GOLF TIME 5/2022
DAS GLÜCKSSPIEL WODURCH LEFTY SICH ABLENKEN LÄSST Aber Phil signierte sie in komisch anmuten den großen Buchstaben, was laut Mackay das Andenken entstellte. Bones hat sie nie in sei nem Haus ausgestellt und plant laut Quelle, sie eines Tages zu verkaufen und das Geld für wohltätige Zwecke zu spenden. Was die Fahnen ihrer anderen Tour-Siege betrifft, so kann Mickelsons Motivation, sie weiterhin zu behalten, über Sentimentalität hinausgehen. Wie einige andere Top-Profis, darunter Tiger Woods, lehnt es Mickelson gewöhnlich ab, Golfbälle zu signieren, da es schwierig ist, eine saubere Unterschrift auf einer runden Oberf läche mit Dimples aus zuführen, die schlampig aussieht und auch leichter zu fälschen ist. Aber eingesperrt in einem Schließfach sind Dutzende von Golfbällen, die Mickelson sorgfältig unter schrieben und als Teil seines Erbes für sei ne Kinder reserviert hat. Vielleicht versucht er eines Tages auch, die Siegesfahnen zu monetarisieren. Ein wiedererstarkter Tiger war nicht der ein zige Schatten in Phils scheinbar perfektem Leben. Seine Glücksspielprobleme wurden auf der Tour zu einem offenen Geheimnis. Steve Flesch spielte um die Jahrhundertwen de an einem Sonntag bei der Hyundai Team Matches gemeinsam mit Mickelson. „Er hat auf jedesm Loch einen Beeper oder etwas ähnliches gecheckt“, sagt Flesch lachend. „Es hätte ihn nicht weniger interessieren können, was wir auf dem Golfplatz taten. Er war definitiv mehr besorgt darüber, wer die Football-Spiele gewinnt.“ Tom Lehman hatte eine ähnliche Erfahrung mit Mickelson beim Presidents Cup 2000, als er mit Mickelson am Samstagnachmittag einen Vierball-Best ball gegen Mike Weir und Steve Elkington spielte. „Phil schlug überall hin – er hat auf den ersten acht Löchern kaum ein Loch zu Ende gespielt“, sagt Lehman. „Er sagte die ganze Zeit: ‚Mach dir keine Sorgen, ich tauche schon irgendwann auf.‘ Am neunten Loch landete er tief im vorderen Bunker und kam wieder raus. Er ging weit zurück zwischen
die Bäume und saß mit dem Rücken zu allen mit gesenktem Kopf auf einem Baumstumpf. Ich dachte, er spricht sich ein wenig Mut zu, also ging ich hinüber, um zu versuchen, ihn aufzumuntern, doch er hatte sein Handy herausgeholt und überprüfte gerade die Football-Ergebnisse.“ Im Februar 2001 gelangten Mickelsons Glücksspiel-Gewohnheiten an die Öffent lichkeit. Er machte Schlagzeilen, weil er eine Super Bowl-Wette imWert von 560.000 U.S.- Dollar gewann. Monate zuvor setzte er bei einer Quote von 28:1 20.000 U.S.-Dollar auf die Baltimore Ravens. Mickelson war so sehr vom Erfolg der Ravens überzeugt, dass er, als das AFC Championship-Spiel am Samstag des Tournament of Champions in Kapalua stattfand, das Spiel während seiner Runde heimlich mit einem Ohrhörer und einem, in seiner Kleidung versteckten, Radio hörte. Später im Jahr 2001, als die Tour im Firesto ne CC spielte, saß Mickelson in der Umklei dekabine und sah sich das Stechen zwischen Tiger Woods und Jim Furyk an. Auf dem ersten Extra-Loch landete Furyk in einem Grünbunker und Mickelson rief, dass er für eine Quote von 25 zu 1 20 U.S.-Dollar darauf setzen würde, dass Furyk den Schlag einlo chen würde. Mike Weir nahm die Wette an und musste danach Mickelson 500 Dollar zahlen, als Furyk ihn tatsächlich lochte. Als Golf World berichtete, was passiert war, erhielt Mickelson eine Vorladung des damaligen PGA Tour-Bosses Tim Finchem wegen potenzieller Verletzung von Abschnitt VI-B im PGA Tour Player Handbook, in dem es heißt: „Ein Spieler darf, weder direkt noch indirekt, ein finanzielles Interesse an der Leistung oder den Gewinnen eines anderen Spielers haben.“ Mickelsons Bedürfnis nach Action übertrug sich auf die tatsächlichen Tour-Events. „Als ich im Tower war“, erzählt der ehemalige CBS-Kommentator Gary Mc Cord, „sah Bones jedes Mal, wenn Phil an meinem Loch ankam, zu mir hoch und ich gab ihmmeine Wettquoten. Wenn Phil einen Viereinhalb-Meter-Putt hatte, würde ich
Und dann gab es den Streit um die Fahnen des 18. Loches ihrer Siege. Mickelson hatte immer darauf bestanden, diese Andenken für die Küchenwand seines Großvaters Nunu zu ergattern. Dazu gehörte jene vom Masters 2004, vier Monate nach Nunus Tod. Phil ließ die Fahne einrahmen und schenkte sie seiner Großmutter Jennie, Nunus Witwe. Mackay verstand und respektierte diese Geste, aber 19 weitere Tour-Siege würden folgen, darun ter vier Majors, und er selbst durfte nie eine einzige Flagge behalten. „Das ist ein Riesen-F*ck-you für einen Caddie“, sagte jemand, der Mackay sehr nahe steht. „Wenn Phil das Masters gewinnt, bekommt er das grüne Jackett, die Trophäe, den großen Scheck, den ganzen Ruhm. Musste er auch noch die Lochfahnen neh men? Jeder andere Caddie, der jemals das Masters gewonnen hat, darf die Flagge am 18. Loch behalten. Dass Phil der Tradition nicht folgte, war enorm respektlos.“ Während der Woche der Phoenix Open ver anstalteten die Mackays oft Dinnerparties für Spieler und Caddies in ihrem Haus, und eine häufig gestellte Frage war: „Wo sind all die Fahnen?“ Es ärgerte Mackay auf eine Weise, die für Außenstehende schwer zu ver stehen ist. Eine Woche nach der Trennung, in der Mackay endlich all seinem Ärger Luft mach te, zahlte Mickelson seinem Caddie weitere 400.000 Dollar an überfälligem FedEx-Geld und übersendete Bones die Flaggen von ih ren Siegen bei der PGA Championship, Bri tish Open und beim Masters 2006 und 2010.
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