung.
allem der Kauf des Doral Golf Resorts in Miami war eine finanzielle Bruchlandung. 2012 erwarb er das Luxusresort im Süden Floridas für 150 Mio. Dollar. In den nächsten sechs Jahren produzierte er damit
einen Verlust von 162,3 Mio. Dollar, wie aus Steuerunter lagen des noch amtierenden US-Präsidenten, die der New York Times vorliegen, hervorgeht.
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US-PRÄSIDENTEN UND IHRE GOLF-ERFOLGE
1. DWIGHT D. EISENHOWER Spielte rund 800 Runden während seiner Amtszeit und trainierte jeden Tag auf dem Rasen des Weißen Hauses. Mitglied in Augusta, wo auf Loch 17 ein Baum nach ihm benannt wurde. 2. JOHN F. KENNEDY Hatte den mit Abstand schönsten Schwung aller Präsidenten und spielte Single-Handicap, auch wenn er das nicht an die große Glocke hängte. Definitiv zu früh aus dem Leben gerissen worden (Attentat in Dallas Nov. 1963). 3. GEORGE H. W. BUSH Der „alte“ Bush war bekannt als Anhänger eines „schnellen Spiels“. Erreichte ein Handicap von –11 und wurde 2011 für seine viel- fältigen Verdienste für den Golfsport sogar in die „Hall of Fame“ aufgenommen. 4. BILL CLINTON Ein Golfer von der entspannteren Sorte, der auch gerne Mal ein Auge zudrückte und es mit den Regeln nicht immer ganz genau nahm. Soll ein Handicap um die –10 gespielt haben, bekannt aber für seine Vielzahl an „Billigans“. 5. BARACK OBAMA Der Linkshänder spielte in seiner achtjährigen Amtszeit viel (rund 300 Runden), aber weit nicht so gut wie manche seiner Vorgänger. Seine Passion für den Golfsport war trotz eines kolportierten Handi- caps von –16 schier grenzenlos.
Ungewohntes Siegerbild mit Kapuze: BMW PGA Champion Tyrrell Hatton
DIE KAPUZEN-DEBATTE
vermeintlichen Tabubruch dieses jungen Weltklassegolfers, der seine Kleidungsauswahl wie folgt er- klärte: „Wir wollen alle nicht, dass Golf als elitär gilt. Wir müssen uns da weiterentwickeln. Solange es bequem ist und gut aussieht, warum nicht…“ Und da hat der englische Ryder Spieler zweifelsfrei recht, wird der Trend zu Streetwear doch auch immer öfter von etablierten Modemarken eingesetzt. Dass es just dem eher konservativen Unternehmen adidas gelang, mit Tyrrell Hatton einen PR-Coup in Wentworth zu landen, darf als bemerkenswert bezeichnet wer- den, setzen doch auch weit tren- digere Labels wie G/FORE, Greyson Clothiers, J.Lindeberg oder Galvin Green schon län-
Tyrrell Hatton spazierte am Final- Sonntag der BMW PGA Champion- ship in Wentworth lockerleicht zum Sieg. Und er tat dies – wie schon an den Tagen zuvor – bekleidet mit einem sogenannten Hoodie, zu gut Deutsch Kapuzenpullover. Als der Engländer neben der bequemen Kleidung auch noch seine Schuhe auf dem Parkplatz wechselte (was in vielen elitären Golfclubs im Ver- einigten Königreich als Tabu gilt), runzelte wahrscheinlich nicht nur das ein oder andere Mitglied des altehrwürdigen Wentworth Clubs am südwestlichen Rand von Lon- don die Stirn. Kleidung und Etikette sind im Golfsport präsente Themen; die Stoffhose mit Polohemd ist für viele noch immer ein Dresscode, an den es sich zu halten gilt. Insofern diskutierte die Golfwelt auf den sozialen Kanälen munter über den
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gere Zeit auf den Hoodie als Kollektionsergänzung.
PARTNERSCHAFT Deutschlands Vorzeigegolfer Martin Kaymer war bei seinem ersten Besuch im Resort „Der Öschberghof“, einem exklusi- ven Golf-Domizil zwischen Schwarz- wald, Bodensee und der Schweiz, begeistert von den herausragenden Möglichkeiten und startete vor Kur- zem eine einzigartige Kooperation mit exklusiven Projekten auf und abseits des Golfplatzes.
SCHOCKDIAGNOSE Der zweifache Major-Sieger John Daly verriet, dass er an Blasenkrebs laboriert. Be- kannt für seinen ausschweifenden Lebensstil will der 54-Jährige nach der Krebsdiagnose seine Konsum- Gewohnheiten verändern: „Ich ver- suche, meinen Diet-Coke-Konsum massiv zurückzuschrauben und mit dem Rauchen aufzuhören. Die Ärzte sagen, dass es nicht zu spät ist.“
AUSZEICHNUNG In Anerkennung seines Charakters, seines Sports- geistes und seines Engagements für wohltätige Zwecke wurde Zach Johnson, zweifacher Major-Sieger aus Iowa, zum Empfänger des Payne Stewart Award der PGA TOUR ernannt. Die Ehrung erfolgte wie jedes Jahr im Rahmen der Tour Championship, die das Ende der aktuellen Saison besiegelte.
ABSCHIED Paul Lawrie beende- te nach seinem 620. Turnier seine European Tour-Karriere. Der 51-jäh- rige Schotte blickt auf acht Siege, 67 Top-10-Platzierungen Team zurück. Höhe- punkt dabei war der Sieg bei The Open 1999 in Carnoustie. 3 und zwei Einsätze im europäischen Ryder Cup
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Babyalarm, wahr gewordene Träume, Golf’s First Couple und eine heiß diskutierte Wahlempfehlung – die Höhepunkte aus den sozialen Medien. TWEET IT!
Noch einmal Baby. Michelle Wie-West feiert ihren Geburtstag mit neuen Prioritäten.
Poppy Kennedy erblickt die Welt.
Golf-Superstar Rory McIlroy freut sich über die Geburt seines ersten Kindes.
„Golf’s First Couple“
Brooks Koepka und Jena Sims stellen nicht das erste Mal ihre Zuneigung öffentlich zur Schau.
Traum oder Realität? Bryson DeChambeau mit U.S. Open Trophäe.
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LPGA-Star Nelly Korda präsentiert ihre neue blondierte Haarpracht. Barbie?
Golf-Legende Jack Nicklaus gibt eine klare Wahl empfehlung für Donald Trump ab. Schmeckt nicht jedem!
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COVER | SOPHIA POPOV
aus dem Jahr 2010 seit ihrem Wechsel ins Profilager 2014 dann auch erdulden, vor allem gesundheitlicher Natur. Sie kämpfte jahre- lang mit einer mysteriösen Krankheit, verlor mehrere Kilogramm an Gewicht und fragte rund 20 verschiedene Ärzte um Rat. Am Ende eines dreijährigen Leidenswegs die Diagnose: Lyme-Borreliose. Zwar spüre sie heute immer noch gelegentlich Symptome, im Großen und Ganzen habe sie die Krankheit aber gut im Griff. Dazu gesellten sich sportliche Rückschläge. Sophia verlor ihre Spielberechtigung für die LPGA Tour und verpasste die erneute Quali- fikation Ende 2019 hauchdünn nur um einen einzigen Schlag. Als dieses Jahr im Frühjahr dann auch noch der Corona-Lockdown das Tourgeschehen zum Erliegen brachte, wech- selte Popov auf die Cactus Tour, eine Mini- Tour mit Sitz in Arizona, wo anders als auf LPGA oder Symetra Tour Turniergolf gespielt wurde. Die in den USA lebende Deutsche nutzte die Gelegenheit, gewann prompt drei Turniere und holte sich wichtiges Selbst- vertrauen für die anstehenden Aufgaben. SOPHIAS SOMMERMÄRCHEN Als die LPGA Tour im August wieder ihren Spielbetrieb aufnahm, half Sophia Popov zu- nächst ihrer besten Freundin, der Niederlän- derin Annie van Dam, als Caddie. In der Wo- che darauf durfte sie bei der Marathon Classic dann aufgrund zahlreicher Corona-Absagen selbst ran und schaffte den geteilten neunten Platz. Viel wichtiger: Damit qualifizierte sie sich für die AIG Women’s Open, die zwei Wochen später im schottischen Royal Troon über die Bühne ging. Statt wie die meisten Proetten nach der Marathon Classic in Detroit den Flieger nach Schottland zu boarden (dort stand noch die Scottish Ladies Open als Vor- bereitungsevent an), entschied sich Sophia, in Arizona das Founders Tribute im Rahmen der Symetra Tour zu spielen. Sie unterstrich auch dort ihre Topform und wurde Zweite. Mit jeder Menge Selbstvertrauen im Gepäck, jedoch ob der langen Anreise nur mit einer absolvierten Proberunde, ging Sophia Popov, als Nummer 306 in der Damenweltrangliste geführt, in das traditionsreiche Major-Turnier auf schottischem Boden. Der Rest ist deutsche Sportgeschichte: Mit Runden von 70, 72, 67 und 68 Schlägen und dem Gesamtscore von 7 unter Par holte sich die Außenseiterin mit zwei Schlägen Vorsprung auf die Thailände- rin Thidapa Suwannapura sensationell den Women’s Open-Titel und war damit auch die erste weibliche deutsche Golfspielerin in der Geschichte, die einen Major-Sieg errang. Popov durfte sich über einen Siegerscheck in Höhe von 675.000 Dollar freuen –
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enn man ehrlich ist, sah es bis vor Kurzem mit dem deutschen Spitzengolf noch wenig prickelnd aus. Der zwei- fache Major-Champion Martin Kaymer be-
findet sich in einer latenten Formkrise (sein letzter Sieg datiert aus dem Jahr 2014), Alt- meister Bernhard Langer bekommt bei den Senioren mit seinen 63 Jahren immer mehr Konkurrenz von den „jungen Hüpfern“ (Phil Mickelson gewann dieses Jahr etwa auf Anhieb seine beiden ersten Turniere auf der PGA Tour Champions) und auf den höchs- ten Damen- und Herrentouren herrscht rela- tiv viel Mittelmaß in Schwarz-Rot-Gold, das an guten Tagen zwar vorne mitspielen kann, aber so richtig durchschlagenden Erfolg noch nicht verzeichnen konnte. Eine wohltuende Ausnahme bildete Esther Henseleit, die vor genau einem Jahr als LET- Rookie mit dem Sieg beim Finalturnier, der Magical Kenya Ladies Open, die Jahres- wertung 2019 für sich entschied und sich im ersten Jahr ihrer Profikarriere als Drauf- gabe auch noch die Karte für die LPGA Tour sichern konnte. In diesem verrückten Jahr 2020, wo zwischen Februar und August keine Turniere auf LPGA und LET stattfanden, musste die 21-jährige Varelerin aber erst ein- mal viel Lehrgeld zahlen und sich langsam wieder an die Vorjahresform herantasten. POPOVS LEIDENSWEG Dafür sprang 2020 mit Sophia Popov eine Landsfrau in die Bresche, die Anfang der Sai- son eigentlich niemand auf dem Zettel hatte und die vom20. bis 23. August deutsche Sport- geschichte schreiben sollte. Mit 27 Jahren gehört die Deutsch-Amerikanerin, die nur unweit der US-Metropole Boston geboren wurde und im badischen Weingarten auf- wuchs, längst nicht mehr zu den jungen Wil- den. Allzu viel musste die Europameisterin
Nach dem historischen ersten deutschen Damen-Major-Sieg von Sophia Popov bei der AIG Women’s Open ließ der deutsche Golf- Amateur-Nachwuchs einen wahrhaft goldenen Herbst folgen.
Von Markus Scheck
STECKBRIEF SOPHIA POPOV
» Geboren am 2. Oktober 1992 » Geburtsort: Framingham, MA » Wohnort: Weingarten, Baden-Württemberg » Freund: Max Mehles » College: University of Southern California (USC)
» Profi seit: 2014 » Profi-Siege: 4 » Major-Siege: AIG Women’s Open 2020
Foto: Frank Föhlinger
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mehr als das Sechsfache von dem, was sie zuvor in ihrer gesamten Karriere gewonnen hatte. „Ich hätte letztes Jahr fast aufgehört zu spielen. Gott sei Dank habe ich es nicht getan. Es fühlt sich unglaublich an“, sagte Popov im Anschluss an den Triumph freudestrahlend. Wertvolle Unterstützung erhielt sie dabei von ihrem Freund Maximilian Mehles, selbst ein absoluter Spitzengolfer, der in Royal Troon als Caddie den Sieg begleitete und hautnah mit- erlebte. „Er hat mich die ganze Zeit über be- ruhigt“, lachte die frisch gebackene Women’s Open-Titelträgerin über die Taktiken ihres Freundes, der sie während der Runde daran erinnerte zu essen und zu trinken und der die Spannung zu lösen versuchte, indem er ihre Aufmerksamkeit auf Vögel und Segelboote lenkte, die er in der Umgebung entdeckte. ZWEI JAHRE STATT FÜNF Für Sophia Popov ging in Schottland mit einem Schlag ein Kindheitstraum in Erfül- lung, der ihr Leben nun als Majorsiegerin komplett auf den Kopf stellt. „Es ist wirklich eine unglaubliche Geschichte“, sagte Popov nach ihrem Sieg bei der AIG Women’s Open mit tränenerstickter Stimme. „Ich denke, des- halb sind am 18. Loch auch die Emotionen mit mir durchgegangen. Einfach weil es etwas ist, wovon ich vor einer Woche nicht einmal geträumt habe.“ Die 27-jährige Deutsche erhält nun eine zweijährige Spielberechtigung auf der LPGA Tour. Normalerweise wären es fünf Jahre, da sie aber aufgrund der um einen Schlag ver- passten Qualifikation vor Saisonbeginn als „Non-Member“ geführt wurde, sind es eben nur zwei Jahre. Eine Regelung, die sowohl bei Popov als auch bei ihren Mitstreiterinnen auf Unverständnis stieß, existiert diese Regelung nämlich einzig auf der Damentour. Auch wenn diese Information zwei Tage später den Sieg ein wenig trübte, überwiegt bei Sophia natürlich dennoch die Freude über die famose Leistung und den historischen Triumph, den sie in unserem Golf Time-Exklusivinterview noch einmal Revue passieren lässt. Sophia, es sind ja jetzt schon ein paar Wo- chen seit deinem großartigen Triumph bei der AIG Women’s Open vergangen. Hast du schon realisiert, was du da erreicht hast oder musst du dich manchmal in der Früh noch kneifen, ob das auch wirklich passiert ist? Ja, ich denke realisiert habe ich es schon. Alleine schon durch die Medienaufmerksam- keit und wie sich die Turniere geändert haben. Aber ich gehe schon immer wieder mal zurück zu dem Moment, als es passierte, und schaue mir die Bilder davon an. Es ist schon verrückt, wie sich in den letzten Wochen
WHAT’S IN THE BAG? » Driver: Callaway Mavrik, 10.5˚ mit True Temper Project X EvenFlow Riptide Schaft » 3er-Holz: Callaway Epic Flash, 15˚ mit Graphite Design Tour AD-DI Schaft » 5er-Holz: Callaway Mavrik, 18˚ mit KBS Tour Schaft » Eisen (4-PW): Callaway X-Forged mit KBS Tour Schaft » Wedges: Callaway Jaws MD5 (50˚, 54˚ and 58˚) » Putter: Odyssey Stroke Lab Black Triple Track 2-Ball » Ball: Titleist Pro V1
Symetra und LPGA Tour spiele, dann ist es ja quasi nichts anderes. Natürlich sind die Teil- nehmerfelder dort stärker, aber ich wusste, dass es vom Mentalen genau gleich sein müsste. Der einzige negative Aspekt deines Sieges, wenn man so will, war, dass du nicht die vol- len fünf Jahre Spielberechtigung, sondern nur zwei erhalten hast. Gab es in der Zwischenzeit noch Gespräche mit den LPGA-Verantwort- lichen, oder hast du die Sache ad acta gelegt? Als ich die Nachricht bekam, war es zwei Tage nach dem Sieg. Ich war gerade in Deutschland und habe mit Freunden den Sieg gefeiert und dann hat michmeinManagement angerufen und mir das mitgeteilt. Ich habe es halt nicht direkt von der Tour erfahren und es hat mir in dem Moment einen Dämpfer ver- setzt. Ich fand es ein wenig unfair, da es mir beim Turnier anders vermittelt worden war als zwei Tage danach. Ich habe von den letzten fünf Jahren vier auf der LPGA Tour verbracht und ich denke, dass diese „Non Member- Rule“ nicht für jemanden wie mich gedacht war. Aber gut, wir sind jetzt mitten in der Sai- son und ich möchte mich für die CME-Finals qualifizieren und mir bringt es im Moment nichts, das anzufechten oder mich darüber aufzuregen. Der LPGA-Commissioner Mike Whan hat mir gesagt, mitten in der Saison wird sich jetzt ohnehin nichts tun, aber wir werden danach noch einmal diskutieren, und wenn sich schon für mich nichts ändert, dass zumindest für die Spielerinnen nach mir diese Regel geändert wird. Gewinnt bei den Herren jemand von der Korn Ferry Tour ein Turnier, erhält er die normale Spielberechti- gung. Dieser Unterschied zwischen Mädels und Jungs, das ist etwas, das mich nervt. Ich habe jetzt die zwei Jahre plus fünf Jahre Major-Exemption. Ich spiele gutes Golf und traue mir zu, meinen Status auch für die fünf Jahre zu halten. Wenn ich in zwei Jahren so schlecht spiele, dass ich meine Karte nicht halte, dann ist das auch ein Problem.
erst wahrgenommen, wenn man selber Mal ein Turnier gewonnen hat. Ich habe jetzt sicher einen anderen Auftritt und bin auch um einiges selbstbewusster, weil ich weiß, dass ich alle Spielerinnen in der Woche in Schottland schon geschlagen habe. Deine Form war ja das ganze Jahr schon stark aufsteigend. Hast du vor der Saison etwas Spezielles verändert? Ich hatte letztes Jahr begonnen, mit einem neuen Trainer zu arbeiten. Das zweite Halb- jahr lief eigentlich schon sehr gut. Ich hatte das Gefühl, vom Golferischen fehlt es an nichts, einzig auf mentaler Seite gab es Ver- besserungsbedarf. Vor allem mich nicht runterziehen lassen, wenn es mal nicht so läuft. Ich hatte oft das Gefühl, dass ich besser spiele, als ich score, und das mündete schnell in einem negativen Mindset. Als Corona passierte, gab es mir die Möglichkeit, dann zwei Monate genau daran zu arbeiten. Ich habe viele Bücher gelesen und Podcasts ange- hört, um mental stärker zu werden und das Selbstbewusstsein zurückzugewinnen, das mir in den letzten Jahren verloren ging. Ich habe dann die Cactus Tour-Events gespielt und gedacht, das ist die perfekte Gelegenheit, diesen neuen Mindset auszuprobieren, denn es ist eigentlich völlig egal, wie ich diese Tur- niere beende. Das hat mir extrem geholfen, denn ich habe eben diese drei Turniere ge- wonnen und dachte, wenn ich wieder auf der
»ES IST SCHON VERRÜCKT, WIE SICH IN DEN LETZTEN WOCHEN DURCH EINEN TURNIERSIEG MEIN LEBEN VERÄNDERT HAT«
es gibt Anfragen von Sponsoren und Medien, was insgesamt eine bessere Zeitplanung be- dingt, um alles unter einen Hut zu bringen. Das ist einerseits natürlich eine schöne Sache, andererseits deutlich stressiger, aber davon träumt man ja auch, insbesondere, wenn man nicht so gut spielt, dass es einmal so sein wird. Ja, ich denke auf jeden Fall. Es gab viele Spielerinnen, mit denen ich gut befreundet war, aber durch das Herumspringen von einer zur anderen Tour konnte ich nie genügend Zeit mit ihnen verbringen, das ist jetzt einfacher. Aber auch das Ansehen hat sich schon geän- dert. Ich trage mich in den Teetime-Listen für die Proberunde immer mit den Spielerinnen ein, die ich von früher gut kenne, wie Jessica und Nelly Korda oder Lizette Salas, mit der ich gemeinsam am College gespielt habe. Die sehen mich jetzt als gleichwertig an und fragen mich immer öfter umRat, das ist schon ganz cool. Von der Spielstärke gab es meinem Empfinden nach ohnehin keinen großen Unterschied, aber das wird von denen halt Wirst du von deinen Spielerkolleginnen nun anders wahrgenommen?
durch einen Turniersieg mein Leben ver- ändert hat. Ich habe natürlich auch die Trophäe zu Hause und habe die Bilder im Kopf von anderen Spielerinnen, die diese gehalten haben, da muss man sich hin und wieder schon noch kneifen, ja. Die größte Veränderung ist wohl bei den Turnieren selber, dass ich mehr gezeigt wer- de und auch zu Pressekonferenzen geladen werde. Früher hat mich keiner groß beachtet und ich konnte mir aussuchen, wann ich meine Trainingsrunden spiele. Jetzt muss ich doch um einiges mehr an Terminen absolvieren, Was hat sich im Detail verändert und wie nimmst du diese Veränderungen wahr?
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Hurly Long siegt bei der Italian Challenge, Paula Schulz-Hanßen krönt ihre Saison mit dem Europameistertitel
Fandest du es schade, dass bei deinem großen Sieg keine Fans vor Ort sein durften? Natürlichwäre es schöngewesen, wennmehr Fans vor Ort gewesen wären, vor allem, wenn man die 18 hinuntergeht und die Leute einem zujubeln. Andererseits hatte es auch ein we- nig etwas Melancholisches an sich. Natürlich waren die Kamerateams da, aber es war relativ ruhig und man konnte es so richtig genießen. Aber natürlich hoffe ich, dass es die letzte Sai- son ist, die wir ohne Zuschauer spielenmüssen. Wie empfindest du generell das Leben in der Corona-Bubble mit all den Sicherheitsbestim- mungen? Es ist schon schwierig. Es gibt in der Zwi- schenzeit immer mehr Dinge, die einen ein wenig nerven und woman sich fragt: Muss das jetzt wirklich sein? Ich bin ein junger, fitter Mensch und habe jetzt nicht die große Sorge, dass mir das Virus etwas antut. Man hat eher den Stress im Hinterkopf, wenn ich hier jetzt positiv getestet werde, muss ich die nächsten zwei Wochen in Quarantäne, was manchen Spielerinnen schon passiert ist, die zwei Wochen lang nicht aus ihrem Hotelzimmer durften. Natürlich müssen die Bestimmun- gen so sein, wie sie sind, damit wir überhaupt spielen können, und ich bin ehrlich gesagt einfach nur froh, dass wir spielen können, aber ich denke, wir freuen uns alle wieder auf Zeiten, wo wir auch als Spieler wieder mehr miteinander unternehmen können. Ich bin mit meiner besten Freundin Annie van Dam unterwegs und wir nehmen in Kauf, dass, wenn einer positiv getestet wird, der andere dann eben auch nicht spielen kann, aber das haben wir von Anfang an so beschlossen. Mit meinem Freund Max, der mir Caddie macht, ist es natürlich genauso. Aber wir vermissen schon sehr das Zwischenmenschliche, dass sich dann immer diese Fist Pumps geben. So ein Moment des Sieges ist etwas dermaßen Besonderes für einen, und die anderen wissen es auch, und das ist, was mich an der gesam- ten Situation am meisten traurig macht. Ich hoffe, dass sich das bald wieder ändert. Abschließend ein Blick voraus: Was sind deine nächsten Ziele? Diese Saison versuche ich mich noch für die CME-Finals zu qualifizieren. Für nächstes Jahr sind das Olympia und der Solheim Cup, die mir beide sehr am Her- zen liegen und die ich wahnsinnig gerne spielen würde. Das steht momentan ganz klar im Vordergrund für mich. GT man die andere Spielerin auch in den Arm nehmen kann. Man kennt sich seit zehn Jahren, ist gut befreundet und muss
Women’s Amateur Champion Aline Krauter
Witt und Chiara Horder gegen ein stark auf- spielendes schwedisches Team durch. Paula Schulz-Hanßen legte in der Woche darauf noch einen nach und holte sich auch den Titel bei der Einzel-Europameisterschaft, die im slowenischen CUBO Golf Club vor den Toren Ljubljanas über die Bühne ging. Die 17-jährige Nachwuchspielerin vom GC St. Leon-Rot bezwang im Stechen über drei Löcher die Französin Chloé Salort und krönte so ihre einzigartige Saison. „Ich kann es nicht fassen. Doppel-Europameisterin! Ich kann einfach nur sagen, dass der Sieg für mich die Welt bedeutet. Und das Ganze mit diesen Menschen um mich herum zu erleben, ist einfach perfekt. Ich bin mehr als stolz und unfassbar dankbar für das, was ich hier erleben durfte“, jubelte Paula Schulz-Hanßen nach der Siegerehrung in Slowenien. GOLDENE GOLFZEITEN Und auch auf Profiebene gab es jüngst deutsche Siege zu bejubeln. Allen voran Hurly Long, der sich bei der Italian Challenge Open im GC Castelconturbia den Sieg holte und damit einen wichtigen Schritt Richtung European Tour setzte. Und eine Ebene tiefer landete Thomas Rosenmüller auf der Pro Golf Tour im österreichischen Schladming seinen dritten Saisonsieg und stieg damit auto- matisch auf die Challenge Tour auf. Marcus Neumann, Vorstand Sport des Deutschen Golf Verbandes (DGV), zeigt sich angesichts der Erfolge natürlich begeistert: „Ich freue mich über die goldenen Zeiten für Golf-Deutschland. Diese Erfolge beruhen auf harter Arbeit unserer Athleten und des Be- treuerteams in einem hochprofessionellen System.“ GT
HERREN SCHREIBEN GESCHICHTE Die Herren des Golf Team Germany (GTG) schrieben Mitte September Geschichte, als sie sich erstmals den Titel „Mannschafts-Europa- meister“ schnappten. Im Hilversum’schen GC in den Niederlanden bezwang das Team von Bundestrainer Ulli Eckhardt die Titelvertei- diger aus Schweden mit 2:1. Der amtieren- de Einzel-Europameister Matthias Schmid schickte alle seine Gegner jeweils frühzeitig ins Clubhaus. Seine Team-Kollegen Nick Bachem, Marc Hammer und Jannik de Bruyn machten den Teamerfolg komplett. Auch die Damen des GTG in der Besetzung Helen Tamy Kreuzer, Alexandra Försterling, Paula Schulz-Hanßen und Aline Krauter schafften es bis ins Finale der Team-Europameister- schaft, die im schwedischen Uppsala gespielt wurde. Dort unterlagen sie den Titelverteidi- gerinnen aus Schweden knapp mit 1:2. In der Woche danach standen dann die Einzel-Europameisterschaften auf dem Pro- gramm. Bei den Herren verteidigte Matthias Schmid vom GC Herzogenaurach in impo- santer Manier seinen Titel aus dem Vor- jahr. Im Golf & Country Club Zürich in der
Schweiz beeindruckte das deutsche Team um Bundestrainer Ulli Eckhardt mit insgesamt fünf Athleten in den Top Ten die interna- tionale Konkurrenz. Nach der gelungenen Titelverteidigung meinte Schmid: „Ich bin überglücklich, dass es geklappt hat. Es war eine unglaubliche Woche und mental mit das Schwierigste, was ich bisher überhaupt auf dem Platz durchstehen musste.“ Aufgrund seines Sieges bekommt Schmid erneut einen Startplatz bei einem der größten Turniere der Welt. „Nun freue ich mich riesig auf meinen zweiten Auftritt bei The Open. Im Mai be- ende ich mein Studium in den USA und dann werde ich 2021 zu den Profis wechseln“, gab der Bayer seine Pläne für 2021 bekannt. DAMENPOWER ÜBERALL Parallel dazu fand auf der Anlage des Green Resort Hrubá Borša in der Slowakei die Europameisterschaft (EMM) der Mädchen statt. Die Mannschaft vom Golf Team Ger- many (GTG) holte – insgesamt zum dritten Mal nach 1999 und 2006 – den Titel. In einem spannenden Finale setzten sich Charlotte Back und Paula Schulz-Hanßen sowie Sophie
D ie Meldung von Sophia Popovs Major- Sieg schien die deutsche Amateurriege zu inspirieren, sorgten die Vertreter des Golf Team Germany doch in den Wochen danach für einen noch nie dagewesenen Erfolgsregen. Den Anfang der „Neuen Deutschen Welle“ machte Aline Krauter vom Stuttgarter GC Solitude, die sich Ende August den Titel bei der 117. Women’s Amateur Championship in West Lancashire holte, wenn man so will das Pendant zu Sophia Popovs Sieg auf Amateurebene. Die 20-jährige Studentin der Stanford University bezwang in einem packenden Finalmatch die Eng- länderin Annabell Fuller, die sich der Deutschen am 18. Loch geschlagen geben musste. „Dieser Titel be- deutet mir so viel, ich kann es noch gar nicht fassen“, war die Siegerin im Anschluss überwältigt. „Ich freue mich, so ein großes Turnier mit dieser lan- gen Geschichte gewonnen zu haben.
Der alte und neue Europameister: Matthias Schmid
Ganz besonders freue ich mich auf die Startberechti- gungen, die ich mit diesem Sieg bekomme.“ Als Siege- rin der Women’s Amateur Championship darf Aline Krauter im nächsten Jahr bei der Women’s Open, der Evian Championship und der Augusta National Women's Amateur Cham- pionship antreten.
TRIUMPH I Das deutsche Herren-Team holte erstmals in der Geschichte den vielumjubelten Mannschafts-Europameistertitel
TRIUMPH II Gold regnete es auch für das Mädchen-Team: Charlotte Back, Paula Schulz-Hanßen, Chiara Horder und Sophie Witt (v. l.)
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Viktor Hovland gewann als erster Norweger auf der PGA Tour. Für den Shootingstar erst der Anfang einer wohl großen Karriere.
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Victor Hovland: „Man muss spielen und Spaß haben, aber auch daran denken, wie man besser werden kann“
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Satz Golfschläger mit nach Hause brachte. Zu der Zeit begann er richtig zu trainieren und vermehrt Zeit auf dem Golfplatz zu ver- bringen. „Ich spielte auch Fußball, war darin aber nicht sehr gut“, erinnert sich Hovland im Interview mit dem Golfstore-Magazin. Seine Kumpels wollten, dass er mit Fußball weiter- macht, doch Viktor entschied sich für den Golfweg. „Man muss spielen und Spaß haben, aber auch daran denken, wie man besser werden kann.“ Diesen Gedanken hatte er damals mit elf Jahren bereits und der hat sich bis heute tief eingeprägt. „Ich erinnere mich an die Zeit in der High School. Ich nahm für gewöhnlich jeden Tag den Bus zur Schule und schleppte eine Tasche mit Schulbüchern, eine zweite Tasche mit Trainingssachen und mein Golf- bag mit. Der Bus war voller Leute und all die Sachen mitzuschleppen war nicht immer cool. Doch dann dachte ich einfach an meinen Traum PGA Tour und die Majors und dieser Traum half mir enorm!“ VIKTORS PROZESS-ZIELE Anders als etwa ein Tiger Woods, der von Anbeginn Jack Nicklaus’ Major-Rekord von 18 Siegen brechen wollte, hat Viktor Hovland keine klar definierten Ergebnisziele. Er nennt seine Ziele vielmehr Prozess-Ziele. „Ich ver- suche einfach, jeden Tag besser zu werden. Ich möchte lernen, verschiedene Schläge besser auszuführen: hohe Schläge, flache Schläge, Draw, Cut – und wenn ich diese Ziele errei- che, weiß ich, dass ich auf dem Platz besser spielen werde.“ Oft als Supertalent beschrieben, hört der Norweger diese Bezeichnung eigentlich gar nicht so gerne. „Ich war als Junior nie der bes- te Spieler. Ich musste kämpfen und mir alles hart erarbeiten, um mit den Gleichaltrigen Schritt halten zu können. Doch ich trainierte hart und ich trainierte vor allem die richtigen Dinge. Das hat dazu geführt, dass ich mit jedem Jahr immer besser geworden bin.“ Heute ist er so gut, dass mittlerweile eine enorme Erwartungshaltung an den 23-Jähri- gen geknüpft wird. Doch mit der ihm typi- schen Unbekümmertheit lässt er sich auch von solchen Dingen nicht groß beeindrucken. „Ich kümmere mich nicht so sehr darum, was andere von mir erwarten. Alles, was ich auf dem Platz mache, tue ich für mich selbst.“ GT „Ich kümmere mich nicht so sehr darum, was andere von mir erwarten. Alles, was ich auf dem Platz mache, tue ich für mich selbst“
Twen auch perfekt zu der trendigen, skandi- navischen Vorzeigemarke. „Er hat einen selbstbewussten ‚Swagger‘, aber er ist nicht übermütig. Nur voller Selbst- vertrauen. Es ist wirklich einfach, mit ihm auszukommen“, sagt auch sein australischer Caddie Shay Knight, der zuvor mit Matt Jones, Chez Reavie, Jerry Kelly und Sean O’Hair ge- arbeitet hat. „Er ist ein sehr talentierter Junge und es ist aufregend, Teil von etwas zu sein, von dem viele von uns denken, dass es in den kommenden Jahrzehnten großartig für den Golfsport sein wird." KEINE SCHWÄCHEN, VIELE STÄRKEN Obwohl Hovland nur 178 cm groß ist, verfügt er über eine erstaunliche Länge und kombi- niert sie mit Genauigkeit. Er schlägt den Ball vom Abschlag im Schnitt 301,4 Yards weit und findet satte 75,5 Prozent der Fairways. Nur zwei Spieler auf der Tour haben einen höheren Prozentsatz. „Es gibt keine wirklichen Schwächen in Viktors Spiel“, erklärt Knight. „Seine Drives sind eine große Stärke von ihm. Er schlägt den Ball so lang und mit sehr gerin- „Er ist ein sehr talentierter Junge und es ist aufregend, Teil von etwas zu sein, von dem viele von uns denken, dass es in den kommenden Jahrzehnten großartig für den
STECKBRIEF VIKTOR HOVLAND » Geboren am 18. September 1997 » Geburtsort: Oslo, Norwegen » Wohnort: Stillwater, Oklahoma » College: Oklahoma State University » Profi seit: 2019 » Profi-Siege: 1 (Puerto Rico Open 2020)
ANGEKOMMEN Viktor Hovland gewinnt die Puerto Rico Open 2020
ger Krümmung, dass der Ballflug vorherseh- barer ist und es einfacher ist, Fairways zu tref- fen." Und der Erfolg gibt dem Norweger recht, auch wenn er sich letztes Jahr auf der Korn Ferry Tour erst einmal Sporen verdienen musste. Bei den Finals holte er sich aber das Ticket für die PGA Tour und im Februar schaffte er in Puerto Rico den ersten Sieg auf höchster Ebene. Und einmal mehr sorgte Hovland damit als nun offiziell erster norwe- gischer PGA Tour-Sieger für Sportgeschichte seines bis dato nicht gerade erfolgsverwöhn- ten Landes. EIN BLICK AUF DIE ANFÄNGE Doch wie kam Viktor eigentlich zum Golf- spiel? Er war gerade einmal elf Jahre alt, als sein Vater, der in den USA arbeitete, einen
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ir befinden uns ge- rade mitten im Wandel einer neuen Generation an Superstars, die den Golfsport indennächsten Jahren maßgeblich prägen
werden. Von den ganz Jungen werden in der Regel drei Namen genannt, die eine Füh- rungsrolle innehaben und im letzten Jahr ihren Vorschusslorbeeren durchaus gerecht wurden. Neben dem aktuellen PGA Cham- pion Collin Morikawa und US-Landsmann Matthew Wolff (gerade Zweiter bei den U.S. Open geworden) ist es vor allem Viktor Hovland, dem eine große Zukunft vorher- gesagt wird. Und der 23-jährige Norweger bringt auch so gut wie alles mit, was es braucht, um auf der PGA Tour zu reüssie- ren. Blickt man zunächst auf seine Amateur- karriere zurück, ist diese gespickt mit Erfol- gen, die ihresgleichen suchen. Viktor Hovland gewann 2018 die U.S.-Ama- teur Championship in Pebble Beach, eines der prestigeträchtigsten Amateurturniere der Welt, und war damit der erste Norweger in der Geschichte, dem dieses Kunststück ge- lang. Ein Jahr später kehrte er auf den legen- dären kalifornischen Platz zurück und been- dete die U.S. Open als „Low Amateur“ – und schlug damit den Rekord von Jack Nicklaus für den niedrigsten 72-Loch-Score eines sol- chen Spielers. Hovland war auch beim Mas- ters mit einem geteilten 32. Platz der bestplat- zierte Amateur im Feld und beendete seine glanzvolle Amateurkarriere als Nummer eins der Welt. NUMMER EINS BEI DEN AMATEUREN
Golfsport sein wird“ Shay Knight, Hovlands Caddie
Der junge Norweger, der mit seinem Lächeln und Charisma begeistert, führt seinen raschen Aufstieg auf einen Schock zurück, den er bei seiner Ankunft an der Oklahoma State Uni- versity erlebte. „Als ich in Oslo aufgewachsen bin, hatten wir eine nationale Juniorenliga, aber nur eine Handvoll Spieler war richtig gut", erinnert sich Hovland. „Wenn du dort gut abschneidest, denkst du, du bist groß- artig, weil alle über dich sprechen. Dann spielst du auf europäischer Ebene, und wenn du wieder vorne dabei bist, denkst du, dass du wirklich toll bist. Dann kommst du aufs College und merkst plötzlich, wow, hier draußen gibt es eine Menge richtig guter
Leute. Ich habe sehr schnell begriffen, dass ich wirklich gut spielen musste, um es über- haupt in die Mannschaft zu schaffen.“ BEGEHRTER JUNGPRO 2019 wechselte Viktor ins Profilager und wur- de auf Anhieb von hochkarätigen Sponsoren wie PING, Audemars Piguet oder J.Lindeberg unterstützt, die seitdem auf die heiße norwe- gische Aktie setzen. Vor allem für das schwe- dische Modelabel JL wurde Hovland rasch zu einem der Golf-Gesichter der aktuellen Kollektion. Mit jugendlichem Antlitz, einem schelmischen Grinsen und jeder Menge Charisma ausgestattet, passt der stylishe
ERFOLGREICHES TANDEM Caddie Shayn Knight hält große Stücke auf den Norweger
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