GOLF TIME 5/2021
L ange zwei Jahre mussten die internationale Golfszene und ihre Fans auf die Austragung der 149. Open im Royal St. George’s Golf Club warten. Doch das Warten hat sich gelohnt. Der einzige Platz in der Open-Rotation im Süd- osten Englands präsentierte sich von seiner schönsten Seite. Strahlender Sonnenschein und eine ungewohnt leichte Brise Wind ermöglichten in der englischen Grafschaft Kent Spitzengolf, das täglich von Zehn- tausenden begeisterter Zuschauer begleitet wurde. In der Finalrunde kam es zum Show- down zwischen dem erneut glücklosen Louis Oosthuizen und Collin Morikawa, der bei seiner Open-Premiere bewies, dass Erfahrung nicht alles ist. Der 24-jährige Kalifornier lieferte in Sandwich sein Meis- terstück ab und hielt mit nahezu fehler- freiem Spiel und Nerven aus Stahl die Konkurrenz in Schach. COLLINS STERN GLÜHT WEITER Nach dem Sieg bei der PGA Champion- ship 2020 gab es geteilte Meinungen zum neuen Major-Champion Collin Morika- wa. Die einen sprachen schon vom neuen „Tiger Woods“. Die anderen mahnten zu Vorsicht, da im TPC Harding Park letztes Jahr aufgrund der Coronapandemie keine Zuschauer erlaubt waren und die Atmo- sphäre eher einer tristen Proberunde glich. Manch einer stellte offen die Frage: „Hät- te der Jungspund vor Tausenden von Zu- schauern auch die Nerven behalten und den Sieg davongetragen?“ Eine indirekte Ant- wort darauf gab Morikawa nun 11 Monate später bei der 149. Auf lage der Open. 32.000 Fans säumten am Finaltag die Fairways und sorgten für eine Major-würdige Stimmung im Royal St. George’s Golf Club. Collin Morikawa zeigte nicht den Anf lug einer Nervenschwäche. „Ich hoffe das Ding ist jetzt vom Tisch und klar, dass ich auch vor Fans spielen kann“, lachte Morikawa. Der Shootingstar, der in der Woche vor der Open in Schottland antrat, um sich ein wenig auf Linksgolf einzustellen, sah von Anbeginn der Finalrunde konzentriert, aber alles andere als verkrampft aus. Er kicherte mit seinem Caddie, J. J. Jakovac, als sie das erste Fairway entlangliefen, und
er blieb bemerkenswert ruhig, als der Druck andiesemsonnendurchf lutetenNachmittag weiter stieg. „Mit den Schlägen, die er machte, und den Putts, die er lochte, wurde klar, dass er keine Angst vor Hochdruck- Situationen hat, um Majors zu gewinnen“, zollte auch Jordan Spieth dem frisch ge- backenen „Champion Golfer of the Year“ den geziemenden Respekt. „Du musst diese Chancen genießen“, sagte Morikawa, der in zwei Jahren als Profi nunbereits fünf PGA-Tour-Titel einheimste. „Man muss sich über diese Möglichkeiten freuen, und so habe ich es heute angelegt, insbesondere gegen Ende der Runde.“ Mit einer bogeyfreien 66 (4-unter-Par) und einem Gesamtscore von 15-unter-Par hielt er den groß aufspielenden Landsmann
Jordan Spieth mit zwei Schlägen Vor- sprung auf Distanz. Genauso wie bei der PGA Championship gewann er nun auch die Open bei seinem ersten Antritt. Für die Historiker unter uns: zwei Major-Siege beim jeweils ersten Antritt – das gelang bislang noch keinem Spieler zuvor … Collin Morikawa, dessen Freundin Katherine und seine Familie den Erfolg vor dem Fernseher in den USA miterlebten, absolvierte ein vierjähriges Wirtschafts- studium an der University of California in Berkeley. Nach dem Abschluss 2019 wech- selte er ins Golf-Profilager. Er gehört nicht unbedingt zu den Longhittern auf der Tour und hat bisweilen auch seine Probleme mit dem Putten. Das Herzstück seiner Perfor- mance ist das Spiel mit den Eisen, ins-
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GOLF TIME | 5-2021
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