GOLF TIME 3/2021

TRAINING | SPORTPHYSIO

DR. CHRISTIAN HAID Biomechaniker, Universitätsklinik Innsbruck

www.golfherztirol.at

GOLF FUNKTIONIERT KRAFTLOS SPÜRE LEICHTIGKEIT Es sind nicht „Magic Moves“ – es ist einfach die Anwendung von Physik. A llein die Annahme, „nur Kinder können den Golfschwung perfekt erlernen“, ist ein Hinweis, dass der Golfschwung ganz anders funktio-

Für den Golfschwung ist die Drehbewegung des Körpers wichtig. Somit müssen unsere ersten Bewegungsversuche die Drehbewe- gung optimieren. An dieser Stelle dringen wir jedoch schon tief in die Physik des Golf- schwungs ein. Wie soll diese Drehbewegung aussehen, wann sind Drehbewegungen leicht? Wie sieht das mit den Achsen aus und wie verhalten sich die Trägheitsmomente? Alles Hintergrundwissen, das den wenigsten zur Verfügung steht. Als erste Anleitung für Selbstversuche empfehle ich Ihnen, den linken Arm nicht krampfhaft zu strecken und die Arme locker schwingen zu lassen. Dadurch verringern Sie schon mal die Trägheitsmomente und der Schwung beginnt sich leichter anzufühlen. Äußerungen wie „dann stimmt der Abstand zum Ball nicht“ können Sie vergessen, die Zentrifugalkraft streckt Ihren Arm beim Ballkontakt automatisch. Kraft behindert das Erlernen der richtigen Technik. Deshalb ist Golferlernen in der Kindheit leichter. Und wenn es einer richtig kann, dann ist die Kraft nicht immer ein Nachteil. GT

niert, als wir denken. Auch gute Spieler haben häufig falsche Vorstellungen. Zart gebaute Spieler schlagen den Ball gleich weit wie „Bullen“, daraus folgt, es kann nicht nur an der Kraft liegen. Daher brauchen wir einen anderen Zu- gangsweg, weit weg vom Üblichen. Mit gerin- gem Krafteinsatz und Leichtigkeit – Kinder können unser Vorbild sein. Erkennen, worum es wirklich geht. Es sind nicht „Magic Moves“, es ist einfach die Anwendung von Physik. Geschickt gewählte Anleitungen verhindern dann unseren intuitiv falschen Krafteinsatz. Golf ist eine sehr natürliche Bewegung, nur wirkt sie anders, als wir glauben. Eine physika- lisch-physiologisch optimierte Bewegung lässt uns mit geringem Krafteinsatz weiter und präziser schlagen, als wir es jemals gekannt haben. Das Alter spielt im Golf eine unterge- ordnete Rolle, da die Ausnutzung physikali- scher Effekte extrem große Auswirkung hat. Der Schläger muss in unseren Händen pen- deln. Der feste Griff ist schon der erste Fehler. Jeder kennt das Zitat, dass wir „den Schläger halten sollen wie einen Vogel, so leicht, dass er nicht davonf liegt und so, dass wir ihn nicht erdrücken“. Haben Sie bei sich selbst schon einmal kontrolliert, wie fest Sie den Schläger beim Ballkontakt halten? Der sanfte Griff ermöglicht es uns, die Bewegung des Schlägers besser wahr- zunehmen. Wir müssen lernen, die Bewegung zu spüren. Das erfordert Übungen, die man in dieser Form selten sieht. Wer nimmt sich schon die Zeit, den Schläger spüren zu lernen, wenn wir doch endlich den Ball f liegen sehen wollen. Ich verwende zur Erklärung dieser Übun- gen gerne unphysikalische Ausdrücke. Das gibt uns die Möglichkeit, das Richtige zu erfühlen. Was helfen schon Berechnungen, deren Inhalt wir letztendlich nicht umsetzen.

FRAGLICHES VORBILD Bryson DeChambeau

Eine unphysikalische Anleitung lautet: Spüre Leichtigkeit. Spüre Leichtigkeit impliziert geringen Muskelkrafteinsatz. EIN LEICHT VERSTÄNDLICHES BEISPIEL Stehen mit gestreckten Beinen ist kraftlos leicht, stehen mit stark gebeugten Kniegelen- ken ist anstrengend und schwer. Natürlich gibt es Zusatzüberlegungen. Mit total gestreckten Beinen können wir uns nicht gut bewegen. Somit ergibt sich ein optimaler Kniewinkel, wenn wir Bewegung ermög- lichen und sich diese leicht anfühlt.

„Den Schläger halten wie einen Vogel, so leicht, dass er nicht

davonfliegt und so, dass wir ihn nicht erdrücken“

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GOLF TIME | 3-2021

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