GOLF TIME 7-8/2021
TURNIERE | SCHUMMELEIEN
gekommen war, zu rächen. Stadler ließ sich nicht lange bitten, setzte einen Sturzhelm auf und schritt zur Tat: Das US-Fernsehen dokumentierte das Geschehen in allen Ein- zelheiten. NORMAN CONTRA MCCUMBER Ganz anders verlief ein Zwischenfall zwi- schen einem der berühmtesten und erfolg- reichsten Golfer der Geschichte und seinem amerikanischen Kollegen Mark McCumber. Greg Norman, der nach Bernhard Langer 1986 als zweiter Spieler in der Geschich- te der Weltrangliste die Führungsposition einnahm, beschuldigte McCumber laut und vernehmlich des Betrugs. Norman spielte bei der World Series of Golf im Oktober 1995 in Akron/Ohio die erste Runde des Turniers zusammen mit McCumber. Der Amerikaner, so Norman, habe verbotenerweise vor einem Putt ein Grasbüschel vom Grün entfernt. McCumber leugnete den Vorfall und er- widerte, es habe sich lediglich um ein Insekt gehandelt, das er beseitigt habe. Greg Norman war damals derart erbost über McCumber, dass er selbst das Turnier aufgeben wollte. Tour-Chef Tim Finchem konnte ihn davon jedoch abbringen. Wie auch immer dieser Zwischenfall zu bewerten ist, McCumber musste in der Folge- zeit seiner Karriere stets mit dem Makel le- ben, ein Betrüger beim Golf zu sein. Und dies umsomehr, weil Norman niemehr locker ließ. Als er Jahre später nochmals befragt wurde, ob er den Vorwurf genauso wiederholen würde, blieb der Australier bei seiner Version. Für ihn, und nicht nur für ihn, blieb McCumber ein Schummler. Manch einer fühlt sich sogar heute noch an die Auseinandersetzung der beiden Profis erinnert, weil McCumbers Sohn Tylor inzwi- schen, so wie sein Vater, auf der PGA Tour spielt. Der Name McCumber gerät wieder ins Licht der Öffentlichkeit und dabei schwingt im Hintergrund auch diese Episode immer noch ein wenig mit. Der Vorfall zwischen Norman und McCumber zeigt jedoch, welche Folgen ein Regelverstoß, vor allem einer in betrüge- rischer Absicht, für einen Spieler haben kann: Er ist für immer diskreditiert. Jobs als Kommentator im Fernsehen und als Experte einer Fachzeitschrift folgen nach der Karriere dann nicht mehr. Die Liste kleinerer (unbedachter) Verstöße ließe sich mit vielen Episoden fortsetzen. Ian Woosnam kostete ein Fauxpas in Royal Lytham in England die Chance auf einen British-Open-Sieg. Vor der Schlussrunde des Turniers 2001 hatte er mit zwei Drivern auf
Auf einem ähnlich schmalen Grat wandeln heute gleich mehrere Spieler. Zu ihnen gehört auch Bryson DeChambeau, der offenbar keine Auseinandersetzung mit den Regelhütern auf der US Tour scheut. Immerhin: Der Ameri- kaner diskutiert nur endlos darüber, ob sein Ball nun im Aus liegt oder noch innerhalb des Platzes, obwohl jeder andere dafür weniger Bei Reed jedoch ist die Lage am komplizier- testen. Bereits aus seiner College-Zeit ranken sich bitterböse Geschichten um ihn. Er soll bei Turnieren zweimal geschummelt und zudem Mitspielern Geld gestohlen haben. Als er bei der Hero World Challenge 2019 nach- weislich erneut ins Visier der Referees geriet, war sein Ruf vermutlich bereits nachhaltig beschädigt. Sein Ball war bei diesem Turnier in einer Waste-Area so unglücklich gelandet, dass direkt hinter seinem Ball ein kleiner Sandhügel lag. Ein kontrollierter Ballkontakt war deswegen nicht möglich. Da in Waste- Areas jedoch der Schläger auf dem Boden aufgesetzt werden darf, tat Reed so, als ob er direkt am Ball zwei Probeschwünge aus- führte. Dabei beseitigte er mit dem Rück- schwung den kleinen Sandhügel, der ihm im Wege lag und traf den Ball später perfekt. Reeds Pech: Kameras hatten das Geschehen eingefangen, er bekam für seinen Regelver- stoß später zwei Strafschläge aufgebrummt. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert: Reed jedenfalls scheinen alle Vor- würfe kaltzulassen. Gegewärtig vielleicht sogar zu Recht: Als der Amerikaner 2019 bei der Porsche European Open in die Nähe von Hamburg (Green Eagles Golf Courses) einge- laden worden war, präsentierte ihn der Ver- anstalter als Topstar und Zuschauermagnet. Selbstverständlich wurde Patrick Reed der Ausf lug nach Europa mit einer stattlichen An- trittsprämie beziehungsweise einem Honorar für „besondere Leistungen“ versüßt. Wie es um den Leumund des Profigolfers in den USA bestellt ist, zeigt die Reaktion eines Wettanbieters nach dessen Sieg Ende Januar dieses Jahres. Die Firma PointsBet sah dessen Erfolg bei der Farmers Insurance Open als erschlichen an: Jeder, der vor dem Turnier auf einen anderen Gewinner als Patrick Reed gewettet hatte, bekam sein Geld in Form eines Wettgutscheines wieder zurück. GT als eine Minute benötigen würde. BITTERBÖSE GESCHICHTEN 15 SCHLÄGER Ian Woosnam ging bei der The Open Championship im Juli 2001, im Royal Lytham & St Annes Golf Course, mit zwei Drivern auf die Schlussrunde – hier die Diskussion mit Referee John Paramore am zweiten Abschlag
der Driving Range Bälle geschlagen, aber sein Caddie vergaß anschließend, einen der Schlä- ger aus der Tasche zu nehmen. Woosnam, nach drei Runden in Führung, bemerkte be- reits nach der ersten Spielbahn der Finalrunde, dass er statt der erlaubten 14 nun 15 Schläger in der Tasche hatte. Die zwei Strafschläge und vermutlich wohl auch die mentale Ausein- andersetzung mit diesem Missgeschick brachten ihn um den greifbaren Erfolg. Und seinen Caddie im Anschluss übrigens um den Job. Woosnam war damals immerhin noch Dritter geworden. Das Missgeschick des Walisers fällt jedoch in eine andere Kategorie als jene Regelverstö- ße, bei denen die Spieler unter dem Verdacht stehen, sich absichtlich unerlaubte Vorteile verschafft zu haben. Ein ganz besonders schwerwiegender Vorfall ereignete sich 1985 auf der Asien Tour, genauer gesagt bei der Indonesian Open. Vijay Singh, der später einer der erfolgreichsten Golfer aller Zeiten auf der US Tour wurde, soll bei dieser Veran- staltung seine Scorekarte von eins über Par auf eins unter Par „korrigiert“ haben. Der Mann von den Fidschi Inseln, dessen Karriereverlauf damals noch längst nicht absehbar war, wurde daraufhin jedenfalls lebenslang für die Asien Tour gesperrt. Der Einschnitt für Singh war dramatisch: Er musste kurzfristig alle Ambitionen aufgeben und heuerte im Keningau Golf Club in Sabah in Malaysia als Golf lehrer an. Der Vorfall von damals, der nun gut 35 Jahre zurückliegt, haftet Singh trotz drei Major- Siegen bei der PGA Championship (1998 und 2004) und dem US Masters (2000) noch heute an. Der Mann von den Fidschis wirkt wie ein Einzelgänger. Dass er Freunde unter seinen Spielerkollegen hat, ist nicht bekannt.
26
GOLF TIME | 7/8-2021
www.golftime.de
Made with FlippingBook. PDF to flipbook with ease