GOLF TIME 2/2016

RUBRIK | ARTIKEL FANTASY MATCHPLAY

SCIENCE FICTION Mit John Daly, Bobby Jones und Walter Hagen in St. Andrews – was für eine explosive Mischung! Von Götz Schmiedehausen

JOHN DALY JAHRGANG: 1966

W ir haben uns wirklich vor- genommen, mit unserem selbstgebauten Zeitmaschi- nen-Prototyp „GOLF TIME MACHINE“ vorsichtiger umzugehen. In der Vergangenheit bzw. der daraus resultie- renden Zukunft sind zu viele unerwünschte Nebeneffekte unserer Ausflüge aufgetreten. Ihnen wird diese Gegenwart natürlich ganz normal vorkommen, doch aufgrund eines „bedauerlichen Versehens“ im schottischen Mittelalter muss ein Golfplatz nun 18 statt zehn Löcher aufweisen. Auch für das kom- plett unsinnige englische Maßsystem ent- schuldige ich mich bei Ihnen, aber das ist eine andere Geschichte. Wie wir im letzten Monat jedoch auf die völlig bescheuerte Idee kamen, ausgerechnet mit John Daly in die Vergangenheit zu rei- sen, kann ich beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Ich erinnere mich nur noch an diese Bar, den dicken, wasserstoffblonden Kerl und einen Kostümverleih! Als ich wieder halbwegs klar im Kopf bin, stehe ich neben Daly vor dem Clubhaus des St. Andrews Old Course. Er trägt einen al- tertümlichen Zweireiher mit Krawatte, auf dem Kopf eine Melone. Zudem hat er sich einen gewaltigen Schnauzer ins Gesicht geklebt. Der Aufzug wirkt unglaublich lächerlich, doch bevor ich Gelegenheit habe, eine spöttische Bemerkung abzusondern, entdecke ich, dass ich in etwa die gleiche Garderobe zur Schau stelle. Daly spricht gerademit einemjungenMann, den er mir als Robert Tyre Jones Jr. vorstellt. „Bobby! Nennen Sie mich Bobby“, meint Jones und schüttelt meine Hand. Ich nehme Daly kurz zur Seite und frage ihn: „John, was geht hier vor?“

und eins zusammen. „Bobby“, quäkt Hagen, es klingt wie „Baaabbüüü“. Jones’ Miene verdüstert sich zusehends. „Hast du dich verlaufen?“, ruft der Neuan- kömmling quer über den Platz. „Ich dachte, du und diese Wiese sind fertig miteinander?“ In den folgenden fünf Minuten muss Daly mit Engelszungen auf Bobby Jones einreden, um diesen zum Bleiben zu überreden. Offen- bar hat sich John zuvor als Gönner von Bobby Jones’ Studentenverbindung ausgegeben und eine hohe Geldspende in Aussicht gestellt, wenn sie gemeinsam den Old Course spielen würden. Gleichzeitig hat er heimlich Walter Hagen informiert, demMatch beizuwohnen. „Ich wette, du traust dich nicht, hier gegen mich anzutreten. Es gibt eben Plätze und Gegner, denen geht selbst ein Bobby Jones lieber aus dem Weg“, heizt Hagen die Stimmung an. „Sie überschätzen sich, mein Herr“, erklärt Daly und mimt den Gentleman von Welt. „Ich wette 5.000 Dollar, dass Robert Sie in die Schranken weisen wird. Und weitere 5.000, dass ich Sie ebenfalls schlage.“ „So viel Geld! Wie aufregend!“ Hagen gibt ein gespieltes Quieken von sich. Im folgenden Moment der Stille blicken alle gespannt auf Jones. Widerwillig stimmt der schließlich zu. SIEGE IN ST. ANDREWS: Open Championship 1995 BESONDERHEITEN: War bzw. ist süchtig nach Alkohol, Zigaretten, Cola-Light, Schokolade, Sex, Glücksspiel. Hersteller des Alko-Pop-Drinks „John Daly Cocktail“ in drei (bizarren) Geschmacksvarianten, semiprofessioneller Country-Musiker

„Weißt du echt nichts mehr?“, wundert sich mein Saufkumpan von einem erst fern- zukünftigen Gestern. Ich erfahre, dass ich Daly in der Bar wohl vom Alkohol bene- belt von der Zeitmaschine vorgeschwärmt haben muss. Bobby Jones ist das große Idol des Open Champion von 1995. Mit einigen Freigetränken brachte er mich dazu, dem legendären Golfer der Zwanzigerjahre einen Besuch abzustatten. Daly wollte Jones unbe- dingt dazu überreden, noch einmal den Old Course zu besuchen, dem dieser nach seinem einzigen Besuch in St. Andrews 1921 auf Nimmerwiedersehen den Rücken gekehrt hatte. Offenbar hat Daly Erfolg gehabt. „Welches Jahr haben wir“, will ich wissen, als Daly eine schmale Ledertasche voller historisch wirkender Golfschläger schultert. „1927, der 6. Juli – nächste Woche findet hier die Open statt und Bobby sollte unbe- dingt dabei sein!“ Achselzuckend trabe ich hinter den bei- den her. Eine Golfrunde mit Bobby Jones und John Daly auf dem Old Course im Jahr 1927, was soll da schon schiefgehen? Gerade als Bobby mit seinem Driver aus Persimmonholz zuschlagen will, rast eine imposante Limousine über den Asphaltweg, der quer durch das Fairway der ersten Spiel- bahn verläuft. Mit quietschenden Reifen kommt das offene Gefährt zum Stehen. Ein elegant gekleideter Herr springt heraus, der mit wedelndenArmen direkt auf uns zu läuft, während ein indisch aussehender Mann eine Golftasche hinter ihm her schleppt. „Der verdammte Walter Hagen!“, zischt Bobby Jones, „woher weiß der Kerl, dass ich hier bin?“ Daly zwinkert mir breit grinsend zu und mein schnapsgemartertes Hirn zählt eins

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