GOLF TIME 7-8/2021
TURNIERE | SCHUMMELEIEN
PATRICK REED Immer wieder gerät der Masters-Sieger 2018 in die Schlag- zeilen, weil er sich nicht ganz an die Regeln halten will/kann. Kein Wunder, dass er das Enfant Terrible der Tour ist
E s war ein Vorfall, auf den sich die Reaktionen in Grenzen hielten. Einer- seits. Nur ein junger, eher weniger bekannter Profi namens Lanto Griffin sprach davon, dass es „uns traurig macht, was da passiert ist“. Und Kollege Xander Schauffele fügte hinzu: „99 Prozent aller Tourspieler hätten sich anders verhalten.“ Was war geschehen? Patrick Reed, US- Masters-Sieger 2018, hatte bei einem Turnier in den USA Ende Januar dieses Jahres, das er später sogar gewann, in der dritten Runde einen klaren Regelverstoß begangen. Er hatte seinen Ball im Rough, für jeden Zuschauer vor dem Fernseher unzweifelhaft erkennbar, unerlaubterweise besser gelegt. An der zehnten Spielbahn war sein Ball nach etwa 170 Metern im hohen Gras gelandet, war vom Landeplatz aus ein Stück weitergehopst und dann schließlich liegen geblieben. Der Ame- rikaner markierte die Stelle, an der sein Ball zur Ruhe gekommen war, hob ihn auf, um ihn daraufhin besser zu legen. Reed berief sich auf eine Regel, nach der der Ball nach dem schlechten Wetter am Tag zuvor besser gelegt werden darf, wenn er nach der Landung im morastigen Boden eingebohrt ist. Das jedoch konnte nicht der Fall sein, wie die Fernsehbilder bewiesen. Der Ball war ja nach der Landung noch ein kleines Stück weitergef logen. Zur Überraschung aller sanktionierte die US-PGA-Tour diesen Vorfall nicht und ließ aus nicht nachvollziehbaren Gründen Reed ohne Strafschläge davonkommen. Die Regel- hüter argumentierten damit, dass sie Reed Glauben schenken würden, der behauptet hatte, der Ball sei eingebohrt gewesen. MISERABLER RUF Golf gilt gemeinhin als eine der fairsten Sportarten, weil die Spieler, egal ob Profis oder Amateure, sich bei Fehlern gleich selbst bestrafen oder aber im Zweifelsfall einen Schiedsrichter befragen. Fehlt dieser bei Amateurturnieren, wird meist ein Regelball gespielt, und die Angelegenheit im Anschluss an die Runde geklärt. Bei den Profigolfern jedoch sind die Regel hüter allgegenwärtig und dürfen von den Spielern sogar befragt werden. Dass die Kol-
VIJAY SINGH Für immer geächtet – er „korrigierte“ am Anfang seiner Karriere seine Scorekarte
AUF DIE
EIN FALL ZUM SCHMUNZELN In die Kategorie „ein Fehler zum Schmun- zeln“ fällt ein Verstoß von Craig Stadler aus dem Jahre 1987. Stadler, wie Reed ein ehe- maliger US-Masters-Sieger, der wegen seiner Körperfülle und eines markanten Barts den Spitznamen „The Walrus“ trägt, breitete in der dritten Runde beim Turnier in Torrey Pines in Kalifornien seelenruhig sein Hand- tuch nahe eines Baumes mit tief hängenden Zweigen aus, um bei einem Schlag aus dem Kniestand nicht seine Hosen zu beschmut- zen. Stadler erhielt dafür nach seiner Runde zwei Strafschläge und musste sogar disquali- fiziert werden. Er hatte nämlich ein falsches Ergebnis, eben ohne diese Strafschläge, mit seiner Unterschrift auf der Scorekarte doku- mentiert. Das Publikum konnte darüber vermutlich zu Hause am Fernseher lächeln, zumal erst ein Zuschauer auf den Regelverstoß durch einen Anruf aufmerksam gemacht hatte. Stadler jedoch war stinksauer. Den Humor verlor er jedoch nicht. Als jener Baum mit den tief hängenden Zweigen Ende 1995 schließlich gefällt werden sollte, erinnerte sich der Club an den Vorfall und fragte beim „Walross“ nach, ob er selbst die Kettensäge dafür in die Hand nehmen wolle. Um sich sozusagen an dem Baum, der ihm seinerzeit in die Quere
legen Reeds sich später mit Kommentaren zurückhielten, liegt auch daran, dass Patrick Reed unter den US-Profis bereits einen, ge- linde gesagt, miserablen Ruf besitzt. Als er noch am Anfang seiner Karriere stand und gerade sein erstes Turnier gewonnen hatte, bezeichnete er sich selbst fern jeden Mangels an Selbstvertrauen als einen der besten Golfer überhaupt, dessen Ziel es sei, an die Spitze zu kommen. Inzwischen ist er auf einem guten Weg, sein kurzes Spiel ist überragend, aller- dings scheint ihm auch jedes Mittel recht zu sein, sein Ziel zu erreichen. Reed ist bereits mehrfach durch Regelver- stöße aufgefallen, für die er auch Strafschläge kassiert hat. Nur kommt Reed bislang relativ ungeschoren davon, das war in früheren Zeiten anders. Denn Regelverstöße prominenter Spieler hat es auch in der Vergangenheit gegeben. Selbst wenn sie nicht eindeutig nachzuweisen waren, weil Kameras in den 70er- oder 80er- Jahren noch nicht omnipräsent waren. Es reichte, wenn Golfer in den Geruch kamen, auf dem Platz zu schummeln. Sie wurden mitunter geächtet, egal ob es sich um Regel- verstöße handelte, die aus Versehen oder mit Vorsatz passierten. Heute dagegen wird oft recht gelassen mit Regelverletzungen umge- gangen. Zu verstehen ist das nicht.
KRUMME
TOUR MOGELPACKUNGEN Mehrere Vorfälle auf der US-PGA-Tour zeigen: Die Profis verstoßen gegen die Regeln, manche schummeln sogar ganz offensichtlich. Im Zentrum der Kritik: der ehemalige US-Masters-Sieger Patrick Reed.
Von Reinhold Schnupp
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