GOLF TIME 7/2018

COVER | 42. RYDER CUP

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ie Schlagzeilen über- treffen sich: Die New York Times berichtet nach dem Ryder Cup- Debakel gegen Europa von einem Outing

Patrick Reeds, der „angepisst sei, weil Jordan Spieth nicht mit ihm in einem Flight spielen wolle“. Außerdem gab der selbsternannte „Captain America“ schon während des Tur- niers im Le Golf National bei Paris zum Besten: „Es war keine kluge Entscheidung, jemanden wie mich, der so erfolgreich in der Vergangenheit war, zwei Mal nicht zu nomi- nieren.“ Bei seinen drei Einsätzen lieferte der nicht gerade beliebte Masters-Sieger nur einen einzigen Punkt ab. Kaum war diese NYT-Nachricht durch, kam schon der nächste Hammer: Dustin Johnson und Brooks Koepka sind unmittel- bar nach demRyder Cup in den Mannschafts- räumen der Europäer tätlich aufeinander losgegangen, mussten von den entsetzten Mitspielern getrennt werden. Schließlich gab es dann noch den in dieser krassen Weise nicht zu erwartenden Shit- Storm gegen U.S.-Kapitän Jim Furyk, 48. „Wie konnte er den Oldie Phil Mickelson, weit ab von seiner gewohnten Form, mit einer Wild- card ins Ryder Cup Team berufen?“, war noch die sachlichste Kritik. Auch Wildcard-Spieler Tiger Woods und Bryson DeChambeau muss- ten sich harscher Schelte aussetzen, einzig Ryder Cup-Rookie Tony Finau kam ungescho- ren davon – er holte immerhin zwei Punkte. Diese September-Woche alle zwei Jahre ist etwas ganz Spezielles, zweifellos das High- light im Golf-Kalender. Abwechselnd in Europa und zwei Jahre später in den USA. So war es von Anfang an, auch wenn damals der Ryder Cup noch ein sechswöchiger Ausflug per Kreuzfahrtschiff über den Atlantik war. Als ein gewisser Samuel Ryder, Samenhänd- ler und begeisterter Golfer, 1927 einen ver- goldeten Pokal stiftete als Preis für eine kleine, exklusive Herrenrunde, die sich mit Golfern der NeuenWelt messen sollte, ahnte niemand, welche Dimension dieser Ryder Cup einmal haben würde. Aber eines war schon immer so: Der Ryder Cup ist mehr als simple 28 Matches zwischen den besten 24 Spielern von USA und Europa. Es ist ein Prestige-Duell zwischen den Amis und den Euros, an Publikums-Interesse gleichzusetzen mit Olympischen Spielen, Fußball-WM oder Super Bowl.

TRIUMPH Ausgelassen feierten die Spieler um Kapitän Thomas Bjørn den Gewinn des Ryder Cups

Obwohl es für die Ryder Cup-Spieler keinen Cent Preisgeld gibt, zählt dieser Bewerb zum Sahne-Event der Golf-Szene. Kein Wunder, dass die Nerven der Ryder Cup-Millionäre blank liegen, die Spieler in geradezu hysteri- sche Ekstase geraten wie bei keinem anderen Golfturnier. Sicherlich der Hauptgrund, warum so viele Zuschauer wie noch nie auf die top präparierte Anlage bei Versailles strömten. In den Golf National waren 290.000 Fans ge- kommen, davon Tausende schon morgens ab sechs Uhr auf den Beinen. Alleine am ersten Abschlag fasste die Tribüne 6.900 Zuschauer. Wie die Ryder Cup-Statistik zeigt, domi- nierten die Amerikaner diesen Bewerb an- fangs nach Belieben, da es immer nur gegen eine UK-Auswahl ging. Erst als seit 1979 auch Festland-Europäer in den Ryder Cup- Modus aufgenommen wurden, war das Kräfteverhältnis deutlich ausgeglichener. „Wir sind heute sehr stolz, alle zwölf Spieler waren fantastisch, wie sie sich zu einemTeam entwickelt haben. Es war ein einfacher Job, sie in diese Richtung zu führen“ Thomas Bjørn

Hier die Langzeit-Statistik: Nach 42 Ryder Cups haben die USA 26 Bewerbe gewonnen, Europa 14. Nach insgesamt 984 Matches holten die USA 542 Punkte und Europa 442 Punkte. Also noch ordentlicher Aufholbedarf seitens Old Europe. Erst in den vergangenen 33 Jahren kris- tallisierte sich eine deutliche Dominanz der Europäer heraus. Der letzte Sieg der U.S.-Boys auf europäischem Boden liegt 25 Jahre zurück (1993 The Belfry, 15:13), seit 1985 haben die Amerikaner insgesamt nur fünf Mal gewon- nen, die Europäer elf Mal. Die große Wende läutete Seve Ballesteros 1997 ein, als er in Valderrama die klaren Favoriten (erstmals mit dem Superstar und Weltranglisten-Ersten Woods) mit 14,5:13,5 nach Hause schickte. Von den vergangenen neun Ryder Cups gewannen die Amerikaner nur zwei Mal (Valhalla 2008 und Hazeltine 2016), und automatisch drängt sich die Frage auf: Was ist los mit den U.S.-Boys, die nach wie vor laut Weltranglistedeutlichbesser sindals dieEuro- päer, aber im Ryder Cup immer öfter verlieren? Hier die sechs Gründe, warum die Ameri- kaner immer öfters scheitern und auch in Zukunft immer weniger Chancen haben werden, gegen die Europäer zu gewinnen: 1 ÜBERHEBLICHKEIT Das wahrscheinlich größte Problem in den U.S.-Reihen. Sie wollen, können einfach nicht wahrhaben, dass nach

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