GOLF TIME 2/2021
TRAINING | SPORTPHYSIO
KARZ | TRAINING
DR. CHRISTIAN HAID Biomechaniker, Universitätsklinik Innsbruck
PETER KARZ, Jahrgang ’68, Fully Qualified PGA Pro mit Stützpunkt im Golfpark München- Aschheim. Seit 1996 Trainer von Alex Cejka.
www.golfherztirol.at
DER KOMPROMISS ELEGANZ Das Verständnis für die Bewegungsentstehung ist beim Lernen hilfreich. W ir erlernen Bewegungen leichter, wenn wir wissen, worauf es ankommt. Beim Golfschwung glauben wir, die Arme aktiv
schwingen zu müssen. Das ist jedoch nicht die Bewegung, auf die es ankommt. Wir haben falsche Bewegungsvorstellungen und störendes intuitives Bewegungsverhalten. Bei- des verhindert einen effizientenGolfschwung. Wir schauen guten Golfern zu und ahmen sie nach. Bei der Beobachtung sehen wir je- doch nur die Bewegungsergebnisse aus Aktio und Reaktio und ziehen falsche Schlüsse. Es ist daher gar nicht so einfach, zu richtigen Bewegungsvorstellungen und Anleitungen zu kommen. Auch gute Spieler und Lehrer unterliegen denselben Irreführungen wie wir. Ein guter Golfschwung entsteht meistens „kindlich natürlich“, und in sehr seltenen Fällen haben Spieler tatsächlich das Talent. Die meisten Golfer finden sich jedoch mit ihrer Mittelmäßigkeit ab. Es ist möglich, mit gezielten detaillierten Anleitungen einen perfekten Golfschwung zu erlernen. Das Verständnis für die Bewe- gungsentstehung ist beim Lernen hilfreich. Der Lehrende greift dabei auf physikalische und physiologische Kenntnisse zurück. Die daraus resultierenden Bewegungsanleitungen empfinden wir als „grundsätzliche Ver- änderung unseres Schwunges“. Es entsteht unglaubliche Leichtigkeit und hohe Effizienz. Die meisten möchten jedoch schnell bes- ser golfen und sind nicht bereit, sich auf den Weg zur perfekten Bewegung zu machen. Da hilft auch nicht, dass ein wirklich guter Golf- schwung elegant und harmonisch wirkt. Es gibt jedoch auch Anleitungen, die bei nahezu jedem Schwung zu Verbesserungen führen. Diese ermöglichen Golfern, mehr Spaß zu haben, auch wenn sie nicht mit letzter Konsequenz nach der erreichbaren Leichtig- keit eines perfekten Schwunges suchen. Für diese möchte ich eine ganz allgemeingültige Anleitung geben.
NICHT AUF DIE SCHIEFE BAHN GERATEN
TIPPS VON DER TOUR Mit dieser Übung überprüft Alex Cejka unter anderem die Beweglichkeit in der Schulter.
VORBILD Tiger Woods ist einzigartig. Er kann es nochmals schaffen, wenn er die Physik optimal nützt und physiologische Phänomene beachtet
D ass an der rechten Seite der Spielbahn die meisten Hindernisse platziert sind, ist kein Zufall. Die Golfplatz-Architekten kennen unsere Fehlschläge. Sie wissen, dass der häufigste Fehlschlag bei den Amateuren ein Slice ist. Die Ursache für einen typischen Slice ist ein zu steiler Eintreffwinkel. Das heißt, dass der Schläger in der Abwärtsbewegung un- sere Ziellinie von außen nach innen kreuzt. Somit bewegt sich der Schläger auf einer zu steilen Schwungbahn, wenn er auf dem Weg Richtung Ball ist. Der häufigste Grund dafür ist, dass wir die Schultern beim Ausholen nicht aufdrehen. Im letzten Golf-Tipp habe ich Ihnen
gerät. Der unten aufgeführte Test gibt Ihnen eine Orientierung. Schwieriger wird er mit einer nach vorne geneigten Wirbelsäule. Wichtig: Testen Sie immer beide Seiten. Als Ansporn: Alle Longhitter auf der Tour kommen ein gutes Stück hinter die Wirbelsäu- le. Und falls Sie auf der linken Seite damit Schwierigkeiten haben, könnte das der Grund für den Chicken Wing sein. Für mehr Beweg- lichkeit im Schulterbereich fragen Sie Ihren Physiotherapeuten oder schicken mir eine E-Mail: peter.Karz@me.com GT
einen Test beschrieben, wie Sie überprüfen können, ob Sie dazu physisch in der Lage sind. In diesem Artikel möchte ich einen anderen Grund für den Slice ansprechen. Eine kleine, aber wichtige Sache, um den Schläger in der Abwärtsbewegung auf die richtige Bahn zu be- kommen. Dafür verantwortlich: der Schulter- strecker Musculus Deltoideus oder auch Delta- Muskel genannt. Er liegt wie ein Paket um das Schultergelenk und könnte verantwortlich sein, dass Ihr rechter Arm sich nicht genügend nach hinten bewegen kann. Das führt dazu, dass der Schläger-Schaft im Abschwung nicht genü- gend abflacht und somit auf die schiefe Bahn
„GEISTIG“ VORBEREITEN Ohne auf „falsch“ und „richtig“ einzugehen, kann man mit Sicherheit sagen, dass es hilft, sich die Bewegung, die man machen möchte, vorzustellen. Das führt dazu, dass wir Bewe- gungen „geistig“ vorbereiten. Diesen vorbe- reitenden Vorgang nennen wir Antizipation. Auch wenn wir mit falschen Bewegungen Golf spielen, wir werden trotzdem die von uns gewünschten Bewegungen verbessern. Nehmen wir an, ein Spieler glaubt am Ende des Rückschwunges, mit den Händen nach unten ziehen zu müssen. Er wird diese Bewe- gung besser machen, wenn er sich diese Be- wegung bereits beim Rückschwung vorstellt. Ich möchte an dieser Stelle nicht all die Be- wegungen beschreiben, mit denen wir fälsch- licherweise glauben, einen guten Golfschwung durchzuführen. Es macht wenig Sinn, schrift- lich Bewegungsänderungen anzuleiten, die uns im ersten Augenblick sehr befremdend vorkommen. Aber wir können unsere auto- matisierten Bewegungsmuster verbessern, vorbereiten und ruhiger gestalten. Das führt zur Verbesserung unseres Spiels.
Somit kann jeder, ohne sich der Mühe der Schwungoptimierung zu unterziehen, sein Golf durch Antizipation verbessern. Wenn unser Körper weiß, welche Bewegung als Nächstes auf ihn zukommt, dann kann er sich darauf vorbereiten. Das gilt in mehrfacher Hinsicht: Der Körper wird in eine stabile Position ge- bracht, sodass die zu erwartende Bewegung ihn nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Muskeln werden passiv vorgespannt und erreichen höhere Kraftentfaltung. Die Bewegungen werden weniger ruckartig und das verbessert die Wiederholbarkeit. Denken Sie beim Rückschwung bereits an den Durchschwung. Sie haben alle Zeit der Welt. Daran denken heißt nicht, es sofort zu tun. Sie beenden die Ausholbewegung in aller Ruhe und Ihr Körper kann sich bereits auf die nun folgende Bewegung einstellen. Das nimmt die so häufige „Zuschlagehektik“ aus demWechsel vom Rückschwung zum Durch- schwung. Allein diese Veränderung wird sich sehr positiv auf Ihr Spiel auswirken. GT INFO Christian.haid@i-med.ac.at
INFO www.peter-karz.de
BEWEGLICHKEIT: SCHULTER
Sie stellen sich aufrecht hin und strecken den rechten Arm zur Seite aus. Jetzt winkeln Sie Ihren Ellbogen im 90-Grad-Winkel an, sodass Ihre Handfläche nach unten zeigt.
Jetzt ziehen Sie den Ellbogen aus dieser Position so weit nach hinten, wie es geht, ohne dass Ober- und Unter- arm ihre Stellung zueinander verlieren. Wie weit kommen Sie? Wenn Ihr Oberarm jetzt einen rechten Winkel zu Ihren Schulterblättern bildet, wäre das sehr gut. Alles davor könnte mitverantwortlich für
Die Fingerspitzen zeigen nach vorne.
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Ihren Slice sein. 2
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